Maybach-Ostschacht mit ehemaliger Hauptrettungsstelle, Friedrichsthal-Bildstock
Die Entstehung und die Entwicklung der Schachtanlage „Maybach-Ost“ müssen in Zusammenhang mit der Gründung der Trenkelbach-Schachtanlage (später in Grube Maybach umbenannt) gesehen werden. 1873 hatte der Preußische Bergfiskus dort mit dem Abteufen zweier Schächte begonnen. Ab April 1885 wurde in Friedrichsthal der Helenenschacht als Wetterschacht niedergebracht. Nach dessen Ausbau zum Förderschacht der Grube Helene wurde zur Bewetterung des Ostfeldes der inzwischen deutlich gewachsenen Grube Maybach ab dem 24.05.1890 der neue Ostschacht abgeteuft. Nach dessen Fertigstellung diente er der Seilfahrt und als einziehender Wetterschacht. Im Rahmen der Umstrukturierungsmaßnahmen der Saargruben nach 1935 wurde die Seilfahrt vom Ostschacht – während der französischen Verwaltungszeit unter den „Mines Domaniales Françaises de la Sarre“ zwischen 1920 und 1935 hieß er „Schacht Margaretha“ und „Margarethen-Schacht“ – zum Friedrichsthaler Kolonie-Schacht verlegt.
Durch diese Verlegung wurde die Tagesanlage des Ostschachts frei zur Errichtung der „Hauptstelle für das Grubenrettungswesen an der Saar“. Diese hat am 01.10.1936 ihre vollständige Betriebsbereitschaft und den Ausbildungsbetrieb aufgenommen. Ihre Aufgabe bestand darin, im Falle eines größeren Grubenunglücks helfend einzuspringen und in Zusammenarbeit mit den örtlichen Grubenwehren die verunglückten Bergleute zu retten. Die zentrale Lage der Hauptrettungsstelle auf der Schachtanlage Maybach-Ost gewährleistete, dass alle saarländischen Grubenstandorte schnell erreichbar waren. Die Hauptrettungsstelle war ausgestattet mit modernstem Gerät und einem mit allen nötigen Hilfsmitteln ausgerüsteten Bereitschaftswagen. Sie hatte die Rettungsmannschaften auszubilden, ein Bereitschaftslager zu unterhalten und Bereitschaftsdienst auszuüben. Die Tagesanlage und die Gebäude wurden den Erfordernissen einer Hauptrettungsstelle angepasst. Es gab Übungs-, Unterrichts-, Geräte-, Sport-, Schlaf- und Aufenthaltsräume sowie ein Laboratorium. Es erfolgte der Einbau einer Übungsstrecke, die der Situation unter Tage möglichst originalgetreu mit Streb- und Streckenausbauten, Förderbändern, Löschanlagen und Grubentelefonen nachempfunden wurde. Sie wurde mit Kriech- und Kletterstrecken ausgestattet und konnte bis auf 40 °C aufgeheizt werden. Ebenso war es möglich, die Sicht mittels Beneblung einzuschränken und die Luftfeuchtigkeit auf 90% zu erhöhen. So konnte gewährleistet werden, dass die Übungssituation weitgehend untertägigen Verhältnissen ähnelte. Die Hauptrettungsstelle hat im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben übernommen. Sie steht an der Spitze der Gesamtorganisation des Grubenrettungs-, Gasschutz- und Feuerwehrwesens. Neben den Saarberg-Grubenstandorten war sie auch zuständig für die Steinkohlenkleinbetriebe sowie die Nichtsteinkohlenbetriebe im Saarland und in Rheinland-Pfalz, die der Bergaufsicht unterlagen. Die Hauptrettungsstelle verfügte in Maybach über Grubenwehr- und Feuerwehrfahrzeuge für Soforteinsätze nach Bränden, Explosionen, Gasausbrüchen, Wassereinbrüchen, Streb- und Streckenbrüchen, schweren Unfällen sowie Gefahrgut- und Umweltunfällen. Teil der Berufsgrubenwehr waren seit 1967 auch ausgebildete Taucher. Daher gehörte neben einem Gefahrgutfahrzeug auch ein Taucherfahrzeug zum Fuhrpark. 1975 wurde für die Ausbildung der Taucher ein Übungstauchbecken in Betrieb genommen. Im Jahr 2004 wurde die Hauptrettungsstelle vom Standort Friedrichtsthal-Maybach an den Standort Ensdorf-Duhamel verlegt.
Die Tagesanlage „Maybach-Ost“ ist in ihren wesentlichen Bauteilen bis heute erhalten geblieben und stellt ein wichtiges Gebäudeensemble aus der Zeit des preußischen Bergfiskus dar. Die denkmalgeschützte Anlage wird vom Fördermaschinenhaus als höchstgelegenem Gebäude dominiert. Auf dem mittleren Geländeniveau der Grubenanlage befinden sich eine neuzeitliche Garage für die Einsatzfahrzeuge der früheren Grubenwehr, eine Werkstatt, das Staublabor sowie ein in die Böschungsmauer eingelassener Brandversuchsstollen. Auf der anderen Seite der Werkstraße schließen sich das kreuzförmige Gebäude des ehemaligen Zechenhauses, der gedeckte Gang zur Schachthalle und die Schachthalle selbst an, über der sich das 1967 abgebrochene Fördergerüst befand. Zu dem Ensemble gehört auch das alte Kesselhaus mit seinem qualitätsvollen Kamin. Das Gebäudeensemble ist im Jahr 1907 vollendet worden, was auch die in das nördliche Giebelfeld des Zechenhauses eingemeißelte Jahreszahl belegt.
Das einheitliche Erscheinungsbild der einzelnen Bauten lässt erkennen, dass die Tagesanlage nach einem einheitlichen Plan entstanden sein muss. Hierbei haben sich die Architekten an Jugendstil-Architekturen orientiert. Alle Gebäude sind in rotem Sandstein errichtet. Sie besitzen einen ausgeprägten Sockel und hell verputztes Mauerwerk. Es ist eine harmonische Kanten- und Binnengliederung durch Mauerstreifen erkennbar, die auch das Dachgesims unterfangen und somit die Fassadenflächen einrahmen. Auf den Lisenen und Wandstreifen sind zum Teil niedrige Fialen mit Kanneluren aufgesetzt, die die Wirkung der Fassaden zusätzlich betonen. Der Westfassade des Zechenhauses ist ein niedriges Eingangsgebäude vorgeblendet. Über der Pforte ist eine Tafel mit dem Bergmannsgruß „Glückauf“ eingelassen. Im nördlichen Flügel des Zechenhauses befinden sich an der heute abgehängten Decke Reste einer Freskenmalerei von H. A. Schmelzer aus den späten 1930er Jahren, die die Aufgaben der Grubenwehr abbilden.
Delf Slotta
Referatsleiter G2 - Grundsatzangelegenheiten Industriekultur
Trierer Straße 33
66111 Saarbrücken