Thema: Industriekultur und Denkmalpflege
Ministerium für Bildung und Kultur | Industriekultur

Stöffel-Park, Enspel

Der Stöffel ist ein im Westerwald gelegener Berg. Ende des 19. Jahrhunderts betrug die Höhe der Basaltkuppe noch 498 Meter. Der Anfang des 20. Jahrhunderts begonnene und bis heute andauernde Basaltabbau hat sie im Laufe der Zeit um fast 100 Meter reduziert. Mit 140 Hektar handelt es sich um das größte zusammenhängende Basaltabbaugebiet im Westerwald.

Heute beherbergt der Stöffel ein einmaliges Ensemble historischer Betriebsbauten, Maschinen und Werkzeuge der Basalt verarbeitenden Industrie, das in dieser Vollständigkeit einzigartig ist. Der Basaltabbau durch die Firma Adrian Basalt GmbH & Co. KG, ab 1986 durch das Unternehmen Cronenberger Steinindustrie, förderte sensationelle Fossilienfunde zu Tage, sodass der Stöffel als eine der weltweit bedeutendsten Tertiär-Fossillagerstätten gilt.

Im Jahr 1902 wurde mit den ersten Vorbereitungen für den Basaltabbau begonnen. 1903 begann der Abbaubetrieb zunächst mit einfachsten Mitteln und die ersten Gebäude wurden errichtet. Es wurden ein Brecher, eine Bahnverladestation und die „Alte Schmiede“ errichtet. Die Arbeiter brachen das Basaltgestein zunächst mit Spitzhacke, Hammer und Brechstange aus der Wand. Zum Transport wurde es in Loren verladen. 1912 folgte der Bau eines Dynamitlagers. Sprengungen erleichterten fortan den Abbau. Wenig später wurde die bewegliche durch eine festinstallierte Dampfmaschine ersetzt. Diese wich 1922 drei leistungsstarken Elektromotoren und es entstanden drei weitere Brecheranlagen. Ab 1950 erleichterten zunehmend Bagger und LKW die Arbeit und den Transport. 1958 wurde ein Förderband zwischen den Brecheranlagen und der Bahnverladestelle in Betrieb genommen. Im Jahr 2000 wurde der Betrieb aufgrund der Erschöpfung der Lagerstätte eingestellt, während in unmittelbarer Nachbarschaft weiterhin Basalt abgebaut wird.

Obwohl der Betrieb im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung immer wieder den aktuellen wirtschaftlichen und technischen Erfordernissen angepasst wurde, konnten zahlreiche historische Gebäude und Anlagen bewahrt werden. So bietet der heute fast vollständig erhaltene Bestand ein einzigartiges Zeugnis der Industrie- und Technikgeschichte.

Die „Historische Werkstatt“ besteht aus der „Alten Schmiede“ und der früheren Stellmacherei und bildete fast 100 Jahre lang das technische Zentrum der Werksanlage. Das Gebäude diente Reparatur-, Instandsetzungs- und Umbauarbeiten sowie der Herstellung betriebseigener Werkzeuge und Maschinenteile. Die Schmiede wurde weniger zur Herstellung neuer Teile als vielmehr zur Reparatur zerschlissener Werkzeuge und Maschinenteile genutzt. In dem renovierten Industriedenkmal finden heute kulturelle Veranstaltungen statt. Mittelpunkt der Schmiede war der Schmiedeherd, die sogenannte Esse. In unmittelbarer Nähe stand der Amboss, das wichtigste Werkzeug des Schmieds. Neben dem Schmied arbeitete der Schlosser in der Schmiede, der an der Drehbank Werkstücke maschinell fertigte. Zudem hatte der Stellmacher hier seinen Arbeitsplatz. Er stellte gemeinsam mit Schmied und Schlosser die seinerzeit für den Transport benötigten Loren her. Heute erhalten die Besucherinnen und Besucher in der „Historischen Werkstatt“ neben Informationen zur Firmengeschichte auch Einblicke in die Schmiedekunst und die damalige Energieversorgung. Erhalten haben sich u.a. eine Hammerschmiede, eine Esse, eine über Transmission angetriebene Schlagschere, verschiedene Standbohrmaschinen, Drehbänke sowie Kleinwerkzeuge.

Auch das Kessel- und Schalthaus, in dem einst die Dampfmaschine ihren Platz hatte, ist erhalten. Es beherbergt die originale Trafostation und sogenannte „Erlebnis-Toiletten“.

Der ehemalige Kohleschuppen diente zur Lagerung der für die Dampfmaschine benötigten Kohle. Das Gebäude wird heute als Café und als Veranstaltungsort für Ausstellungen genutzt.

Das älteste von insgesamt vier Brechergebäuden aus dem Jahr 1902 ist heute der „Erlebnisraum Basalt“ mit einer über fünf Etagen reichenden Ausstellung. Besucherinnen und Besucher erleben hier die Arbeitswelt des Basaltabbaus. Erläutert werden die Basaltgewinnung und -verarbeitung, die Funktionsweise der Werksanlagen sowie die unterschiedlichen Produktionsabläufe.

Bis in die 1950er Jahre wurden die Loren von Hand mit dem aus der Abbauwand gesprengten Gestein beladen. Sie transportierten das Material zu den Brecheranlagen, wo es zerkleinert wurde. Die in den 1960er Jahren errichteten sogenannten „Nissenhallen“ dienten als Unterstand für die Loren und als Werkstätten. Ihren Namen verdanken die Nissenhallen mit halbrunden Dächern Peter Norman Nissen (1871-1930). Der kanadische Ingenieur entwickelte 1916 für die britische Armee eine später nach ihm benannte selbsttragende Wellblechhütte. Nissenhütten dienten in den beiden Weltkriegen als Unterkunft, nach dem Zweiten Weltkrieg auch als Notunterkunft für Zivilisten.

Am Stöffel lässt sich der Prozess der Basaltgewinnung vom Abbau über den Vorbrecher und entlang der Lorengleise, Betriebsgebäude, Maschinen und Förderbänder vollständig nachvollziehen.

Die Kombination aus Erd- und Industriegeschichte führt zur Einzigartigkeit des „Tertiär- und Industrieerlebnisparks Stöffel“. Der Park informiert als Geoinformationszentrum des Geoparks Westerwald-Lahn-Taunus über Geologie und Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Region. Im Jahr 2016 hat das Tertiär-Museum „TERTIÄRUM“ eröffnet und erklärt seitdem die vor Ort gefundenen Fossilien, die Tier- und Pflanzenwelt des Tertiärs und die Arbeit der Paläontologen. Der Stöffel-Park bietet ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm. Attraktionen sind neben den oben beschriebenen Gebäuden u.a. die im Park aufgestellten Kunstwerke, der Steinbrucherlebnisgarten, ein Klettersteig am Brecher und die Stellmacherei.