Thema: Industriekultur und Denkmalpflege
Ministerium für Bildung und Kultur | Industriekultur

Alte Baumwollspinnerei St. Ingbert

Die Alte Baumwollspinnerei stellt ein Dokument des sachlichen Funktionalismus im Industriebau der Jahrhundertwende dar. Im Jahr 1885 wurde die Baumwollspinnerei als erstes Unternehmen der Textilindustrie in St. Ingbert von Max Schuler aus Wetzikon in der Schweiz gegründet. In den 1930er und 1950er Jahren erfolgten der Umbau der Nebengebäude sowie Erweiterungen. Der Standort St. Ingbert ermöglichte einen direkten Bezug von Steinkohle und verfügte über einen Eisenbahnanschluss, von dem aus ein Anschlussgleis an den Betrieb verlegt worden war. Zu Hochzeiten arbeiteten bis zu 250 Personen in der Baumwollspinnerei. Dort wurde Baumwolle zu einfachen Garnen unterschiedlicher Stärke verarbeitet, die später weiterverarbeitet wurden. Zunächst wurden die gepressten Baumwollballen maschinell gelockert und gereinigt. Mithilfe mechanischer Spindeln wurden schließlich die Garne produziert. Zwei Dampfmaschinen mit drei großen Kesseln sorgten für die nötige Energie. Mit deren Abwärme wurden die Räume beheizt, da eine zu niedrige Temperatur die Qualität der Baumwolle beeinträchtigt hätte. In der Luft schwebende Baumwollfasern erhöhten die Brandgefahr, der durch Berieselungsanlagen entgegengewirkt wurde. Die Ertragslage verschlechterte sich nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund billigerer Importe aus dem Ausland zunehmend, was 1964 letztendlich zur Schließung der Baumwollspinnerei führte. Bis 1997 nutzte die Bundeswehr das Gebäude.

Kernstück der Fabrik ist das ca. 70 m x 30 m große, dreistöckige und unterkellerte Spinnereigebäude. Errichtet wurde es aus scharriertem Sandstein. Die Geschosse bestehen aus nahezu durchgehenden 5 m hohen Räumen, die durch große Fenster mit Gussrahmen belichtet und von genieteten Stahlstützen beherrscht werden. Es schließt sich das Maschinenhaus mit dem von weitem sichtbaren Schornstein aus Klinkersteinen an. Das Kesselhaus war ursprünglich für den Maschinenantrieb mit Dampfkesseln erbaut worden. Die ehemaligen Koksschütten im Turm sollen in das neue Nutzungskonzept einbezogen werden. Das Baumwolllager ist ein zweigeschossiges Gebäude. Es zeichnet sich durch eine besondere Deckenkonstruktion mit massiven Eichenbohlen auf enger Balkenlage und Stahlträgern aus. Die Zweiteilung der Fassade durch zwei Ladetorachsen setzt sich auch im Gebäudeinnern fort. Das Gebäude hatte früher einen eigenen Gleisanschluss. Unter einem Vordach sind Laderampen erhalten geblieben sind. Ebenfalls erhalten ist das ehemalige Trafohaus.

Im Jahr 1992 wurde der Gebäudekomplex unter Denkmalschutz gestellt. 1998 wurde die Baumwollspinnerei von einem Investor erworben. Das Nutzungskonzept sieht eine Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Kultur vor. So sollen Galerie- und Museumsräume, Wohnungen und Arbeitsräume, Ateliers und Werkräume, Verkaufs- und Ausstellungsräume sowie Gastronomie entstehen. Im Jahr 2011 haben die Bauarbeiten begonnen.