Thema: Industriekultur und Denkmalpflege
Ministerium für Bildung und Kultur | Industriekultur

Feinmechanisches Museum Fellenbergmühle Merzig

Die heute noch betriebsfähige, feinmechanische Werkstatt aus dem Jahr 1927 in der Fellenbergmühle ist eine industriegeschichtliche Rarität. Namensgeber ist der erste Ehrenbürger der Stadt Merzig: Wilhelm Tell von Fellenberg (1798-1880). Der heutige Name der Mühle ist somit jünger als das Gebäude selbst. Es zeigt sich heute als dreigeschossiger Putzbau mit Satteldach.

Im Jahr 1767 wurde das Gebäude zunächst als Mahlmühle von Romanus Siegele und Mathias Gusenburger am Merziger Seffersbach errichtet, der seinerzeit bis zu 32 Mühlen angetrieben hat. 1911 wird der Bau um ein Ökonomiegebäude erweitert. 1922 wurde es nach mehrmaligem Besitzerwechsel von Villeroy & Boch ersteigert. Johann Peter Hartfuß hat 1927 den von ihm 1898 gegründeten feinmechanischen Betrieb in die Fellenbergmühle verlegt. Dieser stellte v.a. Feinmechanikerwerkzeuge für Uhrmacher und Goldschmiede her. Die immer noch funktionsfähigen Maschinen wurden zwischen 1898 und 1930 konstruiert. Eine der Eigenentwicklungen des Betriebes war die 1929 von Johann Peter Hartfuß und seinem Neffen Stefan Gottfrois zum Patent angemeldete Trauringgraviermaschine „Cardan“, die auch heute noch voll funktionsfähig ist. Weitere Eigenentwicklungen sind die Ringerweiterungs- und -verengungsmaschine „Modell 50“ und die Stanz- und Triebnietmaschine „Multiplex“.

Die Antriebswellen wurden zunächst durch Wasserkraft angetrieben. Im Jahr 1929 erfolgte die Installierung einer Francis-Leichtschaufelturbine (Baujahr 1910), die zusätzlich zu den Fertigungsmaschinen mittels Transmission auch einen Gleichstromgenerator antreiben konnte. Der Betrieb war nie an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Er erzeugte die benötigte elektrische Energie, insbesondere zur Beleuchtung der Werkstatt, stets selbst. Erhalten sind heute auch der etwa 335 m lange Mühlgraben und das noch in Funktion befindliche Fellenbergwehr.

Seit 1932 war Stefan Gottfrois, Neffe von Johann Peter Hartfuß, Pächter der Mühle, die er schließlich 1959 erworben hat. Der gelernte Landmaschinenmechaniker erweiterte das Angebot der Firma: Diese reparierte nun auch Maschinen und Spezialwerkzeuge anderer Firmen. In den 1960er Jahren wird die Produktion auf Hydraulikteile umgestellt. 1967 wechselt sie in den Besitz von Paul Gottfrois, Sohn von Stefan Gottfrois. Er verlegt den Firmenstandort in einen Neubau am Ritzerbach in Merzig. In der Folge wird der Betrieb in der Fellenbergmühle im Jahr 1973 stillgelegt.

Feinmechanische Werkstatt

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Seit Mitte der 1980er Jahre steht die Fellenbergmühle inklusive ihres Inventars unter Denkmalschutz. 1991 erwirbt die Stadt Merzig mit Unterstützung des Landkreises Merzig-Wadern das Gebäude samt Inventar. Im Jahr 1994 gründet sich der „Förderverein Fellenbergmühle e.V.“. 1995 beginnen die Restaurierungsarbeiten und 1997 erfolgt die Eröffnung des „Feinmechnischen Museums Fellenbergmühle“. In den Jahren 2018 und 2019 konnte die stark korrodierte Francis-Leichtschaufelturbine u.a. auch durch Mittel der staatlichen Denkmalpflege saniert werden.

Die damalige Technik kann im heutigen Museum von den Besucherinnen und Besuchern von der Energieversorgung bis hin zum Betrieb der Maschinen nachvollzogen werden. Der Reiz der Fellenbergmühle liegt auch darin begründet, dass ehemalige Mitarbeiter der feinmechanischen Werkstatt die Maschinen vorführen und deren Funktionsweise erläutern. Der Feinmechanikbetrieb dokumentiert eindrucksvoll den Übergang von der handwerklichen zur industriellen Produktionsweise mit den wesentlichen Merkmalen der Fabrikarbeit. Charakteristisch ist hierbei die Aufteilung der einzelnen Arbeitsschritte zur Herstellung eines Produktes auf mehrere Arbeiter. Der ursprüngliche Werkstattcharakter ist auch nach der abgeschlossenen Sanierung noch erhalten. Dem Gebäude angegliedert ist das Bistro „Café Cardan“. Neben dem Museum bietet das Gebäude auch Räumlichkeiten für Trauungen, Lesungen, Kunstausstellungen und Märkte.

Feinmechanisches Museum Fellenbergmühle

Marienstraße 34a
66663 Merzig