Thema: Industriekultur und Denkmalpflege
Ministerium für Bildung und Kultur | Industriekultur

Brücken und Eisenbahnviadukte
in der Stadt Luxemburg

Die Stadt Luxemburg wird gerne auch als Stadt der Brücken bezeichnet. Die Topographie des Stadtgebietes ist hierfür verantwortlich. Der befestigte Felsen bzw. die Oberstadt werden von Petruss und Alzette an drei Seiten umflossen, die hier tiefe Täler eingeschnitten haben. 

Der Anschluss der Stadt Luxemburg an das Eisenbahnnetz im Jahr 1859 zunächst in westlicher Richtung nach Brüssel und in südlicher Richtung nach Metz machte den Bau eines Bahnhofs erforderlich. Da die befestigte Stadt hierfür kaum Raum bot und die Militärbehörden aus Sicherheitsgründen einen Bau innerhalb der Festung ablehnten, entschied man, den Bahnhof außerhalb der Festungsanlagen zu errichten. Der erste Bahnhofsbau wurde aus Holz errichtet, da dieser im Kriegsfalle leicht hätte abgerissen oder niedergebrannt werden können. 

Ab 1859 entstanden drei Eisenbahnviadukte, die seitdem die in nördliche Richtung führenden Bahnlinien entlang des Stadtgebietes über die Taleinschnitte der Alzette führen. Um den Bahnhof mit der Oberstadt zu verbinden, wurde 1858 der Entschluss zum Bau einer Brücke über das Petrusstal, der heutigen Passarelle, gefasst. Um das gesteigerte Verkehrsaufkommen bewältigen zu können, erfolgte in den Jahren 1900 bis 1903 schließlich der Bau der Pont Adolphe, der seinerzeit größten Steinbogenbrücke der Welt. 

Die Eisenbahnviadukte

Die Züge der sogenannten Nordlinie bzw. -strecke durchquerten das Festungsgelände in Reichweite der Kanonen der Garnison. Die Gleise wurden mittels dreier Steinviadukte, die von der Londoner Waring Brothers Company geplant und ab 1859 erbaut wurden, über das mäandrierende Tal der Alzette geführt. Die Bahnlinie führt vom Bahnhof heute in nördlicher Richtung zunächst durch einen Tunnel. Am Tunnelausgang erreicht sie den Viadukt Pulvermühle (luxemburgisch Biisser Bréck). Über ihn führen die 1861 eröffnete Bahnlinie Luxemburg – Wasserbillig in Richtung Trier und die 1867 in Betrieb genommene Strecke Luxemburg – Troisvièrges in Richtung Lüttich. Am Ende des Viaduktes trennen sich die beiden Strecken, wobei sich die Weichen bereits auf der Brücke selbst befinden. Der Viadukt Pulvermühle besteht aus 13 Rundbögen. Die Kreisbogenbrücke ist 242 Meter lang und bis zu 37 Meter hoch. Die beiden folgenden Taleinschnitte werden vom Clausen-Viadukt und vom Pfaffenthalviadukt, beides ebenfalls Kreisbogenbrücken, überspannt.

Der Clausen-Viadukt in der Stadt Luxemburg Der Clausen-Viadukt in der Stadt Luxemburg
Der Clausen-Viadukt ist der mittlere der drei großen Eisenbahnviadukte über das Tal der Alzette. Am linken Bildrand ist der Bockfelsen zu erkennen. Der militärstrategisch wichtige Felsvorsprung ist auf drei Seiten vom Tal der Alzette umgeben und war daher leicht zu verteidigen. Foto: Jens Falk

Der Pfaffenthalviadukt in der Stadt Luxemburg Der Pfaffenthalviadukt in der Stadt Luxemburg
Der Pfaffenthalviadukt ist der dritte bedeutende Eisenbahnviadukt der sogenannten Nordlinie innerhalb des früheren Festungsgeländes. Im Hintergrund erhebt sich das im Nordosten der Stadt gelegene Kirchberg-Plateau, das Luxemburger Banken- und Finanzviertel. Foto: Jens Falk

Die Bahnlinie verlässt die Festung unterhalb der linken Halbbastion des Forts Niedergrünewald. Zur Sicherung wurde 1859 das Eisenbahntor in die Talabschlussmauer eingebaut. Bei dem inneren Tor handelte sich um ein Falltor, das jeden Abend an einer Kette über eine Umlenkrolle herabgelassen wurde. Als äußeres Tor diente ein zweiflügeliges Gittertor. Um einen regulären Postenlauf zu ermöglichen, wurde die Durchfahrt mit einer Stegüberbrückung versehen. 

Eisenbahntor der Nordlinie in der Stadt Luxemburg Eisenbahntor der Nordlinie in der Stadt Luxemburg
Die Züge der sogenannten Nordlinie durchquerten das Festungsgelände in Reichweite der Kanonen der Garnison. Die Linie verlässt die Festung unterhalb der linken Halbbastion des Forts Niedergrünewald. Am linken Bildrand erkennt man das 1859 zur Sicherung in die Talabschlussmauer eingebaute Eisenbahntor. Foto: Jens Falk

Die Passarelle („D’Al Bréck“)

Die Passerelle (nach dem Bau der neueren Pont Adolphe auch „D’Al Bréck“ bzw. „Alte Brücke“ genannt) wurde 1859-1861 erbaut. Im Zuge der Errichtung des Baugerüstes für die Steinbrücke wurde auch eine schmale Holzbrücke, die sogenannte Passerelle, für den Fußgängerverkehr errichtet. Dieser Name wurde später für die Steinbrücke übernommen. Diese überquert das Petrusstal in 45 Meter Höhe und besteht aus 24 Bögen mit Spannweiten zwischen 8 und 15 Meter. Ihre Pfeiler sind bis zu 30 Meter hoch. Die Passarelle hat eine Gesamtlänge von ca. 290 Meter. Auffällig ist ein „Knick“ im Brückenverlauf. Diese Abwinkelung hat verteidigungsstrategische Gründe und sollte einen gleichzeitigen Artilleriebeschuss über die gesamte Brückenlänge verhindern. Ihren zweiten Namen „Alte Brücke“ erhielt sie Anfang des 20. Jahrhunderts, als mit der Adolphe-Brücke eine neue Brücke erbaut wurde.

Die Passerelle über das Tal der Petruss in der Stadt Luxemburg Die Passerelle über das Tal der Petruss in der Stadt Luxemburg
Um den Bahnhof mit der Oberstadt zu verbinden, wurde in den Jahren 1859-1861 die Passerelle über das Tal der Petruss gebaut. Die Steinbrücke besteht aus 24 Bögen mit Spannweiten zwischen 8 und 15 Meter. Foto: Jens Falk

Le Pont Adolphe („D’Nei Bréck“)

Eine wichtige Entscheidung für die Entwicklung der Stadt Luxemburg fiel im Jahr 1867 auf der Londoner Konferenz, als beschlossen wurde, das Großherzogtum Luxemburg solle fortan ein neutraler Staat sein. Die Entscheidung bedingte die Schleifung der Festung, um dieser ihre militärische Bedeutung zu nehmen. In der Folge setzte eine rege Bautätigkeit ein und die Stadt wuchs über die Festungsmauern hinaus. Dies führte zu einer starken Zunahme des Verkehrsaufkommens, dem die Passarelle bald nicht mehr gewachsen war. 

So wurde die Errichtung einer weiteren Brücke zwischen Stadt und Bahnhofsviertel, der Pont Adolphe (heute auch „D’Nei Bréck“ bzw. „Neue Brücke“ genannt), ins Auge gefasst, für die der luxemburgische Ingenieur Albert Rodange (1858-1927) eine Planung ausarbeitete. 1898 erbat die luxemburgische bei der französischen Regierung die Überprüfung der Planungen der Steinbogenbrücke. Diese schlug Paul Séjourné (1851-1939) als Prüfer vor, der weltweit als Spezialist für Steinbogenbrücken galt. Er verfeinerte die Planungen Rodanges sowohl in technischer als auch in ästhetischer Hinsicht. Die untere Bogenöffnung vergrößerte er auf 84,65 Meter, sodass auf jeder Seite lediglich ein Zusatzbogen erforderlich war. Der Hauptbogen wurde in Form zweier ca. sechs Meter auseinander stehender Parallelbögen ausgeführt, die durch eine Plattform aus Eisenbeton miteinander verbunden wurden. Hierdurch konnte eine nicht unerhebliche Menge an Steinmaterial eingespart werden. Aus rein ästhetischen Gründen wurden unterschiedliche Mauerwerkstechniken kombiniert: Zyklopenmauerwerk im unteren Bereich und Rustikawerk für die seitlichen Widerlager. Die Archivolten wurden mit mächtigen Profilen versehen. Während das Geländer im Mittelteil aus barocken Balustern besteht, wurde an den Seiten geschlossenes Mauerwerk gewählt. Als einziger skulpturaler Schmuck findet sich auf jeder Seite quasi als Schlussstein das Wappen des Großherzogtums mit Krone. Die Pont Adolphe ist 153 Meter lang und zunächst 16 Meter breit. Sie wurde in den 1960er Jahren verbreitert. Als Baumaterial wurde ausschließlich Sandstein aus Luxemburg verwendet. Mit der Ausführung war das Pariser Unternehmen Fougerolle Frères betraut worden.

Pont Adolphe in der Stadt Luxemburg Pont Adolphe in der Stadt Luxemburg
Die in den Jahren 1900-1903 erbaute Pont Adolphe war seinerzeit mit 84,65 Meter Bogenspannweite die größte Steinbogenbrücke der Welt. Als einziger skulpturaler Schmuck findet sich auf jeder Seite quasi als Schlussstein das Wappen des Großherzogtums mit Krone. Als Baumaterial wurde ausschließlich Sandstein aus Luxemburg verwendet. Foto: Jens Falk

Die Grundsteinlegung der nach Großherzog Adolphe benannten Brücke erfolgte am 14.07.1900. Bereits am 23.07.1901 wurde der talabwärts gelegene Brückenbogen fertiggestellt. Für den talaufwärts gelegenen Bogen wurde das Gerüst des ersten Bogens wiederverwendet. Die Wahl von Sandstein als Baumaterial hatte zum einen wirtschaftliche Gründe, da dieser Rohstoff seinerzeit preisgünstiger als Eisen war. Zum anderen versuchte man der Identität der Hauptstadt des Großherzogtums durch die Errichtung von Prestigebauten auch auf architektonischem Gebiet Ausdruck zu verleihen. Die Verkehrsfreigabe der Pont Adolphe erfolgte am 24.03.1903. Zu dieser Zeit hatte sie mit ihrer Spannweite von 84,65 Meter den größten steinernen Bogen weltweit, wobei dieser Rekord nur für kurze Zeit Bestand hatte. Die offizielle Einweihung erfolgte erst am 19.04.1904 gemeinsam mit der Eröffnung der sogenannten „Charly-Strecke“, einer Schmalspurbahn, die von der Stadt Luxemburg über die Pont Adolphe nach Echternach führte. 

Um einen sicheren Fahrrad- und Fußgängerverkehr zu ermöglichen, wurde zwischen den beiden parallelen Brückenbögen eine Fahrrad- und Fußgängerbrücke unter die Brückendecke gehängt. Die 2017 eingeweihte Leichtmetallkonstruktion von vier Meter Breite ermöglicht seitdem ein sicheres Überqueren des Petrusstals per Rad und zu Fuß.

Pont Adolphe in der Stadt Luxemburg Pont Adolphe in der Stadt Luxemburg
Um einen sicheren Fahrrad- und Fußgängerverkehr zu ermöglichen, wurde zwischen den beiden ca. sechs Meter auseinander stehenden Parallelbögen eine Fahrrad- und Fußgängerbrücke unter die Brückendecke gehängt. Foto: Jens Falk

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