Bildungseinrichtungen und Übergänge
In allen Bildungseinrichtungen müssen bei der Umsetzung von Inklusion die breiten Möglichkeiten der Vernetzung genutzt werden. Je nach Bedarf können dabei zum Beispiel Unterstützungssysteme aus dem frühkindlichen Bereich, der Jugendhilfe, der schulpsychologischen und schulärztlichen Dienste, der Beratungsstelle für Begabungsförderung oder sonstiger mit Bildungseinrichtungen zusammenarbeitenden externen Expert:innen mit einbezogen werden.
Besonderes Augenmerk muss auf die Verfahren und Regelungen beim Übergang von einer Bildungseinrichtung zur anderen gerichtet werden. Solche Übergänge finden statt beim Wechsel
- aus der Familie in frühkindliche Bildungseinrichtungen,
- von der Kindertagesstätte in die Grundschule,
- aus der Grundschule in die weiterführende Schule,
- aus der weiterführenden Schule in die Schulformen des beruflichen Schulwesens,
- von der Sekundarstufe II an die Hochschule/Universität und
- vom Ausbildungsabschluss in die Berufstätigkeit.
Frühkindliche Bildung
Kinder brauchen neben Fürsorge und Förderung ebenso Anregung und Anleitung. Gute Startbedingungen müssen von Eltern, Familien und Gesellschaft gleichermaßen geschaffen werden. Die saarländischen Familien werden schon früh in das System der frühkindlichen Unterstützung und Förderung eingebunden. Das schon bestehende Beratungs- und Bildungsangebot wird ergänzt durch das mittlerweile als Regelversorgung installierte Projekt der „Frühen Hilfen“, das flächendeckend im Saarland durchgeführt wird. Das Saarland ist im Bereich der Inklusion von Kindern mit Behinderung oder von Behinderung bedrohten Kindern schon sehr weit. Dabei erhalten die meisten Kinder (rund 400) eine Unterstützung durch Fachkräfte der Arbeitsstelle für Integrationspädagogik (AfI) oder auch der Frühförderung Plus.
Saarländische Unterstützungsprogramme für den Kita-Bereich:
- Sprach-Kitas: „Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“, Begleitung des Bundesprogramms von Landesseite.
- „Früh Deutsch lernen“, Landesprogramm als schulvorbereitender Förderschwerpunkt für alle Kinder mit Förderbedarf im Bereich Wortschatz und Grammatik der deutschen Sprache.
- Studientage für Vorschulkinder.
Inhaltlich und konzeptionell haben alle Kitas einen inklusiven Auftrag durch das Saarländische Bildungsprogramm. Der Integrationsgedanke findet sich in der aktuellen Landesgesetzgebung wieder.
Näheres regeln das Bildungs-, Erziehungs-, und Betreuungsgesetz (SBEBG) und die die AVO (Ausführungs-Verordnung) des SBEBG :
Das Saarländische Bildungs-, Erziehungs-, und Betreuungsgesetz (SBEBG) im Amtsblatt des Saarlandes
Mehr Infos dazu auf der Seite Projekte des Portals Frühkindliche Bildung. |
Grundschulen
Die ersten acht Jahre sind die intensivsten Lernjahre in der kindlichen Entwicklung. Sie gelten als Zeitfenster mit besonderen Entwicklungs- und Lernchancen. Kindergarten und Schule haben die verpflichtende Aufgabe das Fundament für alle weiteren Bildungsstationen der Kinder anzulegen.
Im Saarland wird seit 2010/11 das Kooperationsjahr Kindergarten/Grundschule umgesetzt, das als Modellprojekt mit 20 Grundschulen und 58 Kindertagestätten startete. Seit dem Schuljahr 2016/17 wird das Kooperationsjahr im Saarland flächendeckend angeboten. Durch die Kooperation Kindergarten/Schule besteht die Möglichkeit, dass Kindergarten und Schule gemeinsam über die Kompetenzen der zukünftigen Schulkinder Kenntnis erlangen, so dass die individuelle schulische Förderung mit dem 1. Schultag einsetzen kann.
Entsprechend den §§ 1, 2 und 3 des Schulpflichtgesetzes werden alle schulpflichtigen Kinder in die wohnortnahe Regelschule eingeschult. Eine schulärztliche Untersuchung findet vorher statt. Das Elternwahlrecht garantiert, dass auf Wunsch der Eltern die Einschulung auch an einer Förderschule erfolgen kann. Im Rahmen des Einschulungsverfahrens werden die Eltern schulpflichtiger Kinder gemäß Schulpflichtgesetz (im Verlauf des letzten Kindergartenbesuchsjahres ihres Kindes) bereits frühzeitig (November) von den aufnehmenden Grundschulen eingeladen. Es erfolgt ein Aufnahmegespräch, in dem Eltern und Schule sich über die Bedingungen für einen guten Schulstart des einzelnen Kindes austauschen. Eltern können zu diesem Gespräch Unterlagen zur bisherigen Entwicklung ihres Kindes mitbringen.
Ein Kind wird nur dann nicht in die Regelschule eingeschult, wenn eine Rückstellung aufgrund einer medizinischen Indikation durch den Schulärztlichen Dienst vorliegt oder die Eltern einen Antrag auf die Beschulung an einer Förderschule gestellt haben. Wünschen die Eltern die Beschulung an einer Förderschule, so muss die Anerkennung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine sonderpädagogische Unterstützung (AAVVsU) durch die Schulaufsichtsbehörde erfolgen. Das Verfahren wird immer über die zuständige Regelschule eingeleitet. Zur Förderung des Kindes ist es sinnvoll, zunächst alle innerschulischen Ressourcen und Maßnahmen der Regelschule auszuschöpfen.
Als wesentliches Instrument steht in der Schuleingangsphase die flexible Verweildauer zur Verfügung (§ 3 a, Absatz 1, Satz 4, Schulordnungsgesetz). Die Schuleingangsphase kann je nach Lernentwicklung des Kindes in ein bis drei Jahren durchlaufen werden, ehe der Wechsel in Klassenstufe drei erfolgt. Weitere Unterstützungsmöglichkeiten in der Grundschule sind Orientierung der Leistungsanforderungen am individuellen Leistungsstand des Kindes mit eventuell notwendiger Leistungsanpassung in einem oder mehreren Fächern, Gewährung von Nachteilsausgleich, Hinzuziehen weiterer pädagogischer, sonderpädagogischer oder therapeutischer Expertise, Einbeziehen des Schulärztlichen und des Schulpsychologischen Dienstes sowie eine Kooperation mit der Schulsozialarbeit.
Individuelle Leistungen im Rahmen der schulischen Eingliederungshilfe müssen bereits gegen Ende der Kindergartenzeit und in Absprache mit der aufnehmenden Schule von den Eltern beantragt werden, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten.
Förderschulen
Auch die Förderschulen sollen das Recht der Kinder und Jugendlichen auf eine ihren persönlichen Möglichkeiten entsprechende schulische Erziehung und Bildung verwirklichen. Sie stützen sich auf die Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der BRD und den Empfehlungen zum jeweiligen Förderschwerpunkt.
Förderschulen können von Kindern und Jugendlichen besucht werden, bei denen das Vorliegen der Voraussetzungen für eine sonderpädagogische Unterstützung anerkannt ist. Die Ein- oder Umschulung in eine Förderschule erfolgt, außer in den in §5 Absatz 4 Satz 2 des Schulpflichtgesetzes genannten Ausnahmefällen, ausschließlich auf Antrag der Erziehungsberechtigten. Die Entscheidung trifft die Schulaufsichtsbehörde.
Das anerkannte Vorliegen der Voraussetzungen für eine sonderpädagogische Unterstützung (AVVsU) wird in regelmäßigen Abständen überprüft. Eine Rückschulung an die inklusive Regelschule ist möglich. Im Saarland gibt es Förderschulen in den folgenden Förderschwerpunkten:
- Bereich Lernen
- Bereich Sprache
- Bereich emotionale und soziale Entwicklung
- Bereich geistige Entwicklung
- Bereich körperliche und motorische Entwicklung
- Bereich Sehen
- Bereich Hören
Weiterführende Schulen
Eine große Veränderung für alle Schüler:innen stellt der Wechsel von der Grundschule in eine der weiterführenden Schulen dar. Der Schulbesuchsort ist neu und jedes Kind muss erst einmal seinen Platz in dieser veränderten Situation finden.
In der Sekundarstufe existiert im Saarland ein „Zwei-Säulen-Modell“. Sowohl die Gemeinschaftsschule als auch das Gymnasium sind Schulformen, die alle Bildungsabschlüsse bis zur Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) ermöglichen.
Die Broschüre des Bildungsministeriums unterstützt Eltern in ihrer Entscheidung:
Welche Schule für mein Kind? (PDF, 1MB, Datei ist nicht barrierefrei)
Aufgrund der Integrationsverordnung können bereits seit 1986 im Saarland auch Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf die allgemeinbildenden Schulen besuchen.
Seit dem Schuljahr 2016/2017 wurden auch die weiterführenden Schulen im Sekundarbereich auf Grundlage der Schulgesetzgebung zu inklusiven Schulen. Für sie gilt seit diesem Zeitpunkt die Verordnung zur inklusiven Unterrichtung und besonderen pädagogischen Förderung (Inklusionsverordnung).
Die Gemeinschaftsschule versteht sich als Schule für alle Kinder - unabhängig von deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen oder Behinderungen, deren ethnischer, kultureller oder sozialer Herkunft. Gemäß der Gemeinschaftsschulverordnung haben die Gemeinschaftsschulen ein hohes Maß an Selbstständigkeit, um durch Individualisierung von Lernprozessen die Begabungs- und Leistungsschwerpunkte ihrer Schüler:innen zu unterstützen. So besteht nicht nur im Zusammenhang der Notwendigkeit sonderpädagogischer Unterstützung die Möglichkeit präventiver Intervention und frühzeitiger Förderung, sondern ebenso in anderen Bereichen, wie zum Beispiel Teilleistungsstörungen oder besondere Begabungen.
Inklusion am Gymnasium bedeutet, dass allen Schüler:innen, deren Begabung und Leistungsfähigkeit den Anforderungen des auf das Abitur ausgerichteten Bildungsganges entsprechen – unabhängig von ihren Beeinträchtigungen oder Behinderungen sowie von ihrer ethnischen, kulturellen oder sozialen Herkunft – ein grundsätzlich gleichberechtigter und ungehinderter Zugang zu den Bildungsangeboten und eine barriere- und diskriminierungsfreie Teilhabe am Unterricht und am Schulleben geboten wird.
Auch in der Oberstufe der Gemeinschaftsschulen, der Gymnasien und der Schulen, die im beruflichen Bereich zu allgemeinbildenden Abschlüssen der Sekundarstufe II führen, erhalten Schüler:innen ihrem Bedarf entsprechende Nachteilsausgleiche und Unterstützung.
Berufliche Schulen
An den beruflichen Schulen besteht eine langjährige Tradition der Beschulung von Jugendlichen und Erwachsenen mit Förderbedarf. Seit dem Schuljahr 2018/2019 findet die Inklusionsverordnung auch im Bereich der beruflichen Schulen Anwendung. Dadurch wird unter anderem die Gewährung von Nachteilsausgleichen erleichtert und im Einzelfall sind Unterstützungsmöglichkeiten gewährleistet.
Die beruflichen Schulen eröffnen jungen Menschen vielfältige Möglichkeiten und ebnen den Weg in ein erfolgreiches Berufsleben. Sie werden in drei Bereiche eingeteilt: den kaufmännischen, den technisch-gewerblichen und den sozialpflegerischen Bereich. Dabei unterscheidet man zwischen der Berufsschule und den beruflichen Vollzeitschulen.
In der dualen Ausbildung wird an zwei Lernorten gelernt: in der Berufsschule und im Ausbildungsbetrieb. In den Berufsschulklassen werden auch Schüler:innen inklusiv unterrichtet, bei denen die Anforderungen nach § 66 des Berufsbildungsgesetzes / nach § 42 der Handwerksordnung abgesenkt sind.
Im Bereich der beruflichen Vollzeitschulen gibt es vielfältige Schulformen, die den Schüler:innen die Möglichkeit eröffnen, höhere Schulabschlüsse zu erwerben, von den Berechtigungen des Hauptschulabschlusses bis hin zur Fachhochschulreife und der allgemeinen Hochschulreife.
Berufliche Schulen kümmern sich aber auch um die Jugendlichen, die nach dem Besuch der allgemeinbildenden Schulen entweder keinen Ausbildungsplatz finden oder noch nicht über die notwendige Ausbildungsreife verfügen. Mit dem neuen pädagogischen Konzept der Ausbildungsvorbereitung werden Jugendliche durch einen handlungsorientierten Unterricht auf eine spätere Ausbildung und damit auf das Berufsleben vorbereitet.
Ein weiteres Förderangebot ist die staatlich anerkannte Berufsschule (private Ersatzschule) in Homburg (CJD).
An jedem Berufsbildungszentrum gibt es speziell geschulte Lehrkräfte, die sich um die Übergänge von den allgemeinbildenden Schulen und speziell auch von den Förderschulen kümmern. Sie stehen in engem Kontakt mit den Lehrkräften der abgebenden Schulen. Zudem können sich alle Beteiligten auch an den Berufsbildungszentren über die konkreten Wege und (Förder-)Möglichkeiten beraten lassen.
Die Broschüre "Chancen für die Zukunft" bietet einen gut gegliederten Überblick über die Voraussetzungen der Schulformen der beruflichen Schulen, über die möglichen Abschlüsse sowie über die Schulstandorte:
Chancen für die Zukunft (PDF, 1MB, Datei ist nicht barrierefrei)
Hochschule
Auch für den Bereich der Hochschulbildung wird auf die Belange aller Studierenden eingegangen. Die Hochschulen bemühen sich um barrierefreie Gestaltung, spezifische Beratungsangebote und eine gezielte Interessenvertretung. Eine Kontaktstelle „Studium und Behinderung“ wurde an der Universität des Saarlandes eingerichtet.
Sie wurde in die Stabsstelle Chancengleichheit integriert und unterstützt Studierende mit Einschränkungen bei Studienaufnahme, wie auch über die gesamte Studiendauer. Eine Internetseite für Studierende mit Behinderungen wurde eingerichtet. Für allgemeine Fragen zum Studium mit Behinderung steht der Beauftragte für Behindertenfragen der Studierenden zur Verfügung. Im Gebäude C 5 2 auf dem Universitätscampus existiert ein Blindenarbeitsplatz.
An der HTW finden Studierende mit Behinderung und / oder chronischen Erkrankungen ebenfalls Unterstützung durch zuständige Personen und Angebote.
Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Studium von Menschen mit Behinderungen an den Hochschulen des Saarlandes wurde ein „Arbeitskreis für behinderte Studierende und Studienbewerber“ eingerichtet.
Informationen zu diesem Thema: