Verschwörungserzählungen
Was sind Verschwörungserzählungen?
Verschwörungserzählungen setzen sich aus den folgenden Grundannahmen zusammen:
- Nichts ist Zufall
- Nichts ist, wie es scheint
- Alles hängt mit allem zusammen
Wenn es keinen Zufall gibt, dann folgen Ereignisse zwangsläufig einem Plan. Die Corona-Pandemie wird so zu einem Plan umgedeutet. Der Grundannahme "nichts ist, wie es scheint" folgend, werden die – in diesem Fall wissenschaftlichen – Erklärungen abgelehnt. Es wird eine machtvolle Elite gesehen, die hinter den Ereignissen steckt und skrupellos einen allein auf ihre Interessen ausgerichteten Plan verfolgt. Wer diese machtvolle Elite sein soll, wird selten konkret benannt. Oftmals werden nur die angeblichen Handlanger:innen benannt wie z.B. Politiker:innen, Journalist:innen etc.
Da Verschwörungserzählungen Zusammenhänge herstellen, wo es keine gibt, greifen sie auf ausschweifende und detailreiche Erklärungen zurück.
Die Historie zeigt, dass Verschwörungsideologien eng mit Antisemitismus verbunden sind. Auch wenn vieles im vagen bleibt, kommt es oftmals zu mehr oder weniger offensichtlichen Andeutungen, dass die Juden die Drahtzieher:innen hinter den Ereignissen seien. Es wird von den Zionisten, Globalisten, den Rothschilds oder von Georg Soros gesprochen. So bedienen Verschwörungserzählungen antisemitische Erzählmuster, auch wenn Juden nicht konkret benannt werden.
Der als böse gedeuteten Elite, die hinter den Ereignissen stecken soll, wird in Verschwörungserzählungen viel Macht zugesprochen. Sie ist nicht nur in der Lage, die Ereignisse durchzuführen, sondern auch imstande, den Plan geheim zu halten. Der Großteil der Menschen wird in Unwissenheit gehalten. Nicht täuschen lassen sich diejenigen, die den Plan durchschauen, die Wahrheit erkannt haben und nun gegen die Verschwörer:innen kämpfen. Die anderen, die diese Einsicht nicht teilen, werden entweder als Teil der Verschwörung oder als Nichtwissende – gerne Schlafschafe genannt – angesehen.
Eine zentrale Fragestellung von Verschwörungserzählungen ist jene nach dem Nutzen. Wem nutzt ein Ereignis? Wer profitiert davon? Von dieser Fragestellung ausgehend, werden in einem ersten Schritt die Drahtzieher:innen identifiziert und im zweiten Schritt erklärt, wie und warum es zu einem Ereignis wie z.B. der Corona-Pandemie gekommen ist. Da angeblich alles mit allem zusammenhängt, ist diese Vorgehensweise möglich.
Das zugrundeliegende Welt- und Menschenbild folgt einer Aufteilung in Gut und Böse. Hier die Guten, die den Plan durchschaut haben und bekämpfen – dort die Bösen, die ihren Plan auf Kosten des eigenen Volkes oder gar der gesamten Menschheit durchziehen wollen. Die Fronten sind geklärt. Raum für Zwischentöne oder Kompromisse gibt es nicht.
Gab es Verschörungserzählunen auch füher schon?
In den vergangenen Jahren haben Verschwörungserzählungen in der öffentlichen Wahrnehmung stark an Aufmerksamkeit gewonnen. Gleichzeitig handelt es sich bei Verschwörungserzählungen um kein neues Phänomen. Verschwörungserzählungen gibt es schon sehr lange und waren laut der Wissenschaft noch vor 100 Jahren wesentlich verbreiteter, als es heute der Fall ist. Ein Bekanntes Beispiel stammt aus dem Mittelalter. Als im 14. Jahrhundert die Pestepidemie in Europa wütete, machten Verschwörungserzählungen die Juden dafür verantwortlich. Diese hätten die Brunnen vergiftet und damit das Leid ausgelöst. Es folgten vielerorts antijüdische Pogrome. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand mit den Protokollen der Weisen von Zion eine weitere, folgenschwere Verschwörungserzählung. Die Protokolle, die sich schnell als Fälschung erwiesen, sollten die bevorstehende Weltherrschaft der Juden belegen und trugen damit zur Legitimierung von Antisemitismus sowie von Gewalt und Terror gegen Juden bei.
Wie zeigen sich Verschwörungserzählungen heute?
Auch heutzutage entstehen immer wieder neue Verschwörungserzählungen, welche auf bereits bekannten Mustern aufbauen. Beispielsweise zu 9/11, dem Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001, oder der Corona-Pandemie, die angeblich Teil eines geheimen Plans sei. Und laut der Verschwörungserzählung der Bewegung Q-Anon kämpft Donald Trump gegen eine satanische Elite.
Eine andere aktuelle Verschwörungserzählung warnt vor dem „Großen Austausch“. Dabei wird behauptet, dass die deutsche Bevölkerung durch Zuwander:innen ausgetauscht werden soll. Diese Verschwörungserzählung wurde in der Vergangenheit wiederholt von rechtsterroristischen Attentätern als Rechtfertigung für ihre Tat herangezogen (z.B. von dem Attentäter von Halle 2019). Sowohl die rechtsextreme Identitäre Bewegung als auch Politiker:innen der AfD haben die Verschwörungserzählung vom Bevölkerungsaustausch in der Vergangenheit verbreitet bzw. verbreiten diese weiterhin.
Diese und viele weitere Beispiele zeigen, dass Verschwörungsideologien keine harmlosen Erzählungen sind, sondern als Rechtfertigung für die Anwendung von Gewalt dienen.
Weiterführende Links
- Der Fabulant klärt faktenbasiert, nachhaltig und unterhaltsam über populäre Verschwörungserzählungen und Desinformation auf und informiert mit umfassenden Hintergrundinformationen.
- Der Narrativ-Check betrachtet demokratiegefährdende, systemoppositionelle Botschaften, Diskurse, Argumentationsweisen in „alternativen Medien“ und im digitalen Raum. Die Erkenntnisse werden in Handreichungen zu jeweils einer Botschaft oder einem Narrativ gebündelt und auch online zur Verfügung gestellt.
- Der goldene Aluhut informiert über Desinformation sowie Verschwörungsideologien und klärt über Sekten, ideologischen Missbrauch und Extremismus auf.
Tipps und Materialien zum Thema
- Auf der Themenseite von Klicksafe finden Sie Informationen, Videos sowie Arbeitsmaterialien und weiterführende Links zum Thema.
- "Verschwörungstheorien" im Netz: Unterrichtsmaterial für Lehrkräfte
Lehrkräfte finden in dieser Unterrichtseinheit Texte, Materialien und Methodenhinweise, um Schülerinnen und Schüler der Oberstufe mit dem Thema Verschwörungsmythen vertraut zu machen. Die Leitfrage dieses Moduls lautet: Sind Verschwörungsmythen harmlos oder gefährlich? - Der Selbstlernkurs "Verschwörungsdenken individuell verstehen und auffangen" ist zum eigenständigen Lernen online konzipiert und besteht aus sechs verschiedenen Modulen (jeweils ca. 10 Minuten Lernzeit), die aufeinander aufbauen. Ergänzt wird das Selbstlernangebot durch eine Materialsammlung zur weiterführenden Selbstinformation, ein Glossar sowie eine Auflistung von Beratungsstellen, die bei individuellen Anliegen unterstützen können sowie Online-Workshops.
Ansprechpartner und Institutionen im Saarland
Landesmedienanstalt Saarland (LMS)
Nell-Breuning-Allee 6
66115 Saarbrücken.
Telefon: 0681 38988–0
Fax: 0681 38988–20
E‑Mail:
Adolf-Bender-Zentrum (ABZ)
Gymnasialstraße 5
66606 St. Wendel
Telefon: 06851 80 82 79-0
Fax: 06851 80 82 79-9
E-Mail:
Landeszentrale für politische Bildung (LpB)
Beethovenstraße 26 / Pavillon
66125 Saarbrücken-Dudweiler
Telefon: 06897 7908 104
Fax: 06897 7908 177
E-Mail: