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Gestapo-Lager Neue Bremm

„Betrachtet man das Ausmaß der Einbettung Erweiterter Polizeigefängnisse in die Gesellschaft des „Dritten Reiches“, so offenbart sich ein eminenter Grad sozialer Gewaltakzeptanz und -teilhabe. Immer weitere Bevölkerungskreise beteiligten sich aktiv an Verfolgung und Repression. In der >>langen Endphase<< des Nationalsozialismus wurden immer mehr Menschen aus den Reihen der Zivilbevölkerung zu Komplizen der Gestapo.“ (Elisabeth Tahlhofer, 2019).

Das Barackenlager Neue Bremm nahe der französischen Grenze am Stadtrand von Saarbrücken nutzte die Gestapo-Stelle Saarbrücken 1943/44 als „Erweitertes Polizeigefängnis“ für Männer und Frauen. Es war völlig losgelöst und abgeschirmt von der Kontrolle oder Weisungsbefugnis anderer Behörden und Instanzen und bot damit der Gestapo überaus flexible und zugleich multifunktionale Einsatzmöglichkeiten. Die heterogene Zusammensetzung der Gefangenen und die ausschließliche  Verankerung dieses Haftstättentyps in den regionalen Strukturen der Sicherheitspolizei ließen das Erweiterte Polizeigefängnis Neue Bremm zu einem Lager werden, in dem sich Radikalisierungsprozesse sowie eine von den Aufsehern in Gang gesetzte Gewaltspirale ungehemmt Bahn brachen. Das Saarbrücker Gestapo-Lager Neue Bremm war ein Ort „entgrenzter Gewalt“ (Elisabeth Tahlhofer, 2010).

Gedenkstätte „Gestapo-Lager Neue Bremm“ – Initiative Neue Bremm

Dem großen zivilgesellschaftlichen Engagement der Mitglieder der 1998 gegründeten Initiative Neue Bremm unter der Leitung von Dr. Kurt Bohr und Dr. Burkhard Jellonnek ist es zu verdanken, dass die Geschichte des Gestapo-Lagers Neue Bremm nicht in Vergessenheit geriet.

Die am 8. Mai 2004 offiziell eröffnete Gedenkstätte „Gestapo-Lager Neue Bremm“ ist einer der zentralen Erinnerungsorte zur Geschichte des Nationalsozialismus im Saarland. 

Sie wurde mit finanziellen Zuschüssen der Gedenkstättenförderung des Bundes (BKM), der Landeshauptstadt Saarbrücken, der Saarland-Sporttoto GmbH und der saarländischen Landesregierung sowie mit Unterstützung der Stiftung ME Saar mehrmals baulich erweitert, zuletzt im Jahr 2018 mit der Kenntlichmachung aller Häftlingsbaracken, auch außerhalb des jetzigen Gedenkstättengeländes.

Weiterführende Informationen zur Geschichte des Lagers, zum baulichen und wissenschaftlich-pädagogischen Ausbau der Gedenkstätte, zu den Informations- und Veranstaltungsangeboten der Initiative Neue Bremm sowie zu Möglichkeiten der Mitarbeit stehen auf der Internetseite der Initiative zur Verfügung:

www.gestapo-lager-neue-bremm.de

Die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes unterstützt die Initiative Neue Bremm im Rahmen einer am 04.08.2022 zwischen der Initiative Neue Bremm, vertreten durch deren Sprecher Herrn Dr. Kurt Bohr, der Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes, vertreten durch deren Leiter Herrn Dr. Erik Harms-Immand, und dem Landesjugendring Saar, vertreten durch deren Vorstandssprecherin Hannah Meuler, getroffenen „Vereinbarung betreffend die dauerhafte Umsetzung der wissenschaftlichen und pädagogischen Gedenkstättenarbeit“ bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte des Lagers und der Gedenkstätte sowie bei der Entwicklung und Umsetzung von altersübergreifenden Bildungs- und Informationsangeboten zur Gedenkstätte.

Digitale Lernangebote

Die Geschichte des Ortes und seiner Veränderungen zeigen sich nur durch die Dekonstruktion der sich hier überlagernden Zeitschichten. Doch vor Ort gibt es keinen Infopavillon, keine Bildungsabteilung oder hauptamtliche Vermittelnde. Über Führungen wird nur ein kleiner Teil der Besucher*innen der Gedenkstätte erreicht. Die Gedenkstätte besuchenden Einzelpersonen brauchen daher schnell verfügbare Angebote mit Informationen über den Ort. Es bietet sich daher an, dazu digitale, audio-visuelle (App, Sway, Epub, Audioguide, Instagram) Formate einzusetzen, um mit dieser Situation produktiv umzugehen. Es gilt, die fehlende analoge Infrastruktur durch eine digitale zu ergänzen, die dem Ort, seinen reduzierten Eigenschaften als Gedenkstätte durch Offenlegung der hier vorhandenen Zeitschichten Rechnung trägt.

Überblick digitale Lernangebote

Interaktive Führungen auf der Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm

Die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes (LpB Saarland) und das Netzwerk für Demokratie und Courage Saar (NDC Saar) bieten seit Frühjahr 2024 für größere Gruppen und Schulklassen kostenlose Führungen auf dem Gedenkstättengelände an.

Angeboten werden Führungen in den Zeitformaten von 60, 90 und 120 Minuten. Die Führungen legen den Schwerpunkt auf interaktive Vermittlungskonzepte, die zum selbstständigen Erkunden des Ortes und zum Dialog zwischen den Besucher:innen einladen.

„Mit unseren Führungen möchten wir die Besucher:innen der Gedenkstätte zu einer aktiven Auseinandersetzung mit den menschenverachtenden Verbrechen der Nationalsozialisten motivieren. Dabei möchten wir auch aufzeigen, dass diese Verbrechen mitten im Alltag der Menschen stattfanden und von breiten Gesellschaftsgruppen mitgetragen wurden“, hält Vicky Herz, Mitarbeiterin des NDC Saar, fest.

„Die Geschichte des Lagers, aber auch die Geschichte der Gedenkstätte ist sehr komplex. Sie bietet für einen Besuch der Gedenkstätte viele auch unerwartete inhaltliche Anknüpfungspunkte“, ergänzt Dr. Sabine Graf, Leiterin des Fachbereichs Erinnerungsarbeit und historisch-politische Bildung der LpB Saarland. Erste Informationen und Orientierungshilfen stelle die LpB Saarland mit ihren digitalen Angeboten zur Gedenkstätte zur Verfügung. Diese können auf der Homepage www.lpb.saarland.de kostenlos runtergeladen werden. 

Pro Kalenderjahr ist das Kontingent an kostenlosen Führungen für größere Erwachsenengruppen begrenzt. Um eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Anbieter:innen wird gebeten.

Beratung und Anmeldung:

Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes
E-Mail: info@lpb.saarland.de
Telefon: 06897 7908-193

Horst Bernard – Pionier der saarländischen Erinnerungsarbeit

Was die erinnerungspädagogische Aufarbeitung der Geschichte des Gestapo-Lagers Neue Bremm betrifft, stellen das publizistische Werk und die umfangreichen und vielfältigen Vermittlungsaktivtäten von Horst Bernard eine Pionierleistung dar. Bernard, der 1932 in Saarbrücken-Bischmisheim geboren wurde, musste selbst mit seiner Familie im Jahr 1935 vor den Nationalsozialisten nach Frankreich fliehen. Er widmete sich früh der historischen Auseinandersetzung mit den Geschehnissen im Gestapo-Lager Neue Bremm. In der saarländischen Erinnerungslandschaft herrscht Einigkeit darüber, dass es ohne die Vorarbeiten von Horst Bernard keine nachhaltigen Anschlussinitiativen zur Aufarbeitung der Geschichte des Lagers gegeben hätte. Für seine Verdienste rund um das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wurde Bernard am 5. Dezember 2019 von Herrn Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Publikationen zum Gestapo-Lager Neue Bremm und zur NS-Zeit im Saarland

Aktuelle Publikationen zur Geschichte des Gestapo-Lagers Neue Bremm und zur Geschichte des Nationalsozialismus im Saarland stehen im Buchprogramm der Landeszentrale zur Verfügung.