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Die Datenbank der saarländischen Internierten des Lagers Gurs ist online!

„Mit der Datenbank geben wir den Internierten mit ihrem jeweiligen Einzelschicksal ein Gesicht und bewahren ihre Namen und ihre Geschichte. Die Datenbank wird damit fester Bestandteil der Erinnerungsarbeit im Saarland.“

Am 7. Mai schaltete die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes auf ihrem Internetportal www.gurs.saarland anlässlich des 8. Mai, dem Tag der Befreiung von dem Nationalsozialismus, die erste Datenbank aller im französischen Lager Gurs internierten Saarländer*innen frei. Diese Interniertendatenbank verzeichnet in übersichtlicher tabellarischer Form unter anderem die Namen, Vornamen, Geburts- und Sterbeorte jener mehr als 500 Saarländer*innen, die von 1939 bis 1944 aus unterschiedlichen Gründen in dem rund 350 Baracken umfassenden Lager am Fuß der Pyrenäen interniert waren und unter unmenschlichen Bedingungen um das tägliche Überleben kämpfen mussten. Zahlreiche Kurzbiografien sowie historische Dokumente und Fotografien informieren zudem über die jeweiligen Umstände der Internierung, das Leben im Lager, die Deportationen vom Lager Gurs in die Vernichtungslager in Mitteleuropa, über erfolgte Entlassungen aus dem Lager oder Rettungsaktionen und Fluchtversuche sowie über das Bemühen der Überlebenden um Entschädigung. Sofern für die Internierten Stolpersteine verlegt wurden, führt ein Link von der Datenbank zu den entsprechenden Informationsangeboten im Internet.

Einen Großteil der in der Interniertendatenbank enthaltenen Angaben zu den im Lager Gurs internierten Saarländer*innen hat der Gurs-Experte und ehemalige Leiter des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde, Roland Paul, im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung in der im Departementsarchiv Pyrénées-Atlantiques in der französischen Stadt Pau erhaltenen Interniertenkartei des Lagers Gurs ermittelt.

„Das Archiv in Pau bewahrt alle Unterlagen des ehemaligen Lagers Gurs auf, z.B. die Lagerkartei und die sogenannten Dossiers zu den einzelnen Internierten. In der Lagerkartei wurde festgehalten, wann die Menschen dort ankamen, wo sie untergebracht wurden und wann sie verlegt, entlassen oder weiter deportiert wurden. Darin fand ich – neben den bei der sogenannten „Wagner-Bürckel-Aktion“ am 22. Oktober 1940 verschleppten Personen – viele Saarländerinnen und Saarländer, die 1935/36 nach Frankreich emigriert waren und von der französischen Regierung als sogenannte „feindliche Ausländer“ interniert wurden“, so Roland Paul.

Ergänzt werden die Rechercheergebnisse von Roland Paul durch Auswertungen der im Landesarchiv Saarbrücken verwahrten Landesentschädigungsakten der Überlebenden. Weitere Quellen, auf welche die Interniertendatenbank zurückgreift, sind die Forschungsergebnisse des Historikers Max Hewer zu jenen Saarländer*innen, die von 1936 bis 1939 freiwillig im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatten und 1939 im Lager Gurs interniert waren. In die Erstellung der Datenbank eingeflossen sind auch die Ergebnisse vorhandener wissenschaftlicher, regionalhistorischer und journalistischer Veröffentlichungen, die sich mit dem Thema Gurs aus regionaler, lokaler oder biographischer Perspektive befasst haben. Die Einträge in der Datenbank können durch umfangreiche und detaillierte Quellenbelege nachvollzogen werden.

„Die digitale Interniertendatenbank ist kein abgeschlossenes Publikationsprojekt. Sie lädt zum Weiterforschen und zur Entwicklung neuer Vermittlungsformate für die regionale Erinnerungsarbeit ein. Sie ermöglicht flexible Ergänzungen und das Einarbeiten neuer Forschungsergebnisse“, hebt Dr. Sabine Graf, Leiterin des Fachbereiches „Erinnerungsarbeit und historisch-politische Bildung“ der Landeszentrale für politische Bildung, die Bedeutung der Interniertendatenbank für die Erinnerungsarbeit im Saarland hervor.

Und Sabine Graf weiter: „Mit der Datenbank geben wir den Internierten mit ihrem jeweiligen Einzelschicksal ein Gesicht und bewahren ihre Namen und ihre Geschichte. Die Datenbank wird damit fester Bestandteil der Erinnerungsarbeit im Saarland.“

Interniertendatenbank Gurs

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Gedenken an die deportierten saarländischen Jüdinnen und Juden vom 22. Oktober 1940

Internetseite gurs.saarland online

Mindestens 500 Menschen aus dem Saarland waren in Gurs interniert. Die Internetseite gurs.saarland stellt einige der dort internierten Menschen und den Alltag im Lager aus unterschiedlichen Blickwinkeln vor. Darüber hinaus stellt sie ab Februar 2021 ein durchsuchbares Verzeichnis aller bislang wissenschaftlich ermittelten Gurs-Internierten aus dem Saarland zur Verfügung. Die Internetseite soll Ausgangspunkt für weitere Aktivitäten und Angebote der Akteur*innen der Erinnerungsarbeit im Saarland sein.

Am 22. Oktober 1940 wurden im Rahmen der sogenannten „Wagner-Bürckel-Aktion“ 6.500 jüdische Bürger*innen aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das französische Lager Gurs nahe der spanischen Grenze am Fuß der Pyrenäen deportiert. Die jüngste Deportierte aus dem Saarland war die zweijährige Mathel Salmon aus Homburg, der älteste Deportierte der 88-jährige Josef Kahn aus Brotdorf. Im Lager Gurs waren seit seiner Errichtung im Jahr 1939 mindestens 500 Menschen aus dem Saarland interniert.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Deportationen vom 22. Oktober 1940 hat die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes die Internetseite gurs-saarland veröffentlicht. Die Internetseite stellt einige der dort internierten Menschen und den Alltag im Lager aus unterschiedlichen Blickwinkeln vor. Darüber hinaus stellt sie ab Februar 2021 ein Verzeichnis aller bislang wissenschaftlich ermittelten Gurs-Internierten aus dem Saarland zur Verfügung. Die Internetseite versteht sich als Lern- und Informationsangebot für eigenständiges, forschendes Lernen für Schüler*innen, Studierende sowie für Akteur*innen der Zivilgesellschaft, die in Initiativen, Vereinen oder als Einzelpersonen sich mit dem Thema beschäftigen wollen.

„Die Schicksale der in Gurs internierten Menschen berichten von Emigration und Deportation, vom Leben und Überleben, aber auch vom Tod. Und deshalb gilt: So groß die Entfernung zwischen dem Saarland und dem Dorf Gurs auch sein mag. Die Geschichte des Lagers Gurs ist ein elementarer Bestandteil der Geschichte des NS-Regimes an der Saar“, hob die Ministerin für Bildung und Kultur des Saarlandes, Christine Streichert-Clivot, zum Startschuss der Internetseite gurs.saarland hervor.

Historiker*innen haben viel zur Geschichte des Lagers Gurs geforscht, und Akteur*innen und Institutionen der Zivilgesellschaft erinnern auf vielfältige Weise an die Schicksale der Opfer. Diese wichtigen Arbeiten waren Grundlage für der Internetseite www.gurs.saarland und Ausgangspunkt weiterführender umfassender Archivrecherchen des Gurs-Experten Roland Paul im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes, deren Ergebnisse zusammen mit den Forschungsergebnissen des saarländischen Historikers Max Hewer zu den saarländischen Spanienkämpfer*innen in das Interniertenverzeichnis einfließen.

Die Geschichte des Lagers Gurs ist vielschichtig. Das Lager Gurs am Rand der Pyrenäen entstand im April 1939 als Auffanglager für nach dem Ende des spanischen Bürgerkriegs nach Frankreich geflohene Angehörige der Republikanischen Garden. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Frankreich im Mai 1940 war es Internierungslager für „feindliche Ausländer“. Im Oktober 1940 wurden 6.500 Jüd*innen aus Baden, der Pfalz und dem Saarland nach Gurs verschleppt. 1942 und 1943 war es Sammel- und Durchgangslager für in der zuvor unbesetzten Zone Frankreichs verhaftete Jüdinnen und Juden, die von dort in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor verschleppt wurden. 1944 war es Internierungslager für Sinti und Roma. 1945 war es Lager für Kriegsgefangene und Kollaborateur*innen. Insgesamt waren 61.000 Menschen zwischen 1939 und 1945 auf 24 Hektar Fläche in 382 Holzbaracken eingepfercht.

Das Lager Gurs