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Hate Speech/Hassrede

Was ist Hate Speech?

Als Hate Speech (dt.: Hassrede) bezeichnen wir sprachliche Abwertungen von Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit. Betroffen sind Gruppen, die gesellschaftlich diskriminiert werden, z.B. aufgrund tatsächlicher oder zugeschriebener Merkmale wie Herkunft, Geschlechtsidentität, Behinderung, Alter, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder Religion. Die Annahme, dass bestimmte Menschen weniger wert seien als andere, äußert sich dann in gewaltvoller Sprache, Bildern, Memes oder Videos. Dabei müssen jedoch nicht immer Schimpfwörter im Spiel sein. Die Politikerin Sawsan Chebli beispielsweise hat einmal folgende an sie adressierte Nachricht veröffentlicht: „Liebe Frau Ausländerin, ich fordere Sie hiermit ganz freundlich auf dieses Land zu verlassen. Mit rechtsradikalen Grüßen.“ Hate Speech kann in scheinbar höflicher Sprache versteckt daherkommen oder als vermeintlicher Witz getarnt. Das macht es manchmal gar nicht so leicht, Hate Speech zu erkennen.

Ist Hate Speech strafbar?

Hate Speech ist zwar extrem problematisch, oft aber nicht strafbar. Es muss zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz der Menschenwürde sowie dem Persönlichkeitsrecht abgewogen werden. Im Einzelfall muss dann geprüft werden, ob eine Äußerung noch unter die Meinungsfreiheit fällt oder z.B. über Straftatbestände wie Volksverhetzung, Beleidigung, Bedrohung, öffentlicher Aufruf zu Straftaten oder verbotene Symbole strafbar ist.

Wer hatet und wieso?

Auch wenn es uns oft angesichts hasserfüllter Kommentarspalten nicht so vorkommt: Hate Speech kommt vor allem von einer kleinen, aber sehr lauten Minderheit. Online-Diskurse sind somit kein Abbild der Gesellschaft, sondern werden oftmals von hochaktiven Accounts dominiert. Die Journalistin und Autorin Ingrid Brodnig unterscheidet zwei Gruppen von Hater:innen im Netz: Trolle und Glaubenskrieger. Während es den Trollen weniger um ein inhaltliches Anliegen, sondern hauptsächlich um Aufregung und Schadenfreude („I did it fort he LULZ“) geht, verfolgen die Glaubenskrieger das Ziel, ihre oft unbeirrbaren Überzeugungen durchzusetzen. Besonders aktiv sind solche Accounts, die dem rechten und rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind. Neben individuell agierenden Akteur:innen finden sich hier auch koordinierte Kampagnen, z.B. von rechtsextremen Trollfabriken. Hate Speech hat dabei verschiedene Funktionen – z.B. Meinungshoheit erlangen, Menschen zum Schweigen bringen sowie für die eigene Sache mobilisieren – und wird teilweise sehr gezielt eingesetzt. Gedankengut, Ideologien und Vorurteile, die offline existieren, finden ihren Ausdruck im Netz – begünstigt durch die geringe Gefahr vor Konsequenzen, durch die Unsichtbarkeit und damit einhergehende fehlende Empathie sowie zunehmende Polarisierung u.a. durch Filterblasen.

Wieso ist das so problematisch?

Hate Speech ist ein Problem, das sowohl für die direkt davon Betroffenen als auch für die ganze Gesellschaft schwerwiegende Konsequenzen hat. Betroffene berichten u.a. von emotionalem Stress, Angst und Depressionen und ziehen sich vermehrt aus den sozialen Medien zurück. Besonders betroffen davon sind Frauen – möglicherweise da sie laut der NGO HateAid häufiger mit sexualisierter digitalisierter Gewalt und strafbaren Inhalten konfrontiert sind. Gesellschaftlich werden durch Hate Speech u.a. Feindseligkeit, Diskriminierung und Rassismus normalisiert und Dinge, die als weithin tabuisiert gelten, durch stetige Wiederholung sagbar gemacht. Durch die gezielte Verschiebung von Diskursen kann großer gesellschaftlicher Einfluss genommen werden, dies zeigt sich beispielsweise anhand koordinierter Kampagnen im Vorfeld von Wahlen. Weiterhin zeigt sich: Die Gewalt bleibt nicht im Netz. Mit zunehmendem Hass im digitalen Raum gehen auch Anfeindungen und Übergriffe offline einher. Das Internet ist dann Plattform und Nährboden für Radikalisierungsprozesse, die sich auch in konkreter physischer Gewalt äußern.

Was können wir dagegen tun?

Betroffene unterstützen

Betroffene unterstützen/sich wehren

  • Unterstützung anbieten/ sich Unterstützung suchen (z.B. bei Hate Aid)
  • Betroffene stärken
  • Ist der Beitrag strafbar?
    • Ja: Screenshots machen, anzeigen, melden
    • Nein: kommentieren, melden, löschen
    • Vielleicht: Bei Meldeseiten prüfen lassen

Aktivieren

Mitlesende aktivieren und überzeugen

  • Gegenrede: Argumentieren, sich positionieren, diskutieren
  • Gegenrede liken
  • Sich bereits vorhandener Gegenrede anschließen
  • Mitlesende direkt ansprechen
  • Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit benennen

Auseinandersetzen

Sich mit Hater:innenauseinandersetzen

  • Nachfragen
  • Quellen einfordern
  • Höflich und sachlich bleiben
  • Mitgefühl fördern:
    Auswirkungen des Beitrags verdeutlichen
  • Auf Netiquette verweisen
  • Grenzen setzen: löschen, anzeigen, blockieren, melden

An wen kann ich mich wenden?

Bundesweite Anlaufstellen

  • HateAid bietet bei digitaler Gewalt Beratung und rechtliche Unterstützung an
  • No Hate Speech Europaweite Kampagne des Europarates gegen Hassreden im Netz bietet Rat und konkrete Hilfe gegen Hate Speech im Netz.
  • Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz informiert als zentrale Anlaufstelle alle, die Orientierung brauchen, Hilfe suchen, sich engagieren, darüber berichten oder sich weiterbilden wollen.
  • Courage im Netz — Gemeinsam gegen Hass und Hetze Das saarländische Koope­ra­ti­ons­pro­jekt “Cou­ra­ge im Netz — Gemein­sam gegen Hass und Het­ze” hat sich dem Schutz von Frei­heit und Demo­kra­tie im Netz ver­schrie­ben. Schutz­leis­tun­gen und Rechts­gü­ter sol­len mit der Initia­ti­ve bes­ser durch­ge­setzt werden.
  • Das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA) engagiert sich als Dienstleistungszentrum der Jugendverbände in den Themenfeldern Rassismus(kritik), Rechtsextremismus (einschließlich Rechtspopulismus), Antisemitismus, Migrationsgesellschaft, rassismuskritische oder interkulturelle Öffnung, Diversität, Diskriminierungskritik sowie Flucht und Asyl. Es wurde 1990 auf Initiative von demokratischen Jugendverbänden in der Bundesrepublik Deutschland gegründet und umfasst über 30 bundesweit tätige Jugendverbände.
  • Seit ihrer Gründung 1998 ist es das Ziel der Amadeu Antonio Stiftung, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet.

Saarländische Beratungsstellen

    • Bei Diskriminierung aufgrund von Sexualität und/ oder Geschlechtsidentität: LSVD Saar
    • Betroffenenberatung bei rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt: Bounce Back
    • Bei rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Vorfällen: Adolf-Bender-Zentrum
    • Bei sexualisierter Gewalt:
      • Fachberatungsstelle für sexuell missbrauchte Mädchen und junge Frauen: Nele
      • Beratung gegen sexuelle Ausbeutung von Jungen: Phoenix
    • Zuständige Dienststelle der Polizei und Onlinewache im Saarland um Hasskommentare und verunglimpfende Darstellungen aus Sozialen Netzwerken, Messengerdiensten oder sonstigen Internetportalen zu melden.

Tipps und Materialien zum Thema

  • Hassrede im Netz – Von den Grenzen der Meinungsfreiheit. Die klicksafe-Broschüre unterstützt dabei, Hassrede auch in ihren subtileren Spielarten zu identifizieren und Handlungsoptionen zu entwickeln, um online und offline menschenfeindlichen Aussagen wirksam entgegenzutreten. Sie richtet sich vor allem an Fachkräfte und gibt konkrete Tipps für die (medienpädagogische) Arbeit mit Jugendlichen.
  • Die Good-Practice-Sammlung für die pädagogische Arbeit gegen Hass im Netz ist ein praktisches Tool für pädagogische Fachkräften und alle, die sich für Bildung gegen Hass im Netz interessieren. Die Sammlung bietet Orientierung  für die eigene (medien-)pädagogische und politische Bildungsarbeit gegen Hass im Netz. In über 100 Einträgen sind Materialien, Konzepte, Projekte, Institutionen und Informationen zu finden.