Land of Memory - Erinnerungsorte der Großregion 1933 – 1945
Orte des Widerstands und der Verfolung
Das Projekt Land of Memory - Erinnerungsorte der Großregion 1933 – 1944 zeigt eine interaktive Karte historischer Stätte, die geprägt von nationalsozialistischem Terror und Widerstand gegen die NS-Diktatur sind.
Die Zeit im Raum – Der Raum in der Zeit
„Zentrale Aufgabe von Gedenk- und Erinnerungsstätten sollte eine grenzüberschreitende Erinnerungskultur sein, die Brücken baut zwischen den Generationen und Menschenrechte, Toleranz und Demokratie zu sichern sucht.“ (Ulrike Puvogel, Vorwort „Auf vergessenen Spuren“. Ein Wegweiser zu den Gedenkstätten in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. Bonn 2006)
Landkarten bilden nicht nur einen geografischen Raum ab, sie spiegeln dabei die zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Machtverhältnisse.
Daher sind geografische Räume auch immer Machträume. Grenzen umschließen sie. Innerhalb dieser Grenzen gelten Gesetze. Diese bestimmen den Status von Menschen. Sie legen fest, wer das Recht hat, sich darin aufzuhalten und wer nicht. Die Existenz von Machträumen ist untrennbar mit Jahreszahlen verbunden.
Mit den Ereignissen der Jahre 1933 bis 1945 verschob sich der Machtraum des NS-Regimes über bestehende Ländergrenzen in Europa nach dem Osten und dem Westen. Das Projekt „Land of Memory“ legt den Fokus auf die Entwicklung in Westeuropa. Mit diesen Verschiebungen der Grenzen verbinden sich Orte wie zum Beispiel Bahnhöfe. 1935 waren die Bahnhöfe in Petite Rosselle und Sarreguemines Umsteigeorte für die nach Frankreich flüchtenden politischen Aktivistinnen und Aktivisten. Vom Bahnhof Hollerich in Luxemburg wurden 1941 die Luxemburger Jüdinnen und Juden ins Ghetto von Lodz und von dort nach Auschwitz deportiert. Der Bahnhof im ostbelgischen Montzen war seit 1940 eine Station auf dem Fluchtweg für französische Kriegsgefangene.
Hotels in Forbach nahmen nach der Abstimmung vom 13. Januar 1935 diejenigen auf, die zuvor im damaligen Saargebiet für den Status quo eingetreten waren. Diese Entscheidung für die Beibehaltung des aktuellen Zustandes sollte sicher stellen, dass das bis dahin vom Völkerbund regierte Saargebiet nicht zu Deutschland und damit zur Diktatur der Nationalsozialisten zurückkehrte. Doch die Abstimmungsberechtigen entschieden sich zu 90,8 Prozent für die Rückkehr nach Deutschland. Die nach 1933 aufgrund von Verfolgung durch die Nationalsozialisten ins Saargebiet geflohenen Politikerinnen, Politikern, Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, Journalistinnen und Journalisten hatten sich von hier aus gegen den Nationalsozialismus eingesetzt. Jetzt mussten sie weiter fliehen, in andere Hotels, Pensionen und möblierte Zimmer. Aufgrund von Grenzverschiebungen wurde aus einem Skihotel in Struthof im Elsass 1941 das KZ Natzweiler-Struthof, das einzige deutsche KZ im heutigen Frankreich. Das Beschlagnahmen und Umwidmen von Orten hatte im Nationalsozialismus Methode. 1941 machten die Nationalsozialisten ein Kloster im luxemburgischen Cinqfontaines zu einem Sammellager für Luxemburger Jüdinnen und Juden. Der Bau des sogenannten Westwalls sollte diesen Machtraum schützen. Jedoch diente diese Maßnahme ebenfalls der Erweiterung des Machtraums des NS-Regimes, begleitet von Orten des Terrors und der Unmenschlichkeit, den Arbeits- und Straflagern für Zwangsarbeitende.
Die Internetseite „Land of Memory“ erscheint in Form einer Karte der Großregion, zu der die Region Grand Est mit den Departements Moselle, Meurthe-et-Moselle, Vosges sowie den Departements Bas-Rhin und Haut-Rhin sowie die Region Champagne-Ardenne gehören sowie Wallonien, Ostbelgien, Luxemburg, Rheinland-Pfalz und das Saarland zählen. Darin sind die verschiedenen Formen der Lager als Orte der Ausgrenzung markiert wie auch die Orte des Widerstandes zerzeichnet. Auf diese Weise entsteht eine Topographie der Verfolgung und des Widerstands. Die Grenzüberschreitung kennzeichnet diese Räume der Macht und Ohnmacht. Die Zeit lässt diese Orte entstehen. Es sind Orte des Übergangs, der Um- und Neunutzung sowie der Entgrenzung. Darunter sind eine Reihe von Orten, die nach 1945 verschwanden. Andere wurden zu Gedenkstätten oder Erinnerungsorten und geben damit heute der Erinnerungskultur der Großregion Gestalt.
Die Internetseite als Ergebnis einer interregionalen Arbeitsgruppe
Das Saarländische Ministerium für Bildung und Kultur hat diesen Teil des INTERREG-Projektes mit Unterstützung der INTERREG-Partner und zahlreichen Fachinstitutionen der Großregion federführend umgesetzt u.a.:
Die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes, das NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz, Musée de la Résistance Luxembourg, Ascomemo, Centre européen du résistant déporté Struthof, La Cité Miroir Liège, Universität des Saarlandes, Université Catholique de Louvain-la-Neuve, Université du Luxembourg.
Eine Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen der genannten Institutionen ist für die Auswahl der Orte zuständig. Die ersten Einträge galten den Orten der Ausgrenzung und des Terrors. Dazu gehören in verschiedene Formen von Lagern. Sie sollten als Gedenkstätten oder Museen dem Publikum offen stehen. Sofern eine Teilregion weder über Museen noch Gedenkstätten zu den Themen Widerstand und Verfolgung verfügt, wurden andere Formen (Erinnerungspfade, Denkmäler) ausgewählt.
Weitere Orte des Widerstands und der Verfolgung in Großregion in den Jahren 1933 bis 1945 sollen in die Karte eingetragen werden.