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Unterbringungsbereiche

Die Zugangsabteilung / Basisdiagnostik

Aufgrund der eher überschaubaren Größe der Anstalt existiert keine räumlich zusammengefasste Zugangsabteilung, wie dies in großen Anstalten anderer Bundesländer der Fall ist. Gleichwohl beginnt der behandlungsorientierte Strafvollzug in der JVA Ottweiler ebenfalls mit einer umfassenden und intensiven Basisdiagnostik, denn auch bei uns gilt: eine erfolgversprechende Behandlung braucht zuerst eine sehr gute Diagnostik! Diese Diagnostik wird von verschiedenen Mitarbeitern unterschiedlicher Professionen durchgeführt und deren Ergebnisse werden von einem Sozialdienst, der mit der Verwaltung aller Diagnoseergebnissen betraut ist, zusammengefügt. Aus diesen Erkenntnissen entwickelt der Sozialdienst der „Zugangsabteilung" den individuellen Erziehungs- und Förderplan, welcher sodann in der Zugangskonferenz verhandelt und beschlossen wird.

Die Basisdiagnostik ist zentraler und unverzichtbarer Bestandteil eines ziel- und bedarfsorientierten Strafvollzuges, da sie die Grundlage einer differenzierten Beurteilung des individuellen Förder- und Behandlungsbedarfs darstellt. Der Begriff der Basisdiagnostik findet hinsichtlich der zunehmend zu konstatierenden psychischen Auffälligkeiten und therapeutischen Behandlungsbedürftigkeit vieler Straftäter in letzter Zeit immer stärkere Anwendung im Strafvollzug. Neben den rein medizinischen und psychisch-therapeutischen Faktoren fließen in die Basisdiagnostik ebenso sozialisations- und entwicklungsrelevante Aspekte der ganzen Person mit ein. Insofern werden der in der JVA Ottweiler durchgeführten Basisdiagnostik auch die Sozialanamnese, kognitiv-intellektuelle Fähigkeiten, bestimmte Bildungsaspekte sowie Kompetenzen im motorischen Bereich zugeordnet.

Neben der ressourcenorientierten Zielrichtung werden gleichzeitig auch Analysebereiche hinsichtlich bestehender Risikofaktoren untersucht. Diese betreffen primär die Delinquenzentwicklung sowie Sucht-, Sexual- und Gewaltanamnese.

Somit wird bereits im Vorfeld von Behandlungsmaßnahmen ein möglichst weites Feld von Auffälligkeiten und Besonderheiten im Verhalten und der Persönlichkeit eines jedes Gefangenen erfasst. Durch die Einbeziehung aller Dienste wird es möglich, ein umfassendes und differenziertes Bild des Jugendlichen zu erstellen, welches die Grundlage für die weitere Vollzugsgestaltung bildet. Hinsichtlich der sich zumeist komplex darstellenden Problemfelder wird eine realistische Interventionsprognose erstellt, und es werden individuelle Vollzugsziele festgelegt, die mit den vorhandenen Förder- und Behandlungsinstrumentarien erreichbar erscheinen.

Physische und psychologische Diagnostik

Die Eingangsdiagnostik dient bereits dazu, bestimmte Auffälligkeiten – wie beispielsweise mangelnde Körper- und Haftraumhygiene, impulsives oder aggressives Auftreten, motorische oder kognitive Einschränkungen, Antriebslosigkeit oder nicht zuletzt suizidale Gefährdung – zu erkennen und bei entsprechenden Tendenzen rechtzeitig vorzubeugen sowie den psychologischen und medizinischen Dienst in seiner Diagnostik zu unterstützen. Dadurch wird ein professioneller Umgang mit physisch oder psychisch erkrankten Häftlingen gewährleistet und letztlich auch die Haftfähigkeit des Einzelnen überprüft.

Durch die unmittelbar nach der Inhaftierung einsetzende medizinische Diagnostik lassen sich Erkrankungen jeglicher Art feststellen, die gleichwohl eine akute Gefährdung des Erkrankten selbst als auch seines Umfeldes darstellen könnten. Lebensbedrohliche Krankheiten können durchaus auch bei jugendlichen Straftätern vorkommen, insbesondere infolge der Ansteckung bei Rauschmittelkonsum. Hinsichtlich der psychischen Auffälligkeiten bilden die beim Strafantritt bereits erkannten und im elektronischen Erhebungsbogen dokumentierten Verhaltensmerkmale eine erste Grundlage für weitere Behandlungsmaßnahmen sowie eine spezielle psychologische Diagnostik, die im weiteren Vollzugsverlauf je nach Bedarf ergänzt werden kann. Dabei liegt neben der Erhebung normalpsychologischer Merkmale ein Schwerpunkt auf einer differenzierten Betrachtung verschiedenartigster psychischer oder persönlichkeitsrelevanter Akzentuierungen, Störungen und Krankheitsbilder.

Die im Vollzugsplan dokumentierten Ergebnisse medizinischer und psychologischer Diagnostik und therapeutisch-behandlerischer Maßnahmen fließen – unter Beachtung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben – später auch in den Nachsorgebereich mit ein, um eine weitergehende bedarfspezifische Betreuung nach der Entlassung zu ermöglichen und abrupte Übergänge im Behandlungsverlauf zu vermeiden. Zudem dienen die Informationen als Grundlage einer weiteren Kooperation mit externen Psychologen, Psychotherapeuten und Psychiatrien.

Sozialanamnese

Einen wesentlichen Bestandteil der Basisdiagnostik bildet die Sozialanamnese. Hierbei wird in erster Linie die Biographie des Gefangenen in allen relevanten Details aufgearbeitet, wobei Fragen der persönlichen Entwicklung, der familiären Strukturen und des unmittelbaren gesellschaftlichen Kontextes sowie des Freizeitverhaltens im Vordergrund stehen. Teile der Sozialanamnese werden auch als Auffälligkeiten bereits frühzeitig in der Untersuchungshaft dokumentiert.

Ziel ist eine umfassende Rekonstruktion des bisherigen Lebensverlaufs unter Herausarbeitung zentraler Faktoren, die die gesamte kriminelle Entwicklung maßgeblich beeinflusst haben. Dabei ist zu beachten, dass die Häftlinge meist aus einem sozialen Umfeld stammen, in denen gesellschaftliche Normen nur sehr gering internalisiert worden sind. Nicht selten zeichnet sich ihr soziales Umfeld gerade durch Desintegration aus. Die Sozialanamnese bildet insofern eine entscheidende Grundlage für das Verständnis der jeweiligen Ursachen von Delinquenz und steht damit ganz am Beginn der individuellen Förderplanung.

Die Biographieaufarbeitung findet vor allem in Einzelgesprächen mit den Fachdiensten – insbesondere mit dem Sozialdienst der „Zugangsabteilung" – statt. Dabei wird durchaus auch auf Erfahrungswerte anderer Institutionen, die bereits im Vorfeld des Strafvollzuges involviert waren, zurückgegriffen. Bestandteil der Sozialanamnese ist ebenfalls, das Suchtverhalten nach den standardisierten ICD-10-Kriterien zu diagnostizieren und einzustufen. Die Ergebnisse der Sozialanamnese und der drogendiagnostischen Befunde werden im elektronischen Vollzugsplan dokumentiert und allen am Behandlungsprozess Beteiligten zugänglich gemacht.

Persönlichkeitsdiagnostik

Parallel zur Sozialanamnese erfolgt durch den Psychologischen Dienst eine Persönlichkeitsdiagnostik. Anhand von Verhaltensbeobachtungen, standardisierten Testverfahren in Form von Persönlichkeitstests sowie gezielter Exploration werden Persönlichkeitseigenschaften erfasst, die sich in der Lebensgeschichte der Gefangenen als Anpassungsversuch an die gegebenen Umweltbedingungen entwickelt haben und die ebenso das gegenwärtige und zukünftige Erleben und Verhalten maßgeblich generieren. Bei diesen Verhaltensdispositionen handelt es sich meist um Merkmale, welche den individuellen Charakter des Gefangenen beschreiben und sich zeitlich relativ stabil darstellen. Neben Faktoren wie Lebenszufriedenheit, sozialer Orientierung, Offenheit, Extraversion und Neurotizismus werden auch forensisch hoch relevante Aspekte wie spontane Aggressivität, reaktive Aggressivität, Aggressionshemmung sowie Erregbarkeit erfasst. Eine dezidierte Analyse der Täterpersönlichkeit spielt im Rahmen der Tataufarbeitung eine unabdingbare Rolle bei dem Prozess des Verstehens und Nachvollziehens der Delinquenz und ist somit Basis für weitere vollzugliche Entscheidungen wie die Zuweisung geeigneter und individuell auf den Häftling abgestimmter Behandlungsmaßnahmen.

Die Beschreibung der Persönlichkeit bewegt sich dabei in der Regel im normalpsychologischen Bereich; es sind jedoch zunehmend – selbst im Regelstrafvollzug – auch pathologische Profile zu beobachten.

Kognitiv-intellektuelle Fähigkeiten und Bildungsniveau der jugendlichen Gefangenen

Ebenso unverzichtbar, zumindest für den Bereich des Jugendstrafvollzuges, ist im Rahmen der Basisdiagnostik eine Feststellung der für den Bildungsbereich relevanten Kompetenzen. Dazu werden zunächst die kognitiv-intellektuellen Fähigkeiten aller der Anstalt zugehenden jugendlichen Gefangenen anhand von standardisierten Testverfahren zur Ermittlung eines Intelligenzquotienten überprüft. Hierzu stehen mehrere Testinstrumente zur Verfügung, wobei sich angesichts der sich kontinuierlich verändernden Gefangenenklientel in den letzten Jahren solche Verfahren als sinnvoll erwiesen haben, die durch ihre spezielle Konzeption den jeweiligen individuell-spezifischen ethnisch-kulturellen Hintergrund der einzelnen Testkandidaten als zu vernachlässigende Komponente berücksichtigen. Insofern wird das rein intellektuelle Leistungsvermögen überwiegend mit einem sprachfreien, so genannten "Culture-Fair"-Testverfahren durchgeführt.

Allgemein anerkannte Testmethoden dieser Art bieten darüber hinaus auch die Möglichkeit, sprachliche und mathematische Basiskompetenzen in standardisierter Form zu erfassen, wodurch zunächst eine erste Grundeinschätzung des schulischen Leistungsniveaus ermöglicht wird. Hinsichtlich der Entscheidung, für welche Bildungsmaßnahme ein Gefangener letztlich geeignet ist, kommen in Anschluss weitere speziell auf das Qualifizierungsangebot abgestimmte Überprüfungen zum Einsatz.

Gefangene mit Migrationshintergrund, deren konsequenter Erwerb der deutschen Sprache sich nicht durch das reguläre Durchlaufen des deutschen Schulsystems nachweisen lässt und die augenscheinlich über erhebliche Sprachdefizite verfügen, werden in einem ebenfalls standardisierten Testverfahren auf ihre Deutschkenntnisse hin überprüft und nach bundesweit anerkannten Qualifikationskriterien, die auch bei der Entscheidung über eine Einbürgerung relevant sind, eingestuft.

Neben den ermittelten Bewertungen und Einstufungen lassen sich anhand solcher Testabläufe natürlich auch differenzierte Beobachtungen hinsichtlich des Konzentrationsvermögens, der generellen Motivation und des Sozialverhaltens ableiten, die – wie alle anderen Ergebnisse auch – als Grundlage der Bedarfsermittlung in den elektronischen Vollzugsplan einfließen.

Diese Verfahrensweise nach standardisierten Methoden wird ergänzt durch pädagogische Zugangsgespräche, in denen mit jedem einzelnen Gefangenen die jeweilige schulisch-berufliche Biographie in allen relevanten Details aufgearbeitet wird. Da die schulische Laufbahn in den weitaus überwiegenden Fällen von Misserfolgen gekennzeichnet ist, gilt es insbesondere, die jeweiligen Brüche in den einzelnen Entwicklungsverläufen sowie die Ursachen bisherigen Scheiterns klar herauszustellen, da sie die zentralen Stellen sind, an denen eine künftig erfolgsorientierte Behandlung ebenso ansetzen muss, wie es auf bereits vorhandenen Kompetenzen und erreichten Qualifikationen aufzubauen gilt. Die einzelnen Verlaufsanalysen machen deutlich, dass die Gründe für gravierende Bildungsdefizite in der Regel nicht ausschließlich im schulischen Bereich zu finden sind, sondern in engem Zusammenhang mit anderen Ursachen der Delinquenzentwicklung zu betrachten sind. Insofern fließen auch alle den Bildungsbereich betreffenden Befunde in die Vollzugsplanung ein.

Handwerklich-motorische Kompetenzen

Neben den geistigen Voraussetzungen sind die handwerklich-motorischen Fähigkeiten und praktischen Vorkenntnisse von ebenso wichtiger Bedeutung für ein bedarfsgerechtes und möglichst langfristig angelegtes Förderangebot. Nur ein verschwindend geringer Anteil der jugendlichen Inhaftierten verfügt über berufliche Vorerfahrungen, an die sich problemlos anknüpfen ließe. Das bedeutet jedoch nicht, dass entsprechende Fähigkeiten nicht grundsätzlich vorhanden wären. Diese werden mit dem standardisierten handwerklich-motorischen Eignungstest "hamet 2" überprüft, der speziell für Jugendliche entwickelt wurde, deren Integration in die Berufswelt sich als schwierig erwiesen hat und der bundesweit auch von den Arbeitsagenturen anerkannt ist. Damit lassen sich nicht nur handwerkliche und auf die berufliche Eignung bezogene Basiskompetenzen, sondern auch die für den Arbeitsalltag notwendigen sozialen Kompetenzen ermitteln. Insofern spielen neben den rein praktischen Fertigkeiten auch Faktoren wie Motivation, Durchhaltevermögen, selbstständiges und strukturiertes Arbeiten, Sorgfalt, Zuverlässigkeit eine ebenso große Rolle wie Kommunikations-, Kooperations- und Kritikfähigkeit oder korrektes Verhalten, Frustrationstoleranz und Konfliktbewältigung.

Da dieses Testverfahren zeitlich umfangreich ist und der personelle und materielle Aufwand in angemessener Relation zum jeweiligen Nutzen stehen sollte, wurden besondere Zuteilungskriterien für die "hamet 2"-Testung erarbeitet, weil sie nicht als zwingend notwendig für alle Gefangenen erachtet wird. Demnach ist der Test für solche Gefangene verbindlich, die ein unterdurchschnittliches Ergebnis hinsichtlich ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit erzielt haben, die bislang ohne jegliche schulische oder berufliche Perspektive dastehen oder deren berufliche Eignung völlig unklar und fragwürdig erscheint. Darüber hinaus werden auch alle Gefangenen einbezogen, die der Arbeitstherapie zugeteilt sind.

Die Ergebnisse, die einen differenzierten Blick auf das handwerkliche Geschick und die für das Berufsleben benötigten Schlüsselqualifikationen erlauben, werden mit den Testkandidaten in Einzelgesprächen gemeinsam erläutert und hinsichtlich ihrer Relevanz für die weitere berufliche Perspektive erörtert. Dabei werden die im Test erbrachten Leistungen mit der Selbsteinschätzung eigener beruflicher Basiskompetenzen und selbst formulierten beruflichen Vorstellungen der Teilnehmer verglichen. Die erreichten Normwerte werden abschließend in den elektronischen Vollzugsplan eingetragen.

Die Untersuchungshaft, Jugend (Haus2)

Untersuchungshaft an männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden für das Saarland 

Die Untersuchungshaft dient neben der Verhinderung der Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr auch dazu sicherzustellen, dass der Beschuldigte in der Hauptverhandlung anwesend ist und das Hauptverfahren durchgeführt werden kann. Dabei trifft während der Untersuchungshaft  zunächst der zuständige Richter maßgebliche Entscheidungen über die Vollzugsgestaltung – beispielsweise bezüglich der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen und der Möglichkeit der Kommunikation mit Personen von außerhalb der Anstalt durch die Gewährung von Telefon- oder Besuchskontakten.

Während dieser Inhaftierungsphase ist in erster Linie der Sozialdienst Ansprechpartner für eine Vielzahl von Belangen, die den Gefangenen betreffen. Ein erstes Zugangsgespräch dient zunächst dazu, grundsätzliche biographische Informationen zu erfassen und die individuelle situative Befindlichkeit des Gefangenen einzuschätzen. Da die Inhaftierung - insbesondere wenn es sich um die erste handelt - und die Isolation vom gewohnten sozialen Umfeld für viele ein schockartiges Erlebnis mit hohen psychischen Belastungen darstellen, ist zur Stabilisierung der Persönlichkeit in den ersten Tagen eine verstärkte Beobachtung und Betreuung notwendig, vor allem auch um mögliche Autoaggressionen oder Gewalt gegen andere zu verhindern. Bei massiven Auffälligkeiten besteht jederzeit die Möglichkeit einer unmittelbaren professionellen Krisenintervention.

Neben diesen obligatorischen präventiven Maßnahmen zur Vermeidung der mit der Inhaftierung verbundenen Gefahr von persönlichen Krisen ist die Anstalt grundsätzlich um einen möglichst frühzeitigen Beginn von Maßnahmen im Sinne des langfristig angestrebten Resozialisierungszieles bemüht, wenngleich sich wegen des besonderen rechtlichen Status` des Untersuchungshäftlings hier zwangsläufig Einschränkungen ergeben. Dennoch darf auch im Interesse des Gefangenen das Angebot nicht zu spät einsetzen, damit die Zeit der Untersuchungshaft nicht nutzlos verstreicht. Je deutlicher sich zu Anfang eine längerfristige Verweildauer in der Anstalt abzeichnet, desto sinnvoller ist eine frühzeitige Vermittlung in Fördermaßnahmen. Dies betrifft insbesondere das schulisch-berufliche Bildungsangebot.

Aber auch ein Großteil weiterer Behandlungs- und Fördermaßnahmen steht Untersuchungshäftlingen grundsätzlich offen, sofern sie mit der U-Haft vereinbar sind.
Spätestens drei Wochen nach Zugang ist der schulisch-berufliche Förderbedarf erhoben und  die Sozialanamnese abgeschlossen. Parallel dazu werden weitere Bereiche der Basisdiagnostik so weit wie möglich bearbeitet. Aufgrund der in einem Erhebungsbogen sowie in gesonderten Berichten dokumentierten Ergebnisse wird in gemeinsamer Absprache der beteiligten Fachdienste eine Empfehlung für eine Arbeits-, Schul- oder sonstige Maßnahmezuteilung formuliert und deren baldige Umsetzung angestrebt. Im Anschluss wird der Gefangene auf der wöchentlich stattfindenden Vollzugsplankonferenz als Zugang vorgestellt. Das Ergebnis der Konferenz sowie die bisherigen Eintragungen auf dem elektronischen Erhebungsbogen bilden die Grundlage für den späteren Vollzugsplan nach Umsetzung in Strafhaft.

Der geschlossene Regelvollzug, Jugend (Haus 4)

Vollzug der Jugendstrafe an männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden für das Saarland im geschlossenen Bereich

 Nach Rechtskraft des Urteils wird der Gefangene in den geschlossenen Strafvollzug verlegt. Dort wird zunächst geprüft, ob noch weitere Verfahren gegen ihn anhängig sind. Gegebenenfalls wird auch der ausländerrechtliche Status geklärt. Da das Strafmaß bekannt ist und sich die voraussichtliche Verweildauer überschauen lässt, können jetzt langfristige Behandlungsmaßnahmen ansetzen, sofern sie nicht schon während der Untersuchungshaft begonnen haben. Der Gefangene ist nunmehr auch zur Mitwirkung und aktiven Beteiligung hinsichtlich des Erreichens des Vollzugszieles per Gesetz verpflichtet.
Die Erarbeitung des weiteren Vollzugsverlaufs erfolgt gemeinsam mit dem Gefangenen unter Berücksichtigung dessen eigener Zukunftsperspektiven und auf der Grundlage der Basisdiagnostik, die nunmehr vollständig abgeschlossen werden muss, da die Ergebnisse auch für die spätere Verlegung in den Wohngruppenvollzug oder für die Zuteilung zur sozialtherapeutischen Abteilung relevant sind.
Neben den schulischen Bildungsmaßnahmen stehen jetzt vor allem langfristige berufliche Qualifizierungsmaßnahmen in Form von vollständigen Berufsausbildungen im Zentrum des Angebotes. Je nach zu erwartender Verweildauer werden bei der Auswahl bereits spätere Arbeitsmarktperspektiven, Chancen für Anschlusslehrstellen oder die Möglichkeit, die Maßnahme nach der Entlassung in der Anstalt zu beenden, in Erwägung gezogen.
Ebenso werden spätestens nach Umsetzung in Strafhaft sinnvolle soziale Trainingsmaßnahmen und kriminaltherapeutische Behandlungen in die Wege geleitet. Dabei wird jegliche Teilnahme am breit gefächerten Behandlungs- und Förderangebot der Anstalt im elektronischen Vollzugsplan mit dem jeweiligen Erfolg dokumentiert und dient als Grundlage für dessen regelmäßige Fortschreibung durch die Vollzugsplankonferenz.

Die sozialtherapeutische Abteilung, Jugend (Haus1)

Die Sozialtherapeutische Abteilung (SothA) ist mit 10 Behandlungsplätzen in einem separaten Haus (Haus 1) untergebracht. Zielgruppe sind junge Gefangene, bei denen erhebliche Störungen in ihrer persönlichen und sozialen Entwicklung, massive Verhaltensauffälligkeiten oder weitere psychische sowie anderweitige Problembereiche unterschiedlicher Art vorliegen, die sich in ihren meist schweren Straftaten oder einer wiederholten, häufigen Straftatbegehung widerspiegeln. So erscheinen bei den aufzunehmenden Klienten die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen der SothA angezeigt, um das Rückfallrisiko zu minimieren, um so ein Leben in sozialer Verantwortung zu ermöglichen, indem an den kriminogenen und kriminovalenten Faktoren und dem spezifischen Behandlungsbedarf angesetzt wird. Das Behandlungsprogramm der SothA richtet sich vornehmlich an Sexual- und Gewaltstraftäter. Darüber hinaus besteht aber auch die Möglichkeit, Gefangene mit anderen Straftaten aufzunehmen. Eine Besonderheit der SothA in Ottweiler ist, dass hier auch Häftlinge aufgenommen werden, die eine Suchtmittelauffälligkeit aufweisen. Eine Aufnahmeempfehlung erfolgt bereits im Rahmen der ersten Vollzugsplanerstellung nach Zugang bzw. Übergang in Strafhaft anhand eines Kurzfragebogens, der Kriterien zur Sozialtherapieindikation enthält und von der Zugangsabteilung zur Anwendung gebracht wird.
Bedingung für eine Aufnahme ist die grundsätzliche Bereitschaft der Klienten, sich um eine Änderung ihrer Einstellungen und Verhaltensweisen bemühen zu wollen. Außerdem müssen sie über die kognitiven und sprachlichen Voraussetzungen zur Teilnahme an den Behandlungsprogrammen verfügen. Für Gefangene, bei denen andere Behandlungsmaßnahmen eine hinreichende Wirksamkeit erwarten lassen, ist eine Verlegung in die SothA nicht
angezeigt – ebenso bei solchen, die wegen schwerer psychiatrisch zu behandelnden Störungen anderer Hilfe bedürfen. Zudem sollte die verbleibende Strafzeit für eine intensive Sozialtherapie ausreichend sein. Gegen eine Aufnahme bzw. den weiteren Verbleib können natürlich auch sicherheitsrelevante Fragen sprechen oder wenn sich ein Kandidat als unbeeinflussbar und behandlungsresistent erweist.
Wird die prinzipielle Indikation für eine sozialtherapeutische Behandlung gestellt, so erfolgt die Aufnahme in die SothA zunächst auf Probe. Erste Voraussetzung für den Verbleib ist die Unterzeichnung einer Therapievereinbarung. In der Probezeit sollen sich der Klient als auch das Behandlungsteam darüber klar werden, ob eine Behandlung überhaupt sinnvoll erscheint.
Das Behandlungskonzept umfasst vielfältige Behandlungsmaßnahmen und -methoden, die im Sinne eines therapeutischen Gesamtkonzeptes aufeinander abgestimmt sind bzw. im jeweiligen Einzelfall abzustimmen sind. Grundsätzlich findet in der Sozialtherapeutischen Abteilung eine Teambehandlung statt. Dabei kann die Wohngruppe als ideales Lern- und Erlebnisfeld für soziales Verhalten verstanden werden. In diesem geschützten Rahmen bei gleichzeitiger therapeutischer Atmosphäre können individuelle Defizite erkannt, rückgemeldet und durch geeignete Interventionen bearbeitet werden. Neue, veränderte und z.B. im Rahmen der Therapie erlernte Verhaltensweisen können eingeübt und erprobt werden. Darüber hinaus gibt es spezifische Behandlungsmaßnahmen mit ihren jeweils vielfältigen Wirkfaktoren – u.a. die Gruppen- und die Einzelpsychotherapie. Zudem werden verschiedene Beratungs- und Trainingsmaßnahmen angeboten. Dabei wird eine kontinuierliche sozialpädagogische Begleitung gewährleistet.

Der offene- und Wohngruppenvollzug, Jugend (Haus8)

Vollzug der Jugendstrafe an männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden für das Saarland im Wohngruppen- und offenen Vollzug

Gefangene, die grundsätzlich lockerungsgeeignet und gruppentauglich sind, können per Beschluss der Vollzugsplankonferenz aus dem geschlossenen Regelvollzug, ggf. über eine Warteliste, in den Wohngruppenvollzug verlegt werden. Von dort aus können vollzugsöffnende Maßnahmen, sprich Außenlockerungen, gewährt werden. Bei Gewalt-, Sexual- und Drogendelikten bedarf es hierzu einer Eignungsfeststellung anhand eines psychologischen Gutachtens. Verlegungsvoraussetzung in den Wohngruppenvollzug ist überdies eine Beschäftigung innerhalb der Anstalt, wozu auch der Schulbesuch zählt.
Das Durchlaufen des Wohngruppenvollzuges ist zwar für alle geeigneten Gefangenen obligatorisch, dennoch wird niemand gegen seinen Willen dazu gezwungen, da die Ziele des Wohngruppenvollzuges ein notweniges Maß an Bereitschaft zur freiwilligen Mitarbeit erfordern. Allerdings resultieren aus einer Weigerung oder der Nichteignung erhebliche Nachteile für den weiteren Vollzugsverlauf, da die erfolgreiche Teilnahme am Wohngruppenvollzug die Voraussetzung zum Erreichen weiterer Lockerungsstufen bildet. Dabei sind insbesondere die Außenlockerungen, die einen möglichst nahtlosen Übergang in die Freiheit ermöglichen sollen, von Bedeutung, denn deren erfolgreiche Absolvierung stellt ihrerseits wiederum eine Vorstufe für eine bedingte vorzeitige Entlassung dar, die von nahezu allen Inhaftierten angestrebt wird.
Die Grundlage für einen Wechsel in den Wohngruppenvollzug bildet eine vertragliche Vereinbarung, in der sich der Gefangene zur aktiven Mitarbeit in der Wohngemeinschaft bereiterklärt – insbesondere zur Beteiligung an den Gemeinschaftsaufgaben sowie zur Teilnahme an diversen Freizeit- und Behandlungsmaßnahmen. Darüber hinaus verpflichtet er sich, sich im Rahmen der Deliktaufarbeitung mit den Gründen für seine Straffälligkeit auseinanderzusetzen und Perspektiven im Sinne der allgemeinen Resozialisierungsziele des Jugendstrafvollzugsgesetzes mit zu erarbeiten. Zudem erklärt der Gefangene seine Bereitschaft zur Akzeptanz der spezifischen Wohngruppenregeln, insbesondere jeglichen Verzicht auf Drogenkonsum und Gewaltanwendung. In einem gesonderten Vertragsanhang kann bei Bedarf eine Bereitschaft zur Aufarbeitung von speziellen Persönlichkeitsdefiziten, zur Verbesserung der schulischen oder beruflichen Qualifikation, zur Schuldenregulierung, zur Zusammenarbeit mit der Nachsorge oder zu ähnlichen auf das Vollzugsziel hin orientierten Aufgaben vereinbart werden. Wenn sich der Gefangene nicht an seine vertraglichen Verpflichtungen hält, droht ihm die Rückverlegung in den geschlossenen Vollzug.
Die tägliche Arbeit im Wohngruppenbereich zielt im Wesentlichen auf die Vermittlung sozialer Kompetenzen, das Aufarbeiten von Sozialisationsdefiziten, das Einüben von Rücksichtnahme in der Gemeinschaft und das Übernehmen von Eigenverantwortung im sozialen Miteinander ab. Dazu müssen die Teilnehmer bereit und in der Lage sein, sich mit eigenen problematischen Themen konfrontieren zu lassen und an konstruktiven Lösungsmöglichkeiten mitzuarbeiten. Um ihren Wohngruppenalltag im Sinne der vorgegebenen Ziele gestalten und ihre Entwicklungsfortschritte kritisch reflektieren zu können, erhalten die Gefangenen seitens der Anstalt professionelle Anleitung und fachliche Unterstützung. Der gesamte Prozess wird unterstützt durch regelmäßige Gruppengespräche, Tagesreflexionen sowie Einzelcoaching. Dabei werden die gelockerten Vollzugsbereiche, in denen sich der Gefangene bewähren muss, bei positivem Verlauf Schritt für Schritt erweitert. Dies beginnt bei Innenlockerungen innerhalb des Unterbringungsbereichs, reicht über begleitete Ausgänge bis hin zu Außenlockerungen in Form von Alleinausgängen und Urlaub und beinhaltet auch erlebnispädagogischen Maßnahmen außerhalb der Anstalt.
Der jeweilige Ablauf des Wohngruppenvollzuges wird für den einzelnen Gefangenen in Form von Berichten und Verlaufsnotizen dokumentiert und über den elektronischen Vollzugsplan in den einzelnen Vollzugsplankonferenzen – vor allem hinsichtlich weiterer Lockerungsschritte – fortgeschrieben.
Die größtmögliche Form von Außenlockerungen beinhaltet der offene Vollzug. Er dient einerseits der gezielten Entlassungsvorbereitung für Gefangene, die den zuvor geschilderten regulären Vollzug bereits durchlaufen haben und nun Schritt für Schritt wieder an ein Leben in Freiheit ohne weitere Straffälligkeit herangeführt werden. Dabei steht die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses oder der Beginn einer schulischen oder beruflich qualifizierenden Maßnahme außerhalb der Anstalt im Vordergrund. Dazu bedarf es weiterhin einer intensiven Betreuung des Gefangenen, da sich die ersten Schritte in ein eigenverantwortliches Leben in Freiheit meist nicht unproblematisch gestalten. Dies beinhaltet einerseits eine enge Zusammenarbeit zwischen der Anstalt und den jeweiligen Arbeitgebern, wobei die Anforderungen des Betriebes und die Vollzugsmodalitäten der Anstalt in einem speziellen Arbeitsvertrag in Einklang gebracht werden müssen. Andererseits gilt es, die während der Haft erworbenen personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen des Gefangenen weiterhin auf ihre Belastbarkeit im realen Arbeitsalltag hin zu stärken. Im Idealfall ermöglicht der offene Vollzug somit einen reibungslosen Übergang von der Inhaftierung in die Freiheit.

Die Aufnahmeanstalt offener Erwachsenenvollzug

Bedeutet offener Vollzug immer auch Freigang?

Die JVA Ottweiler ist Aufnahmeanstalt des offenen Vollzuges, d.h., die Ladung zum offenen Vollzug erfolgt gemäß Vollstreckungsplan des Saarlandes obligatorisch nach hier, sofern die dort beschriebenen Voraussetzungen vorliegen. Bei einem Selbststeller schließt sich eine Beobachtungsphase von vier Wochen an, bei dem von der Polizei zugeführten Gefangenen beträgt diese acht Wochen. Nach dieser Zeit wird im Wege eines Konferenzbeschlusses unter Leitung des Anstaltsleiters entschieden, ob zu diesem Zeitpunkt erste Lockerungen erteilt werden können, bzw. welche Voraussetzungen zur Erlangung derselben erfüllt sein müssen. Im Falle eines bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnisses soll nach Möglichkeit spätestens nach einer Woche über den Freigang entschieden sein, um das Arbeitsverhältnis nicht zu gefährden.

Wird eine Lockerungsentscheidung zugunsten eines Gefangenen getroffen, so wird er zur Teilanstalt Saarlouis verlegt und es ergeben sich mehrere Möglichkeiten:

  • Freigang (§ 38 (1) Nr. 4 SLStVollzG): hierzu zählen Beschäftigungen ohne Aufsicht eines Vollzugsbeamten. In der JVA Ottweiler bestehen solcherlei Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Landessportschule Saarbrücken, dem städtischen Bauhof Ottweiler und dem städtischen Bauhof Saarlouis
  • Freies Beschäftigungsverhältnis (§ 23 SLStVollzG): in diesem Fall besteht zwischen dem Gefangenen und seinem Arbeitgeber ein gewöhnlicher privater Arbeitsvertrag mit entsprechender Sozialversicherungspflicht. Der Gefangene steht somit im Verdienst und hat sich daher auch an den Haftkosten (Unterkunft und Verpflegung)  zu beteiligen.
  • Urlaub/Ausgang (§ 38 (1) Nr,2/3 SLStVollzG): dieser kann bei entsprechender Eignung auch ohne Beschäftigung gewährt werden.

Der Begriff des „offenen Vollzuges“ suggeriert, dass jeder Gefangene vom ersten Tage an das Gefängnis nach Belieben verlassen kann. Dem ist bei weitem nicht so: § 15 (2) und § 38 (6) des Saarländischen Strafvollzugsgesetzes des Strafvollzugsgesetzes und die hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften geben Kriterien an die Hand, in welchen Fällen die Gewährung von Außenbeschäftigung, Freigang und Ausgang gewährt werden kann.

Hierbei sind namentlich ungeeignet für solche Lockerungen Gefangene,

  • die erheblich suchtgefährdet sind
  • die bereits während des laufenden Freiheitsentzuges einmal entwichen sind
  • die aus ihrem letzten Urlaub nicht  zurückgekehrt sind
  • gegen die ein Ausweisungs- , Auslieferungs-, Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig ist
  • bei denen ein Missbrauch zu befürchten ist
  • bei denen ein negativer Einfluss auf Mitgefangene zu befürchten ist.

Insbesondere die Kriterien „Suchtgefahr“ und „offene Verfahren“ führen in der Praxis dazu, dass eine Mehrzahl der erwachsenen Gefangenen der JVA Ottweiler keine Lockerungen erhält. Dies resultiert häufig aus der Persönlichkeitsstruktur der hier untergebrachten Gefangenen. Beispielhaft sei hier die nicht bezahlte Ersatzfreiheitsstrafe genannt: bei demjenigen, bei dem die wirtschaftlichen Verhältnisse so schlecht sind, dass nicht einmal 200 € zur Vermeidung einer Haft gezahlt werden können, liegen regelmäßig auch sonstige Probleme, speziell im Drogen- und Alkoholbereich vor. Die JVA Ottweiler bietet hier durch einen großen Fremdbetrieb die Möglichkeit, Gefangene ohne Lockerungen innerhalb der Anstalt eine Beschäftigung zu geben und somit die Umstände der Haft zu verbessern.

Die Teilanstalt Saarlouis

Die Teilanstalt Saarlouis