Neuerungen im saarländischen Tierschutz
Tierschutz ist ein Staatsziel. Auch in der saarländischen Verfassung spiegelt sich der hohe Stellenwert des Tierschutzes wider. Neben den gesetzlich verpflichtenden Aufgaben verfolgt die Landesregierung einige Vorhaben, um den Tierschutz im Saarland zu stärken. Neu ist seit kurzem die Katzenschutzverordnung.
Umweltminister Reinhold Jost: Ein großer Gewinn für den Katzenschutz
Scheu und ohne Kontakt zu Menschen leben sie auf verwilderten Grundstücken oder verlassenen Industriegeländen. Sie sind die Nachkommen von nicht kastrierten Hauskatzen oder ausgesetzten, herrenlosen Tieren. Sie sind keine Wildtiere sondern stammen von der domestizierten Hauskatze ab, sind also nur schwer in der Lage, sich selbst zu versorgen. Das führt dazu, dass viele dieser verwilderten Katzen verletzt, schwach und krank sind sowie häufig auch Überträger von Krankheiten. Durch eine unkontrollierte Vermehrung nehmen diese Probleme weiter zu. Das saarländische Umweltministerium mit Umweltminister Reinhold Jost will diesem Tierleid ein Ende setzen. Im Saarland können nun Verordnungen zum Schutz freilebender Katzen vom Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz erlassen werden.
Die Fragen zur neuen Katzenschutzverordnung beantwortet Umweltminister Reinhold Jost:
Im Januar hat das Saarland nochmal einen großen Schritt im Bereich des Tierschutzes getan. Was genau hat das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz unternommen?
In der Fachsprache gesprochen, haben wir als die für den Tierschutz zuständige oberste Landesbehörde von der Ermächtigung des § 13 b Tierschutzgesetz (TierSchG) Gebrauch gemacht. Dieser Passus setzt fest, dass die Landesregierungen per Rechtsverordnung bestimmte Gebiete zum Schutz freilebender Katzen festlegen kann. Aber ich fange mal ein gutes Stück vor der Verordnung an. Wir haben – und dieses Problem stellt sich nicht nur im Saarland dar – Hot Spots, in denen verwilderte Hauskatzen leben, deren Anzahl immer weiter zunimmt. Diese Tiere sind häufig krank, übertragen Krankheiten und müssen Kälte, Schmerz und Hunger erleiden. Diesem Tierleid wollen wir mit einer sogenannten Katzenschutzverordnung ein Ende bereiten, in dem wir den unkontrollierten freien Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen beschränken. Je größer die Katzenpopulation wird, desto größer wird auch das Ausmaß an Krankheiten und Leiden. Deswegen müssen wir der weiteren Ausweitung schnell Einhalt gebieten und möglichst früh Maßnahmen ergreifen. Dazu werden wir uns die Gebiete anschauen, in denen Kolonien freilaufender, verwahrloster Katzen leben, die unkontrollierte Fortpflanzung einschränken und ihnen gegebenenfalls auch ein neues Zuhause zu geben, wenn dies denn noch möglich ist. Für den Tierschutz im Saarland ist das ein großer Gewinn!
Eine Katzenschutzverordnung ist ja im Grunde nicht neu. Es gibt bereits einige Bundesländer, die Kastrationspflichten eingeführt haben. Dennoch hat das Saarland mit seiner neuen Verordnung in diesem Bereich ein Alleinstellungsmerkmal. Was ist das Besondere daran?
Tierschutz hat auf Landesebene immer schon eine große Rolle gespielt. Das Ministerium unterstützt bspw. die Tierheime an vielen Stellen. Sie leisten eine unentbehrliche Arbeit für unsere Tiere und entlasten die Kommunen dabei. Und so haben wir es auch bei der Katzenschutzverordnung gehandhabt. Das Besondere daran ist, dass wir uns als Land um die Ausweisung von Katzenschutzgebieten und das Leben dieser freilebenden Katzen kümmern. Viele Bundesländer haben eine Katzenschutzverordnung auf kommunaler Ebene geregelt. Dort sind es dann die Städte und Gemeinden, die Lösungen in diesem Bereich finden müssen. Das funktioniert mal mehr und mal weniger gut. So haben wir als Land künftig die Zuständigkeit in diesem Bereich und halten nicht nur ein Auge auf die Population freilebender Katzen sondern auch eine Hand über das, was in den Katzenschutzgebieten passiert. Begleitet werden wir dabei von Tierschutzverbänden und Tierärzten. Dafür sind für die Jahre 2021 und 2022 insgesamt 200.000 Euro im Haushalt eingestellt worden.
Wie muss man sich das Vorgehen zur Ausweisung eines Katzenschutzgebietes vorstellen?
Bürgerinnen und Bürger, Städte, Gemeinden oder Tierschutzorganisationen melden dem Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) als zuständiger Vollzugsbehörde einen eventuellen Hot Spot verwilderter Katzen. Darauf erfolgt eine Überprüfung durch die Veterinärbehörden vor Ort. Da die Problematik regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, müssen die Verordnungen an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Dabei entscheidet und begründet das LAV jeweils im Einzelfall. Bestätigt das LAV das Vorliegen eines Hot Spots, kann die Katzenschutzverordnung dann nach einer Vorlaufzeit von mehreren Wochen, die der Bekanntmachung und Öffentlichkeitsarbeit dient, in einem bestimmten Geltungsbereich erlassen werden. Dieser Geltungsbereich bezieht sich auf eine Kernzone von etwa zwei Kilometern. Das ist der Radius, in dem sich Katzen üblicherweise bewegen. Das LAV setzt sich nach Erlass einer Katzenschutzverordnung mit den örtlichen Tierschutzorganisationen in Verbindung. Die lassen die Kastrationen im Saarland in Zusammenarbeit mit Tierärzten durchführen: einfangen, registrieren, kastrieren und chippen lassen, freilassen oder falls möglich auch vermitteln und ein neues Zuhause für sie finden. Tiere, die wegen ihrer starken Verwilderung nicht vermittelt werden können, werden vor Ort wieder freigelassen.
Für die Tierschutzorganisationen ist dieses Vorgehen eine wichtige Entlastung. Denn nicht nur, dass sie sich beim Fangen und Kastrieren von Katzen in einem rechtlichen Graubereich bewegt haben, sondern auch weil sie häufig auf den Kosten für eigens initiierte Kastrationen sitzen geblieben sind.
Und was ist mit den Katzen, die eine Familie haben und Freigänger sind in diesem Gebiet?
Katzen von Privathaltern dürfen in diesem Gebiet und Zeitraum nur kastriert und registriert Freilauf erhalten. So soll gewährleistet werden, dass für Mieze nicht ein neues Zuhause gesucht wird, während ihre Familie auf ihr Heimkommen wartet.
Für die Tierheime bedeutet das ja auch Entlastung. Gerade kleine Kätzchen brauchen immer besonders viel Pflege und Zuneigung.
Tierheime sind meist mehrfach im Jahr mit Katzenbabys überfüllt. Gerade kleine Kätzchen brauchen viel Pflege und Kontakt zu Menschen, das bedeutet also auch viel Arbeitskraft. Haben wir eine unkontrollierte Vermehrung eingedämmt, so werden auch wieder mehr Ressourcen frei für die Vermittlung der anderen Tiere. Damit entlasten wir die Tierheime bei ihrer Arbeit und wollen auch Platzprobleme lösen.
Tierschutz hat im Saarland einen hohen Stellenwert. Die neue Katzenschutzverordnung ist nicht das Einzige, was das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz in diesem Bereich umgesetzt hat?
Seit März 2010 tagt einmal monatlich der Runde Tisch Tierschutz. Neben Vertretern des Ministeriums und der Tierschutzstiftung Saar nehmen Vertreter von vier landesweit tätigen Tierschutzvereinen und -verbänden teil. Wir diskutieren dort aktuelle saarländische Tierschutzthemen, ergebnisoffen und immer um einen guten Kompromiss bemüht.
Für Tiere in Not haben wir verschiedene Auffangstationen gegründet. Seit 2008 gibt es in Eppelborn eine Auffang- und Pflegestation für Säugetiere als Ergänzung zu den verschiedenen anerkannten Vogelauffangstationen. Dort können sich Tierretterinnen und –retter hinwenden, wenn sie ein verletztes oder krankes Säugetier gefunden haben. Wir sind in einem regen Austausch mit den Natur- und Tierschutzverbänden, das ist mir wichtig, um immer up to date zu sein und den Tierschutz im Saarland auf eine breite Basis zu stellen.