Tarifbindung und Arbeitsvertrag
Ist ein Arbeitgeber selbst Tarifvertragspartei oder Mitglied in einem Arbeitgeberverband, muss er die tariflich ausgehandelten Bedingungen für alle gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anwenden:
- § 3 Abs. 1 TVG: "Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrages ist."
- § 4 Abs. 1 TVG besagt: "Die Rechtsnormen des Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen."
Tarifverträge gelten nur dann für alle Firmen und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs und damit auch für nicht organisierte Unternehmen eines Wirtschaftszweiges und nicht bei den Gewerkschaften organisierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn eine Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) ausgesprochen wurde.
Tarifverträge gelten gesetzlich nicht zwingend für:
- nichtorganisierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem Betrieb, der Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist,
- nichtorganisierte und gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Betrieb, der nicht selbst Tarifvertragspartei und nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist (in diesen Fällen kann die Geltung des Tarifvertrages aber einzelvertraglich vereinbart werden).
Die Tarifbindung entsteht - soweit ein Tarifvertrag abgeschlossen ist - mit dem Beitritt zum Arbeitgeberverband bzw. zur Gewerkschaft. Die Bindung endet nicht mit dem Austritt aus dem Verband, sondern erst mit dem Ende der Gültigkeit entsprechender Tarifverträge. Regelungen zu betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen gelten bereits dann, wenn nur der Arbeitgeber tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 2 TVG). Auf eine Tarifbindung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommt es in diesen Fällen nicht an. Im Tarifvertrag selbst kann eine mögliche Abweichung von den tarifvertraglichen Mindestnormen für Löhne und Gehälter vorgesehen sein. Nur dann sind z.B. niedrigere Einstiegslöhne für einen bestimmten Arbeitnehmerkreis möglich. Im übrigen ist ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig (§ 4 Abs. 4 TVG).
In einzelnen Unternehmen können Betriebsvereinbarungen über Regelungstatbestände, die tarifvertraglichen Regelungen vorbehalten sind, nur dann abgeschlossen werden, wenn der Tarifvertrag ausdrücklich ergänzende Betriebsvereinbarungen zulässt (§ 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz). Parteien des Einzelarbeitsvertrages, die tariflich ungebunden sind, können die Anwendung bestehender Tarifverträge vereinbaren.
Beim Abschluss von Einzelverträgen sind verschiedene Dinge zu beachten. So wird der Arbeitgeber mit dem Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen vom 20. Juli 1995 (kurz "Nachweisgesetz") verpflichtet, der Arbeitnehmerseite bis spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses eine, von ihm unterzeichnete Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen auszuhändigen. Werden die Arbeitsbedingungen geändert, muss die Arbeitnehmerseite erneut schriftlich unterrichtet werden. Der schriftliche Nachweis gilt vor allem der Rechtssicherheit bezüglich des Inhalts des Arbeitsverhältnisses.
Zu den wesentlichen Vertragsbedingungen gehören:
- Bezeichnung der Vertragsparteien,
- Zeitpunkt des Beginns und Endes,
- bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer,
- mindestens eine allgemeine Tätigkeitsbeschreibung,
- die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich Zuschlägen, Zulagen, Prämien etc. und deren Fälligkeit,
- die vereinbarte Arbeitszeit,
- die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
- die Kündigungsfristen und
- ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.
Von diesem Gesetz ausgenommen sind sogenannte "Aushilfskräfte", deren Gesamtbeschäftigungsdauer 400 Jahresstunden nicht übersteigt und hauswirtschaftliche, erzieherische oder pflegerische Tätigkeiten in einem Familienhaushalt im Ramen der sogenannten "geringfügigen Beschäftigung" (§8 Abs. 1 SGB IV).
Für eine umfassende Gestaltung und Beurteilung eines Arbeitsvertrages werden also in der Regel - soweit zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbart und in Kraft gesetzt - alle Tarifverträge der Branche bzw. des Beschäftigungs-Betriebes benötigt: z. B. Lohn- und Gehaltstarifvertrag, Rahmentarifvertrag, Manteltarifvertrag oder in manchen Fällen der Haustarifvertrag.