Partner vereinbaren Programm zur Bekämpfung des Fachkräftemangels im Gastgewerbe
Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde ein Programm unterzeichnet, um dem wachsenden Fachkräftemangel in der Hotel- und Gastronomiebranche entgegenzuwirken
Erstmals hat sich ein Bündnis aus Ministerium, Bundesagentur für Arbeit, Kammern, Gewerkschaft und Verbänden darauf verständigt, übergreifende Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Hotellerie und Gastronomie durchzuführen.
Mit dem Ziel, dem wachsenden Fachkräftemangel in der Hotel- und Gastronomiebranche entgegenzuwirken, hat Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes, dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Saarland (DEHOGA), der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststättenverband (NGG) Region Saar sowie der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit (RD RPS) ein gemeinsames Arbeitsprogramm vereinbart. Im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag, 12. Dezember, unterzeichneten die Programmpartner, neben Anke Rehlinger Dr. Heino Klingen (IHK), Gudrun Pink (DEHOGA), Mark Baumeister (NGG) und Heidrun Schulz (RD RPS), das Programm und stellten einzelne Ziele daraus den Vertreterinnen und Vertretern der Presse vor.
„Der Tourismus gehört zu den Jobmotoren an der Saar“, so die Ministerin. „Die Branche ist eine tragende Säule unseres Strukturwandels und wir wollen sicherstellen, dass das auch so bleibt. Deshalb war es uns wichtig, die Akteure auf Seiten des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes ebenso wie die Betriebe mit ins Boot zu holen und Maßnahmen zu erarbeiten. Mit unserem gemeinsamen Programm sind wir bundesweit Vorreiter: Erstmals hat sich ein Bündnis aus Ministerium, Bundesagentur für Arbeit, Kammern, Gewerkschaft und Verbänden darauf verständigt, übergreifende Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Hotellerie und Gastronomie durchzuführen. Eines der wichtigsten Ziele unseres Arbeitspapiers lautet, die Qualität der Ausbildung zu steigern. Außerdem wollen wir das Arbeitsumfeld im Gastgewerbe insgesamt attraktiver machen.“
Der Tourismus ist für das Saarland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Er generiert einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro und bietet 33.000 Personen Beschäftigung. Der touristische Einkommensbeitrag beläuft sich auf 629 Mio. Euro, was 2,8 Prozent des saarländischen Volkseinkommens entspricht. Von 2010 bis 2018 wuchs die Anzahl der Übernachtungen um 41,8 Prozent auf rund 3,1 Mio. Mithilfe der Tourismuskonzeption soll die Übernachtungszahl bis 2025 noch auf 3,3 Mio. steigen; der touristische Einkommensbeitrag auf 700 Mio. Euro klettern. Mit der wachsenden Zahl von Touristen und dem immer breiter werdenden touristischen Angebot erhöht sich auch die Nachfrage nach Fachkräften in der Branche – und das, obwohl sie ohnehin schon unter dem Fachkräftemangel leidet. Das verdeutlicht auch der Blick auf den Ausbildungsmarkt: Die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Gastgewerbe ist von 2010 bis 2017 um 35,5 Prozent gesunken, während der Rückgang über alle Branchen mit 20,4 Prozent deutlich geringer ausfällt. Die stärksten Rückgänge sind im Bereich Hotelkaufmann/-frau mit über 53 Prozent zu verzeichnen. Insgesamt gibt es in der Branche immer weniger Bewerberinnen und Bewerber bei immer mehr unbesetzten Ausbildungsstellen.
Eines der gemeinsamen Oberziele ist es daher, mehr Jugendliche für einen gastgewerblichen Ausbildungsberuf zu begeistern und das Image der Hotellerie und Gastronomie als attraktiver Arbeitgeber zu stärken. Dazu planen die Projektpartner eine Werbetour in allen saarländischen Landkreisen und Infotage an berufsbildenden Schulen. Auch sollen die Möglichkeiten, Schnupperpraktika im Gastgewerbe zu absolvieren, ausgeweitet werden.
Für Auszubildende der Branche, aber auch für Menschen, die sich zunächst für einen Beruf in der Hotellerie oder Gastronomie interessieren, soll ein Online-Ausbildungsportal entstehen, das Beratungs- und Hilfsangebote bereithält. Darüber hinaus mahnen die Projektpartner an, die Ausbildungsberatung personell zu verstärken. Bislang kümmern sich lediglich vier Beraterinnen und Berater der IHK um 270 aktive Ausbildungsbetriebe. Zur weiteren Unterstützung der Auszubildenden im Gastgewerbe sollen daher zusätzliche Ausbildungsangebote an den Berufsschulen geschaffen werden. Ministerin Rehlinger signalisierte, solche Zusatzangebote mit Landesmitteln fördern zu wollen.
Neben der Ausbildungsoffensive kommt der tariflichen Gestaltung der betrieblichen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gastgewerbe eine hohe Bedeutung zu. Dementsprechend werden die Tarifparteien DEHOGA Saarland und NGG auch zukünftig ihre Verhandlungen führen.
Das Programm gegen den Fachkräftemangel in der Hotellerie- und Gastronomiebranche geht zurück auf einen 10-Punkte-Plan, den die Wirtschaftsministerkonferenz (WMK) 2018 unter Leitung von Ministern Anke Rehlinger verabschiedet hat. Dieser schlägt konkrete Maßnahmen vor, um auf Bundesebene in einer gemeinsamen Aktion von Betrieben, Branchenorganisation, Politik und Verwaltung dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Auf Landesebene wurde daraufhin eine Facharbeitsgruppe beauftragt, Vorschläge für landespezifische Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels im Saarland im Hotel- und Gaststättengewerbe zu unterbreiten.
Diese liegen nun in Form des gemeinsam vereinbarten Programms vor und bilden den Rahmen für die weitere Zusammenarbeit der Partner.
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Heino Klingen sagte auf der Pressekonferenz: „Die Bekämpfung des Fachkräftemangels im Hotel- und Gaststättengewerbe ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit in der beruflichen Ausbildung. Mit unserer Ausbildungsakademie bieten wir unseren Unternehmen sechs bis acht Mal im Jahr einen Informations- und Erfahrungsaustausch an. Zudem setzen sich unsere Ausbildungsberater in direktem Kontakt mit den Unternehmen vor Ort für weitere Qualitätsverbesserungen der Ausbildung ein. Damit sind wir Ansprechpartner für die Auszubildenden und die Unternehmen. Derzeit sind wir dabei, ein Ausbildungsportal aufzubauen, um den Kontakt zu Betrieben und Auszubildenden noch zu verstärken.“
Gudrun Pink, Präsidentin des DEHOGA Saarland stellte heraus: „Das Gastgewerbe trägt maßgeblich zur Lebensqualität und Standortattraktivität bei. Die Branche ist ein unverzichtbarer Teil des öffentlichen Lebens. Ihre Bedeutung speist sich nicht nur aus ihrer Wirtschaftskraft und Dynamik. Sie leistet darüber hinaus wertvolle Beiträge zum sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es, dass sich unser Sozialpartner NGG, die IHK, die Bundesagentur für Arbeit und das Wirtschaftsministerium dem auch im Saarland bereits massiv spürbaren Fachkräftemangel gemeinsam mit uns entgegenstellen möchten. Dies ist auch ein Ausdruck der Wertschätzung, die unsere Branche und den in ihr arbeitenden Menschen gebührt.“
Mark Baumeister, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Region Saar, zeigte sich mit erarbeiteten Programm zufrieden: „Wir sind froh, dass unser Vorschlag gehört wurde und nun alle wesentlichen Akteure für das saarländische Hotel- und Gaststättengewerbe gemeinsam die Entwicklung der Branche gestalten wollen und sich auf verbindliche Maßnahmen geeinigt haben. Wir brauchen dringend engagierte Fachkräfte, aus unserer Sicht geht das nur mit guter Arbeit und Mitbestimmung durch Betriebsräte. Gemeinsam mit unserem Sozialpartner haben wir mit unseren Tarifverträgen eine tragfähige Basis hierfür geschaffen. Die Chance ist da, das Image der Branche durch Taten und Fakten zu verbessern.“
„Die Lebensbegleitende Berufsberatung bietet auch für das Hotel- und Gaststättengewerbe eine Möglichkeit, junge Menschen für eine Ausbildung in dieser Branche anzusprechen“, so Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit. „Die Lebensbegleitende Berufsberatung greift Bewährtes aus der bisherigen Berufsberatung und der Weiterbildungsberatung auf und entwickelt das Angebot zeitgemäß weiter. Sie bietet eine ganzheitliche und präventive berufliche Orientierung und Beratung. Im Berufsleben eines Menschen gibt es drei wesentliche Weichenstellungen: der Übergang von der Schule in Ausbildung und Studium, der Übergang von Ausbildung und Studium ins Erwerbsleben und die zunehmende Zahl der Übergänge im Erwerbsleben. Genau an diesen Weichenstellungen setzt die Lebensbegleitende Berufsberatung an.“
Mit dem Hotel Mercure in Saarbrücken wurde der Veranstaltungsort zur Unterzeichnung des gemeinsamen Programms bewusst gewählt: Das Mercure hat sich in der Hotel- und Gastronomiebranche auch einen Namen als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb gemacht und setzt so auch Akzente als attraktiver Arbeitgeber. „Das Hotel Mercure ist auch ein positives Beispiel dafür, wie verlässliche Ausbildungsbedingungen, faire Bezahlung und ein familienfreundliches Arbeitsumfeld zur Attraktivität eines Arbeitgebers beitragen“, so Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger. „Diese Wertschätzung schafft ein Betriebsklima, in dem sich die Fachkräfte gut aufgehoben fühlen“. Im Anschluss an die Pressekonferenz verlieh die Ministerin daher gemeinsam mit IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Heino Klingen und DEHOGA-Präsidentin Gudrun Pink das Gütesiegel TOP-Ausbildungsbetrieb. Das Gütesiegel wird durch eine unabhängige Jury an Betriebe vergeben, die sich durch ein besonderes Engagement in der beruflichen Ausbildung und eine hohe Zufriedenheit der Auszubildenden auszeichnen. Der Jury gehört neben einem Vertreter des DEHOGA und dem zuständigen IHK-Ausbildungsberater ein Vertreter der Berufsschule an. Teilnahmeberechtigt sind alle aktiven Ausbildungsbetriebe, die mindestens zwei Auszubildende erfolgreich zum Abschluss geführt haben. Grundlage der Auszeichnung bildet der Fragebogen zur Ausbildungsqualität in der saarländischen Hotellerie und Gastronomie.
Medienansprechpartner
Julian Lange
Pressesprecher und Referatsleiter M/6: Kommunikation, Medienarbeit, Redaktion
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