Projektbeschreibung
Untersuchungsumfang
Die Weiterentwicklung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im Saarland und in die angrenzenden Regionen, ist ein wesentlicher Bestandteil des Verkehrsentwicklungsplanes ÖPNV Saarland (VEP ÖPNV). Dieser beinhaltet den Ausbau des vorhandenen Regionalbahnnetzes zu einem S-Bahn-Netz, die Reaktivierung vorhandener Schienenstrecken und Verkehrsstationen für den Personennahverkehr sowie auch den gesamthaften bzw. teilweisen Neubau von Schienenstrecken und Verkehrsstationen für den SPNV.
Ziel des vorliegenden Projektes ist die Erstellung einer qualifizierten Machbarkeitsstudie, einschließlich einer Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Reaktivierung von Schienenstrecken und deren Integration in das Gesamtsystem für den Personennahverkehr im Saarland.
Im Rahmen der Machbarkeitsuntersuchung werden die nachfolgenden Inhalte betrachtet:
- Bestandsanalyse
- Ausarbeitung von möglichen Betriebskonzepten
- Ermittlung der erforderlichen Infrastruktur inklusive Kostenschätzung
- Berechnung der Verkehrsnachfrage mit Verlagerungseffekten
- Berechnung des zu erwartenden Nutzen-Kosten-Indikators nach der Methode der Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen des öffentlichen Personennahverkehrs (Version 2016+)
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden fünf Arbeitspakete definiert. Deren Leistungen sind nachfolgend gemäß Leistungsbeschreibung aufgelistet:
AP 100 – Projektmanagement
Das durch den Auftragnehmer durchzuführende Projektmanagement während der gesamten Projektlaufzeit beinhaltet unter anderem folgende Aufgaben:
- Sicherstellung der Einhaltung der Kosten- und Zeitpläne sowie des dem Auftraggeber zugesicherten Personalplans inklusive eines Ausfallkonzeptes (Abweichungen sind mit dem Auftraggeber unverzüglich abzustimmen)
- Vorbereitung und Durchführung der Sitzungen des projektbegleitenden Arbeitskreises (PAK) sowie dessen Protokollierung und Abstimmung mit dem Auftraggeber
- Sicherstellung der Erreichbarkeit seitens des Auftragnehmers für den Auftraggeber und Abstimmung mit dem Auftraggeber
- Sicherstellung der Qualität der ausgeschriebenen Leistung
AP 200 – Technische Machbarkeit der Reaktivierung
Zur Überprüfung der technischen Machbarkeit sind für alle Varianten folgende Punkte zu untersuchen:
- Bestandsaufnahme der bestehenden Infrastruktur (Gleisanlagen, Bauwerke, Haltepunkte, Bahnübergänge, Leit- und Sicherungstechnik, Bahnstromversorgung, ggf. Prüfung der Aufrüstung auf ETCS Level 2, sofern hier Kostenvorteile zu erzielen sind)
- Überprüfung des Trassenverlaufs und ggf. Neutrassierung einzelner Streckenabschnitte. Alternativen sind zu betrachten und daraus die Vorzugsvarianten zu entwickeln.
- Identifizierung des Sanierungs- und Ausbaubedarfs der bestehenden Infrastruktur (einschließlich Elektrifizierung und ggf. Lärmschutz), ggf. mit Betrachtung von Alternativen
- Analyse der intermodalen Verknüpfung an den Stationen (mit Pkw, Bus, Fahrrad, Fußwege) und Ermittlung des Ausbaubedarfs
- Im Falle des Aus- und Neubaus: Untersuchung der baulichen Voraussetzungen, Betrachtung verschiedener Alternativen, Auswahl und Darstellung der Vorzugsvariante (1:1000)
- Untersuchung möglicher (neuer) Stationen (Standorte, Einzugsgebiet, baurechtliche Voraussetzungen, Darstellung im Lageplan (1:1000), Zuwegungen, Ausstattung, Intermodale Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln). Alternativen sind zu betrachten und daraus die Vorzugsvarianten zu entwickeln.
- Ermittlung der erforderlichen Investitionskosten
AP 300 – Betriebskonzept
Ausarbeitung von Betriebskonzepten für die zu reaktivierenden bzw. neuen Strecken (ggf. alternativ für die verschiedenen betrachteten Ausbaualternativen):
- Begründete Auswahl eines Taktkonzeptes für die verschiedenen Verkehrszeiten unter Berücksichtigung der im VEP ÖPNV genannten Überlegungen
- Konzept für die Verknüpfung und Anschlussgestaltung innerhalb des SPNV-Netzes
- Vorschläge für die Anpassung des Buslinien-Netzes und die Gestaltung der Anschlüsse
- Ausarbeitung von Fahrplänen
- Ermittlung der erforderlichen Art und Anzahl der Fahrzeuge
- Ermittlung der jährlichen Betriebskosten (Mehr-/Minderaufwand gegenüber Status Quo, einschließlich Veränderungen bei den Buslinien)
Die Potenziale und Auswirkungen von Schienengüterverkehren auf den betrachteten Strecken sind zu benennen und abzuschätzen. Dabei soll berücksichtigt werden, inwiefern die einzelnen Varianten der Schienenverbindungen und Betriebsformen einen potenziellen Güterverkehr beeinflussen würden bzw. sollen jeweils Maßnahmen vorgeschlagen werden, um eine konfliktfreie Koexistenz von SPNV und Schienengüterverkehr zu ermöglichen. Mögliche Auswirkungen auf die Kosten und das NKV sind dabei zu beziffern.
AP 400 – Nachfrage-Prognose
Der Zeithorizont für die Prognose orientiert sich an dem zuvor ermittelten Zeithorizont für die Realisierung der Maßnahme(n), ggf. auch stufenweise. Für alle Prognosen und Berechnungen wird dem Auftragnehmer vom Auftraggeber das Verkehrsmodell des VEP ÖPNV Saarland zur Verfügung gestellt.
Es sind folgende Punkte zu betrachten:
- Absehbare Strukturentwicklung und Veränderung im Untersuchungskorridor, einschließlich absehbarer Maßnahmen im Verkehrsnetz (Maßnahmen im übrigen Schienennetz, Maßnahmen im Busnetz, Maßnahmen im MIV-Netz, Radverkehrs-Maßnahmen, allgemeine Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV)
- Betrachtung und Definition eines „Ohne-Falls“
- Nachfrage-Ermittlung für den „Ohne-Fall“ und die verschiedenen Planfälle
- Nachfrageveränderung als Folge der Strukturdatenänderung und anderer absehbarer Maßnahmen im Verkehrsnetz
- Nachfrageänderungen als Folge der Reaktivierung und aller begleitenden Maßnahmen (verlagerter Verkehr / Neuverkehr / Reiseweiten)
- Veränderung der Personenkilometer/Jahr für die Verkehrsmittel SPNV/Bus/Pkw/Rad
- Künftige Verkehrsbelastung auf den Schienenstrecken im Untersuchungsraum
- Nachfrage der Stationen (Ein-/Aussteiger)
- Nachfrage der intermodalen Elemente an den einzelnen Stationen (Umsteiger aus/in ÖPNV, Park-and-Ride, Bike-and-Ride)
- Ermittlung der zu erwartenden Erträge (Differenzen zu „Ohne-Fall“)
Technische Realisierung, Betriebskonzept und Nachfrage-Prognose sind gegenseitig voneinander abhängig und daher iterativ zu entwickeln.
AP 500 – Ermittlung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses nach der Standardisierten Bewertung
Für die verschiedenen Varianten und Variantenkombinationen, ggf. auch Ausbaustufen, sind auf der Basis der zuvor ermittelten Kosten und des Nutzens aus der Nachfrageveränderung jeweils Nutzen-Kosten-Verhältnisse (NKV) nach der Standardisierten Bewertung zu ermitteln.
Im Rahmen einer ergänzenden Sensitivitätsanalyse sind folgende Aspekte zusätzlich zu betrachten:
- Empfindlichkeit/Stabilität des NKV in Abhängigkeit der maßgeblichen Kosten- und Nutzen-Faktoren
- Einfluss weiterer, im standardisierten Verfahren nicht oder optional vorgesehener Parameter wie Güterverkehr, Kapazitätserweiterungen, Push-Maßnahmen, Flächenverbrauch, Lebenszyklusemissionen, intermodale Übergänge, Betriebsqualität, Resilienz, Wachstumsreserven, Nachverdichtungspotenziale, Siedlungsdruck, raumordnerische Aspekte, Erreichbarkeit, Daseinsvorsorge, Wider Economic Impacts. Die Vorgenannten Aspekte sind spezifisch für die betrachteten Strecken zu benennen sowie deren Wirkung und die Veränderung des NKV abzuschätzen.
- Besonders die Potenziale des Güterverkehrs sind auf allen Strecken zu betrachten und dessen Wechselwirkungen mit dem Personenverkehr sind abzuschätzen.
- Die Möglichkeit von Anschlussverbindungen ins benachbarte Ausland, deren Potenzial und Wirkungen sind grob abzuschätzen. Dies gilt besonders für eine mögliche Verlängerung der Rosseltalbahn nach Frankreich sowie für einen Lückenschluss der Bisttalbahn von Überherrn nach Falck zum französischen Eisenbahnnetz. Dieser Lückenschluss ist nicht nur für den Personenverkehr, sondern vor allem für den Güterverkehr interessant und soll daher eingehender im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse abgeschätzt werden.
Untersuchungsgebiet
Das Projekt umfasst folgende Schienenstrecken, welche im Verkehrsentwicklungsplan positiv bewertet wurden und somit für eine Reaktivierung in Frage kommen:
1. Saarbrücken – Fürstenhausen – Großrosseln („Rosseltalbahn“)
- a. Betrieb als Eisenbahn (EBO) auf der Eisenbahnstrecke zwischen Saarbrücken Hbf und Großrosseln mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff)
- b. Betrieb als Stadtbahn (EBO) mit Integration in das bestehende Saarbahn-Netz (EBO/BOStrab), alternative Führungen in Saarbrücken über vorhandene Gleise zum Hauptbahnhof mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff)
Die Möglichkeiten der Weiterführung/Integration in das S-Bahn-Netz oder das Saarbahn-Netz über Saarbrücken Hbf (EBO/BOStrab) hinaus sind aufzuzeigen und in das Betriebskonzept zu integrieren.
2. Überherrn – Völklingen/Fürstenhausen („Bisttalbahn“)
- a. Betrieb als Eisenbahn (EBO) auf der Eisenbahnstrecke zwischen Überherrn und dem Bahnhof Völklingen mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff). Die direkte Durchbindung nach Saarbrücken Hbf oder darüber hinaus ist mit zu betrachten. Bei dieser Variante soll zusätzlich das Potenzial für eine Reaktivierung der Köllertalstrecke, sowohl für den SPNV als auch für den Schienengüterverkehr, insbesondere für einen möglichen Verkehr zwischen den künftigen Gewerbestandorten Überherrn Linslerfeld und Heusweiler Laminate-Park betrachtet werden.
- b. Betrieb als Eisenbahn (EBO) auf der Eisenbahnstrecke zwischen Überherrn und Fürstenhausen mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff), mit direkter Durchbindung nach Saarbrücken in Verbindung mit Variante 1a.
- c. Betrieb als Stadtbahn (EBO) zwischen Überherrn und Fürstenhausen mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff), mit direkter Durchbindung nach Saarbrücken in das bestehende Saarbahn-Netz (EBO/BOStrab) in Verbindung mit Variante 1b.
In den Fällen der Varianten 2b und 2c ist die verkehrliche Verknüpfung der beiden Saarseiten zwischen Völklingen und Fürstenhausen jeweils gesondert zu betrachten und in die Variantendiskussion einzubeziehen.
In Bezug auf die Schienenverbindungen 1 und 2 ist eine mögliche Ausschleifung von der Strecke in Höhe des Haltepunktes Messebahnhof und eine Erschließung des neuen Entwicklungsgebietes auf dem ehemaligen Messegelände aufzuzeigen.
3. Merzig-Losheim (ehemalige Merzig-Büschfelder-Eisenbahn)
- a. Betrieb als Eisenbahn auf der Strecke Merzig – Losheim
- b. Betrieb als Eisenbahn auf der Strecke Merzig – Losheim mit Verlängerung nach Niederlosheim
Für beide Varianten ist die direkte Durchbindung nach Saarbrücken Hbf oder darüber hinaus mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff) zu betrachten. Die gegenseitigen Rückwirkungen auf den bestehenden Museumsbetrieb, der weiterhin bestehen soll, sind zu betrachten.
4. Dillingen / Saarlouis – Lebach-Jabach / Schmelz-Limbach – Wadern („Primstalbahn“)
- a. Betrieb von Schmelz-Limbach nach Dillingen oder Saarlouis oder zu beiden Orten
- b. Betrieb von Wadern über Schmelz-Limbach nach Dillingen oder Saarlouis oder zu beiden Orten, wobei in Wadern der Betrieb bis Dagstuhl und eine neue Schienenverbindung bis in die Ortsmitte alternativ zu betrachten sind
- c. Zusätzlich zu den Varianten 4a und 4b: Betrieb von Lebach-Jabach nach Körprich/Primsweiler mit Anbindung an die Eisenbahnstrecke Richtung Neunkirchen und Saarbrücken. Insbesondere ist hier auch die Infrastruktur auf der sich anschließenden eingleisigen Illtalbahn zu betrachten und in das Betriebskonzept mit aufzunehmen, sowie die bestehende Elektrifizierung zwischen Lebach und Lebach-Jabach der Saarbahn zu betrachten und ggf. anzupassen.
Für alle Varianten ist die direkte Durchbindung in das bestehende Eisenbahnnetz nach Saarbrücken Hbf oder darüber hinaus bzw. nach Niedaltdorf sowie in Variante 4c zusätzlich die direkte Durchbindung von der Illtalbahn aus Saarbücken Hbf bzw. Homburg (Saar) Hbf oder darüber hinaus mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff) zu betrachten. Außerdem sind die gegenseitigen Rückwirkungen auf den bestehenden Güterverkehr nach Schmelz-Limbach sowie der mögliche Güterverkehr zur Verknüpfung der künftigen Gewerbestandorte „Linslerfeld“ und „Laminate-Park“ über die Primstalbahn zu betrachten.
5. Homburg (Schwarzenacker) – Blieskastel („Bliestalbahn“)
- a. Betrieb als Eisenbahn bis Blieskastel-Lautzkirchen
- b. Durchbindung der Züge von Blieskastel-Lautzkirchen weiter nach St. Ingbert, Saarbrücken oder darüber hinaus
Die verschiedenen betrieblichen Möglichkeiten der Durchbindung nach Homburg bzw. Saarbrücken Hbf oder darüber hinaus in Kombination mit der ebenfalls zu reaktivierenden Strecke Homburg – Zweibrücken sind mit verschiedenen Antriebsarten (Elektrifizierung, Akku, Wasserstoff) zu betrachten.
Für die genannten Strecken ist bezüglich Trassenführung, Stationen, Ausbaustandards der Strecken und Betriebskonzepte eine detaillierte Untersuchung durchzuführen. Hierbei sind ggf. auch verschiedene Varianten zu betrachten und zu bewerten. Die Betriebskonzepte umfassen jeweils auch eine Neuplanung der anschließenden und parallelen Busverkehre und der Park-and-Ride bzw. Bike-and-Ride Angebote. Die Netzintegration, der über die zu reaktivierenden Strecken verlaufenden Verkehre, sowie ggf. auch die Anpassung der Zulaufstrecken zu den zu reaktivierenden Strecken ist ebenfalls Bestandteil der Untersuchungen.
Im Ergebnis ist eine Vorzugsvariante auszuwählen und zu empfehlen. Das Auswahlverfahren ist mit dem Auftraggeber abzustimmen.
Für die Vorzugsvariante erfolgt die Ermittlung der Kosten für Bau, Erhaltung und Betrieb sowie die zu erwartenden Fahrgeldeinnahmen.
Diese sind die Grundlage für eine Nutzen-Kosten-Untersuchung nach der Methode der Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehr. Darüber hinaus ist auch eine Sensitivitätsanalyse hinsichtlich weiterer, nicht direkt im Verfahren zu berücksichtigenden Einflussfaktoren (z.B. Güterverkehr, Anschlussverbindungen, Verlängerungsoptionen ins benachbarte Ausland) zu betrachten.
Beteiligung
Zu Beginn der Machbarkeitsuntersuchung fand im Rahmen eines projektbegleitenden Arbeitskreises (PAK) eine Auftaktveranstaltung mit allen betroffenen Kommunen, Landkreisen und Infrastrukturunternehmen entlang der Schienenstrecken statt, um das Gesamtprojekt zu erläutern.
Anschließend fanden zu allen Strecken separierte Projektarbeitskreise mit den entsprechenden Stakeholdern statt. Innerhalb dieser Runden wurden die untersuchten Varianten für die Betriebskonzepte, die Infrastruktur und erste Nutzenbetrachtungen präsentiert und gemeinsam mit den Beteiligten an weiteren Vorschlägen gearbeitet.
Zum Projektabschluss werden die Ergebnisse der gesamten Machbarkeitsstudie in einem letzten Projektarbeitskreis, differenziert nach den einzelnen Strecken, präsentiert.