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Reaktivierung der Hochwaldbahn

(Türkismühle – Nonnweiler – Hermeskeil)

Die Bahnstrecke Türkismühle – Nonnweiler – Hermeskeil ist betrieblich stillgelegt und die Schienen sind entfernt. Sie war streckenweise zweigleisig trassiert. Zwischen Türkismühle und Bierfeld soll die Trasse künftig als Radweg genutzt werden.

Für die Reaktivierung der Bahnstrecke Türkismühle – Nonnweiler – Hermeskeil müssten bis zu 6 Stationen errichtet, 9 Bahnübergänge technisch gesichert sowie 2 Tunnel und 8 Brücken und Durchlässe im Hinblick auf den Sanierungsbedarf geprüft werden. Die Kosten für die Reaktivierung können nicht beziffert werden, da der Zustand des Unter- und Oberbaus sowie der Brücken und Tunnel nicht bekannt ist. Für die Errichtung der Stationen und für die Sicherung der Bahnübergänge ist jedoch von mindestens 5 Mio. EUR zzgl. der Kosten für die Instandsetzung des Oberbaus und der Ingenieurbauwerke auszugehen. Zudem müssten die entfernten Gleisanlagen neu aufgebaut werden. Die Anpassung des Oberbaus (Gleisüberhöhungen) würde weitere Kosten verursachen, um die für einen Stundentakt erforderlichen Geschwindigkeiten fahren zu können. Für die Reaktivierung und Modernisierung der Strecke Hermeskeil–Türkismühle ist somit mit Investitionskosten in Höhe von mindestens 10 bis 20 Mio. EUR zu rechnen.

In Rheinland-Pfalz führte die Ruwertalbahn von Hermeskeil weiter nach Trier. Diese Bahnstrecke ist abgebaut und wird heute als Radweg genutzt. Aufgrund der sehr umwegigen Streckenführung ließen sich über diese Trasse gegenüber der Busverbindung Hermeskeil – Trier keine konkurrenzfähigen Reisezeiten erzielen. Ein Wiederaufbau der Ruwertalbahn ist daher nicht zu erwarten. Die Hunsrückquerbahn ab Hermeskeil in Richtung Simmern über den Flughafen Hahn ist zwischen Hermeskeil und Morbach stillgelegt. Rheinland-Pfalz plant derzeit die Reaktivierung aus Richtung Mainz über Simmern zum Flughafen Hahn. Zwischen Hermeskeil und dem Flughafen Hahn verläuft die rund 50 km lange Trasse – abgesehen vom Ort Morbach (10.000 Einwohner) – durch sehr dünn besiedeltes Gebiet entlang des Nationalparks Hunsrück-Hochwald.

Erschließungswirkung

Im fußläufigen Einzugsgebiet der ehemaligen Hochwaldbahn leben 6.300 Einwohner; im Bike-and-Ride-Einzugsbereich von 3 km sind es rund 14.000 Einwohner. Der Bahnhof Hermeskeil liegt ca. 1,2 km außerhalb der Innenstadt. Die Bahnstrecke erschließt rund 4.700 Arbeitsplätze. Das Besucherzentrum des Nationalparks Hunsrück-Hochwald in Otzenhausen liegt ca. 1,6 km von einem möglichen Haltepunkt der Bahnstrecke entfernt. In Türkismühle liegt die Gesamtschule ca. 1 km vom Bahnhof entfernt. Ein zusätzlicher Haltepunkt in der Nähe der Gesamtschule ist im Betriebskonzept nicht darstellbar.

Mögliches Betriebskonzept

Ein Umlauf mit einem Fahrzeug im 60-Minuten-Takt wäre möglich bei Abfahrt in Türkismühle zur Minute :35 und Ankunft in Hermeskeil zur Minute :58. Nach 4 Minuten Wendezeit würde eine Abfahrt in Hermeskeil zur Minute :02 mit Ankunft in Türkismühle zur Minute :25 erfolgen. Hiermit würden in Türkismühle der Regionalexpress-Linie RE 3 von und nach Frankfurt und Saarbrücken mit 3 bis 4 Minuten Umsteigezeit erreicht. Um mit diesen Umsteigezeiten einen bequemen Umstieg in beide Richtungen sicherstellen zu können, wäre ggf. ein Umbau des Bahnhofs Türkismühle erforderlich (Kopfbahnsteig, Mittellage des Mittelbahnsteigs, sodass in alle Richtungen bahnsteiggleich umgestiegen werden kann).

Voraussetzung ist eine Kantenfahrzeit von maximal 23 Minuten zwischen Türkismühle und Hermeskeil. Dies wäre erreichbar, wenn maximal 5 Zwischenhalte bedient werden, die Strecke für eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausgelegt wird (mit Ausnahme der sehr engen Gleisbögen im Bereich Otzenhausen) und mit Fahrzeugen mit einer hohen Beschleunigung betrieben wird (dies erfordert einen Elektroantrieb). Da die Wendezeiten in Türkismühle und Hermeskeil voraussichtlich nicht ausreichen würden, um einen Akku-Triebwagen aufzuladen, wäre eine Elektrifizierung von Teilabschnitten außerhalb der Tunnelabschnitte erforderlich.

Heute wird die Relation Türkismühle – Hermeskeil durch die Buslinie R 200 bedient, die in Türkismühle Anschluss an den RE 3 in Richtung Saarbrücken bzw. Mainz/Frankfurt bietet.

Gegenüber der Busverbindung liegen die potenziellen Haltepunkte der Bahnstrecke deutlich ungünstiger. So bedient die Linie R 200 direkt das Besucherzentrum des Nationalparks in Otzenhausen und den Donatusplatz im Zentrum von Hermeskeil. Bahnfahrgäste nach Hermeskeil müssten in Hermeskeil Bahnhof in einem Bus zum Donatusplatz umsteigen, sodass der Fahrzeitvorteil der schnelleren Bahnverbindung nicht zum Tragen käme. Bahnreisende mit dem Fahrtziel Trier müssten in Hermeskeil umsteigen. Der R 200 ist jedoch auf den ITFKnoten in Trier zur Minute :30 ausgerichtet. Damit lässt sich kein sinnvoller Anschluss in Hermeskeil zur Minute :00 herstellen, da die Fahrzeit Hermeskeil – Trier auch bei einer beschleunigten Führung über die Autobahn A 1 über 30 Minuten läge. Es müsste ein zusätzliches Schnellbusangebot zur Minute :00 nach Trier (an :45, ab :15) eingerichtet werden, um die Nachfragepotenziale der Relation Hochwald – Trier über die Hochwaldbahn heben zu können.

Das Nachfragepotenzial im Saarland für die Weiterführung ab Hermeskeil in Richtung Simmern ist im Alltagsverkehr sehr gering. Auch eine Zubringerfunktion von Saarbrücken zum Flughafen Hahn (mit einer Fahrzeit von ca. 2 Stunden) könnte nur in geringem Maße ein zusätzliches Nachfragepotenzial generieren.

Nachfragepotenzial

Das Nachfragepotenzial der Bahnstrecke Türkismühle – Hermeskeil fällt im Alltagsverkehr gering aus. Ein Teil der Fahrgäste müsste selbst im Fall einer Reaktivierung weiterhin mit Bussen befördert werden, da die Innenstadt von Hermeskeil und das Schulzentrum in Türkismühle nicht von der Bahn bedient werden können. Zwischen Türkismühle und Otzenhausen stellt die Bahn aufgrund der kürzeren Fahrzeiten das deutlich attraktivere Verkehrsmittel dar – von Otzenhausen nach Hermeskeil erscheint der Bus wiederum als das bessere ÖPNV-Angebot, da er das Stadtzentrum von Hermeskeil bedient und nach Trier durchgebunden ist.

Bei der Bewertung nicht berücksichtigt ist das touristische Nachfragepotenzial von Besucherinnen und Besuchern des Nationalparks Hunsrück-Hochwald sowie von Radtouristen, für die eine Bahnverbindung attraktiver wäre als eine Buslinie.

Grobabschätzung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses

Den Kapitalkosten für die Instandsetzung und Modernisierung der Infrastruktur in Höhe von rund 1 Mio. EUR pro Jahr steht ein volkswirtschaftlicher Nutzen durch Reisezeitverkürzungen und vermiedene Pkw-Fahrleistungen gegenüber (abzüglich der zusätzlichen Betriebskosten und Unterhaltskosten für die Infrastruktur). Der volkswirtschaftliche Gesamtnutzen fällt mit rund 400.000 EUR deutlich geringer aus als der Kapitaldienst für die Infrastruktur (s. Abb. 39) – vor allem weil die Reisezeitvorteile nur für wenige Fahrgäste greifen.

Vor diesem Hintergrund wird im VEP ÖPNV eine Reaktivierung der Hochwaldbahn nicht weiterverfolgt. Durch den geplanten Radweg bleibt die Trasse der Hochwaldbahn durchgehend erhalten. Damit wäre eine Reaktivierung unter zukünftig geänderten Rahmenbedingungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Falls allerdings in Zukunft die Besucherzahlen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald aus den Einzugsbereichen Rhein-Main oder Saarbrücken massiv auf mehr als 50 Tsd. Touristen pro Jahr steigen sollten, wäre das Wirtschaftlichkeitspotenzial einer Schienenverbindung neu zu bewerten.

Tab. 39: Erstbewertungen der Reaktivierung Türkismühle – Hermeskeil Tab. 39: Erstbewertungen der Reaktivierung Türkismühle – Hermeskeil
Tab. 39: Erstbewertungen der Reaktivierung Türkismühle – Hermeskeil Foto: MWAEV