Reaktivierung der Bisttalbahn
(Fürstenhausen – Überherrn)
Die Strecke Völklingen – Überherrn ist grundsätzlich in betriebsbereitem Zustand, wobei ein Sanierungsbedarf besteht. Der Betrieb könnte nach Sanierung und Elektrifizierung sowohl mit klassischen Eisenbahn- als auch mit Saarbahn-Fahrzeugen erfolgen. Ebenso ist eine Linienführung mit Saarbahn-Fahrzeugen aus der Saarbrücker Innenstadt über Fürstenhausen (linke Saarstrecke) bis Überherrn denkbar, wodurch sich Synergien mit der Reaktivierung der Rosseltalbahn nach Großrosseln und dem in diesem Zusammenhang vorgesehenen Betriebskonzept ergeben können.
Eine Verlängerung auf französischer Seite wird im folgenden Abschnitt (Kleiner und Großer Ring) betrachtet.
Eine Nutzung der Bisttalstrecke für Zugverbindungen vom Saarland über Thionville nach Luxemburg wird weiter unten im Abschnitt „Verkehrsverbindungen Saarland – Luxemburg“ betrachtet.
Angebotskonzepte
Für die Reaktivierung der Bisttalbahn nach Überherrn wurden zwei Varianten näher untersucht:
- S-Bahn-Verbindung aus Richtung Saarbrücken über Völklingen Bahnhof nach Überherrn
- Stadtbahn-Verbindung über die linke Saarstrecke und Fürstenhausen nach Überherrn
Für die S-Bahn-Verbindung ist ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis von rund 1,4 zu erwarten. Für die Stadtbahnverbindung über die linke Saarstrecke nach Überherrn ohne Reaktivierung der Rosseltalbahn nach Großrosseln wäre ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von rund 1,2 zu erwarten.
Wenn allerdings die Rosseltalbahn als Saarbahnstrecke reaktiviert wird (siehe oben dargestellte Saarbahn-Linie S 3), wäre für die Bisttalbahn nur noch der Abschnitt Fürstenhausen–Überherrn auszubauen und zu elektrifizieren. Diese Lösung bietet verschiedene Vorteile gegenüber einer SPNV-Verbindung und wird daher im VEP ÖPNV weiterverfolgt.
Infrastruktur und Investitionsbedarf
Für die Reaktivierung der Bisttalbahn als Stadtbahnstrecke ist eine Ertüchtigung und Elektrifizierung der rund 16 km langen Strecke Fürstenhausen – Überherrn erforderlich. 5 Bahnübergänge sind instandzusetzen:
- Lindenstraße in Wadgassen
- Am Butterborn in Werbeln
- Denkmalstraße in Differten
Bis zu 10 Haltepunkte wären zu errichten bzw. auszubauen:
- Wehrden Ludweilerstraße
- Wehrden Schaffhauser Straße
- Wehrden P+R/Amazon
- Hostenbach
- Wadgassen Lindenstraße
- Wadgassen Süd
- Werbeln
- Differten
- Linslerfeld (geplantes Gewerbegebiet)
- Überherrn
Insgesamt werden Investitionskosten in der Höhe von rund 32 Mio. EUR abgeschätzt. Gegenüber der S-Bahn-Variante fallen Mehrkosten für die Elektrifizierung der Strecke an, da die S-Bahn mit Akkutriebwagen fahren kann. Auf der anderen Seite werden die Kosten für die Instandsetzung der Saarbrücke in Völklingen eingespart.
Betriebskonzept
Als Betriebskonzept wird vorgesehen, die Saarbahn-Linie S 32 von Saarbrücken nach Überherrn im 30-Minuten-Takt zu betreiben. Zwischen Fürstenhausen und Saarbrücken wird so das Angebot auf der linken Saarstrecke in Überlagerung mit der Saarbahn-Linie S 3 bzw. neu S 31 von Großrosseln auf einen 15-Minuten-Takt verdichtet. Dies stellt ein deutlich dichteres Angebot dar als es mit der S-Bahn über Völklingen realisierbar wäre. In diesem Fall würden die Bisttalbahn im 60-Minuten-Takt und die linke Saarstrecke nur im 30-Minuten-Takt bedient.
Fahrgäste, die aus dem Bisttal nach Völklingen fahren möchten, können in Wehrden in ein abgestimmtes Busangebot umsteigen. Zugleich können Fahrgäste aus Schaffhausen und Wehrden an der Schaffhauser Straße in die Saarbahn nach Saarbrücken umsteigen. Abb. 68 zeigt das untersuchte Bedienungsangebot links und rechts der Saar. Jede Linie in der Grafik steht jeweils für eine stündliche Fahrt des jeweiligen Verkehrsmittels.
Insgesamt werden rund 500.000 Zug-km auf der Linie S 32 angeboten. Dem stehen Einsparungen von Busleistungen gegenüber (Busse zwischen Gersweiler und Saarbrücken, RegioBus R 13 und Buslinien aus dem Niedtal in Richtung Völklingen). Insgesamt sollte bei einer Reaktivierung der Bisttalbahn das gesamte Busangebot im Korridor überplant und auf die Saarbahn abgestimmt werden.
Für den 30-Minuten-Takt der Linie S 32 von Saarbrücken nach Überherrn sind 3 Saarbahn- Fahrzeuge erforderlich.
Es fallen zusätzliche Betriebskosten von rund 0,5 Mio. EUR pro Jahr an.
Nachfragewirkungen
Für die Bisttalbahn sind im Abschnitt Fürstenhausen – Überherrn im Querschnitt 1.000 bis 2.200 Fahrgäste zu erwarten. Auf dem Abschnitt Fürstenhausen – Saarbrücken, der von den Linien S 31 und S 32 im 15-Minuten-Takt bedient würde, sind rund 5.000 bis 6.000 Fahrgäste im Querschnitt zu erwarten.
Durch die Reaktivierung der Bisttalbahn ab Fürstenhausen mit der Linie S 32 können rund 1.000 Neufahrgäste für den ÖPNV gewonnen werden. Hierdurch werden bei einer mittleren Reiseweite von 18 km rund 3,7 Mio. Pkw-km pro Jahr eingespart werden.
Nutzen-Kosten-Abschätzung
Die Reaktivierung der Bisttalbahn von Fürstenhausen nach Überherrn als Saarbahn-Strecke würde einen volkswirtschaftlichen Nutzen aus verlagerten Pkw-Fahrten, Reisezeitersparnissen und zusätzlichen Mobilitätsmöglichkeiten in Höhe von rund 2,5 Mio. EUR pro Jahr generieren. Hiervon sind die zusätzlichen Betriebskosten und die Instandhaltungskosten der Infrastruktur in Höhe von rund 1,0 Mio. EUR abzuziehen. Es ergibt sich ein Nutzensaldo von rund 1,5 Mio. EUR pro Jahr, die den Kapitalkosten der Infrastruktur von rund 1,2 Mio. EUR gegenüberstehen. Damit wird für die Reaktivierung des Abschnitts Fürstenhausen – Überherrn ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von rund 1,2 erzielt.
Bei der gemeinsamen Betrachtung der Reaktivierungen der Rosseltalbahn und Bisttalbahn ergibt sich ein volkswirtschaftlicher Nutzen von rund 7,5 Mio. EUR pro Jahr (abzüglich Betriebs- und Unterhaltskosten der Infrastruktur in Höhe von rund 2,5 Mio. EUR). Dem saldierten Nutzen von 5 Mio. EUR stehen Kapitalkosten von rund 2,7 Mio. EUR pro Jahr gegenüber, sodass sich ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von rund 1,9 ergibt.
Diese Annahmen wären im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zu überprüfen. Insbesondere müsste vertieft untersucht werden, wie die Energieversorgung der Stadtbahnfahrzeuge auf Rossel- und Bisttalbahn sichergestellt werden kann. Dies hängt auch mit der künftigen Nutzung der Strecken für den Güterverkehr zusammen, was ebenfalls zu untersuchen wäre. Auch ein batterieelektrischer Antrieb der Stadtbahnfahrzeuge sollte als Option betrachtet werden. Die Plattform der künftigen Saarbahn-Fahrzeuge ermöglicht grundsätzlich eine Ausrüstung mit Akku-Antrieb. In diesem Fall könnte ggf. nur eine Teilstrecke elektrifiziert werden (z. B. bis Fürstenhausen) und auf den nicht elektrifizierten Abschnitten könnten die Saarbahn-Fahrzeuge mit Akku-Antrieb verkehren.
Der Energieträger Wasserstoff stellt ebenfalls eine denkbare Alternative dar. Während Wasserstoff bislang noch wegen des wesentlich höheren Preises und der noch unzureichenden Verfügbarkeit eher eine untergeordnete Rolle spielt, soll über die neu angelegte Wasserstoffstrategie des Saarlandes eine höhere Verfügbarkeit erreicht werden. Mit einer ersten Wasserstofftankstelle im Saarland in Saarbrücken-Gersweiler und einer Wasserstoffproduktionsanlage (Elektrolyseur) am Kraftwerksstandort Völklingen-Fenne soll Wasserstoff auch für den Verkehrsbereich verfügbar gemacht werden.
Da die neue Wasserstoffproduktionsanlage in unmittelbarer Nähe zur linken Saarstrecke gelegen ist, wäre insbesondere auf den Saarbahn-Verbindungen nach Überherrn und Großrosseln, die über die linke Saarstrecke geführt werden sollen, der Einsatz von Wasserstofffahrzeugen denkbar. Dies ist im Rahmen des VEP ÖPNV noch nicht näher untersucht worden. Hierfür wären im Rahmen einer Machbarkeitsstudie die Kosten für eine Elektrifizierung der Strecke Fürstenhausen bis Großrosseln bzw. Überherrn den Kosten für eine mit Wasserstoff betriebene Bahnstrecke gegenüber zu stellen und auch die betrieblichen Aspekte genauer zu beleuchten.