Thema: Kommunale Kooperation
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Rechtlicher Rahmen

Hier finden Sie wichtige Informationen über die Frage der möglichen Rechtsformen, der rechtlichen Hinweise und vieles mehr.

Grundlagen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit

Die Gründe für Kooperationen auf kommunaler Ebene sind vielfältig. Erwartete Einsparungen sollen zur Entlastung der kommunalen Haushalte führen. Vorhandene personelle, finanzielle und technische Ressourcen können wirtschaftlicher eingesetzt und optimal ausgelastet und damit die Leistungs- und Handlungsfähigkeit der Kommune auf Dauer gesichert werden. Hohe Qualitätsstandards können auch in Zukunft ohne Kostensteigerungen gewährleistet werden. Die zunehmend schwierige Gewinnung von qualifiziertem Personal, aber auch die laufenden Qualifizierungen und Fortbildungen werden erleichtert.

Im Idealfall können kooperierende Gemeinden eigene Schwerpunkte bilden oder verfeinern und dadurch die Qualität ihrer Verwaltung und auch ihre Attraktivität bei begrenzten Haushaltsmitteln erhalten. Im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben kann die Kooperation zur Alternative einer u.U. aufgrund der Haushaltslage kaum vermeidbaren Reduzierung oder sogar Einstellung der Aufgabenerledigung im Einzelfall werden.

Dabei ist eine Kooperation in vielfältigen Rechtsformen möglich. Sie kann sowohl in öffentlich-rechtlicher als auch privatrechtlicher Form erfolgen und von einer losen Abstimmung der Partner oder einem Informationsaustausch bis zur Übertragung einzelner Aufgaben von einer Kommune auf eine andere reichen.

In Kooperationsprojekten wird dabei häufig schon früh die Frage nach der Rechtsform diskutiert. Die Beantwortung dieser Frage ist jedoch nicht Ausgangspunkt, sondern eines der Ergebnisse des Kooperationsprojektes und aufbauend auf den Kooperationszielen unter anderem von folgenden Kriterien abhängig:

  • Tragung und Verteilung von Nutzen und Lasten
  • Einflussnahme und Steuerung durch die Partner
  • Erforderliche Flexibilität des Verwaltungshandelns
  • Finanzierungsmöglichkeiten
  • Besondere rechtliche Rahmenbedingungen  
  • Rechtsformabhängige einmalige und laufende Aufwendungen
  • Steuerrechtliche Erwägungen

Daher ist eine zu frühzeitige Festlegung nicht sinnvoll, sondern es ist abzuwägen, welche Eigenschaften der einzelnen Rechtsformen der Zielvorgabe am besten gerecht werden. Hierzu sollen die folgenden Informationen über Kooperationsmöglichkeiten eine Hilfestellung bieten.

Die Rechtsgrundlagen der öffentlich-rechtlichen kommunalen Zusammenarbeit finden sich in § 10 Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) und im Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (KGG). Öffentlich-rechtliche Kooperationsformen sind danach Zweckverband, öffentlich-rechtliche Vereinbarung und Arbeitsgemeinschaft. Daneben sind Kooperationen in privater Rechtsform möglich.

Voraussetzungen einer Kooperation nach dem KGG

Kommunale Aufgabe – Kommunale Partner

Gegenstand und Ausgangspunkt einer Kooperation ist immer die kommunale Aufgabe. Kooperationen sind möglich für

  • alle Aufgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände, zu deren Erledigung sie berechtigt oder verpflichtet sind, also freiwillige und pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben und Auftragsangelegenheiten;
  • auch für Querschnittsaufgaben wie Facilitymanagement, Beschaffungs- und Vergabewesen, Personal, EDV-Systemadministration, die verwaltungsintern ihre Wirkungen entfalten.

Eine Kooperation setzt damit voraus, dass jeder der Beteiligten selbst Träger dieser Aufgabe ist. Jede beteiligte Gebietskörperschaft muss also grundsätzlich selbst die (identische) Aufgabenzuständigkeit haben.

  • Im Regelfall unproblematisch: bei Zusammenarbeit innerhalb der gleichen Ebene, also bei Zusammenarbeit zwischen Gemeinden oder bei Zusammenarbeit zwischen Gemeindeverbänden;
  • nur im Ausnahmefall: Möglichkeit einer Ebenen übergreifenden Kooperation zwischen Gemeinde und Gemeindeverband (s.u.), wenn beide Ebenen für die gleiche Aufgabe zuständig sind, Bsp.: Kooperation zur Entwicklung oder Nutzung technischer Einrichtungen, gemeinsamer Glasfaserkabel etc., die den verschiedenen Ebenen zur Erledigung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen sollen.

Anmerkung: Eine Kooperation bei Querschnittsaufgaben ist grundsätzlich möglich.

Partner einer Kooperation nach dem KGG sind zunächst immer (mindestens) zwei Kommunen: Die Kooperation dient der gemeinsamen Aufgabenerledigung, für die sich mindestens zwei Gemeinden oder Gemeindeverbände zusammenschließen. An dieser Kooperation können sich ggf. weitere Partner beteiligen.

 Ausschluss oder Einschränkung der interkommunalen Kooperation:

  • Aufgaben der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters als Ortspolizeibehörde, die im Wege der Organleihe erledigt werden: Kooperation ausgeschlossen (keine kommunale Aufgaben)
  • Auftragsangelegenheiten: im Einzelfall Ausschluss oder Einschränkungen durch Fachrecht möglich
  • Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben, die gesetzlich einer bestimmten Verwaltungsebene zugeordnet sind, etwa der Gemeindeebene; Übertragung auf eine andere kommunale Ebene kann nach der gesetzlichen Aufgabenzuweisung ausgeschlossen oder eingeschränkt sein; daneben fehlt es regelmäßig auch an der erforderlichen Aufgabenidentität der potentiellen Partner (=> unzulässige Mischverwaltung)
  • Existenzaufgaben, die untrennbar mit der einzelnen Gebietskörperschaft verbunden sind: keine Möglichkeit, alle Existenzaufgaben von einer Kommune auf eine andere Kommune zu übertragen; möglich jedoch: Kooperation in einzelnen Bereichen (Bsp.: gemeinsame Beschaffung)

Genaue Festlegung der konkreten Aufgabe

Die präzise Beschreibung und Festlegung der Aufgabe, die Gegenstand der Kooperation sein soll, ist wichtig, damit für die Kommunen selbst und für die Bürgerinnen und Bürger zweifelsfrei erkennbar ist, welche Aufgabe künftig in dieser Kooperation erledigt wird (Rechtsstaatsprinzip, Transparenzgebot), wo sie künftig angesiedelt ist und wie damit die Entscheidungswege innerhalb demokratisch legitimierter Räte ausgestaltet sind (Demokratieprinzip). Eine nur vage Umschreibung oder „auf Zuwachs“ gefasste Formulierungen, die auch mögliche weitere, u.U. noch nicht absehbare Aufgaben umfassen sollen, genügen hierfür nicht.

Bei späterer Erweiterung oder Veränderung der Aufgaben ist eine erneute Beschlussfassung der kommunalen Räte erforderlich und danach die entsprechende Änderung der Vereinbarung oder im Fall des Zweckverbandes der Satzung.

Freiwillige und pflichtige Kooperation

Regelfall der kommunalen Kooperation ist die freiwillige Zusammenarbeit. Sie ist Ausdruck der Kooperationshoheit als besondere Ausprägung der kommunalen Organisationshoheit und Teil der Selbstverwaltungsgarantie (Art. 117, 118 Saarländische Verfassung, Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz).

Die pflichtige Kooperation, also Pflichtverband oder pflichtige öffentlich-rechtliche Vereinbarung, bildet hingegen eine Ausnahme, die gerade nicht auf einer einvernehmlichen Zusammenarbeit und Entscheidung der beteiligten Kommunen basiert. Sie ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig (vgl. im Einzelnen » Zweckverband und » öffentlich-rechtliche Vereinbarung auf der Übersichtsseite Rechtsformen). Die negative Kooperationsfreiheit – also die Freiheit der Kommune, sich gegen eine Kooperation zu entscheiden – ist Teil der Organisationshoheit der Kommunen und setzt damit der Möglichkeit, pflichtige Zusammenschlüsse herbeizuführen, enge Grenzen. Sie tritt im Fall des Zweckverbands nach der gesetzlichen Regelung nur zurück, wenn die Bildung eines Zweckverbands „zur Erfüllung von einzelnen Pflichtaufgaben oder von einzelnen staatlichen Auftragsangelegenheiten aus Gründen des öffentlichen Wohls dringend geboten ist“ (§ 12 Abs. 1 KGG, vgl. im Einzelnen Rechtsformen »Zweckverbände).

Übergeordnetes Recht

Jede Kooperation auf kommunaler Ebene muss mit den grundlegenden verfassungsrechtlichen Prinzipien, dem übergeordneten Bundesrecht und dem EU-Recht in Einklang stehen. Wichtige Regelungen treffen insbesondere das Vergabe-, Umsatzsteuer-, Wettbewerbs- und Beihilferecht sowie die EU-Datenschutzgrundverordnung, die zu einer Einschränkung des Handlungsspielraums der Gemeinde und Gemeindeverbände bei der interkommunalen Kooperation führen können.

Umsatzsteuerrechtliche Hinweise

Vergaberechtliche Hinweise

Verfassungsrechtlich ist in erster Linie die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung zu beachten (» Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz, Art. 117, 118 der Verfassung des Saarlandes) sowie das Demokratieprinzip (»Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz). Eine wichtige Grenze zieht das Verbot der sog. Mischverwaltung, das die Rechtsprechung aus Art. 28 Abs. 2 i.V.m. Art. 83 ff. Grundgesetz und dem Demokratieprinzip herleitet und das grundsätzlich einer gemeinsamen Erledigung von Aufgaben entgegenstehen kann, die kraft Gesetzes unterschiedlichen Ebenen zugewiesen sind (BVerfG Urteil vom 7.10.2014). Regelmäßig fehlt es in solchen Fällen bereits an der erforderlichen Aufgabenidentität der verschiedenen Ebenen, da im Regelfall eine (materielle) Aufgabe auch nur einer Ebene zugeordnet ist.

Rechtsformen im Überblick

Die in der Praxis wichtigsten Instrumente öffentlich-rechtlicher Kooperation nach dem KGG, der Zweckverband und die öffentlich-rechtliche Vereinbarung, unterscheiden sich in vielfältiger Hinsicht, etwa hinsichtlich der Rechtsfähigkeit, der Dienstherrnfähigkeit, der Einwirkungsmöglichkeiten der kommunalen Vertretungen u.v.a.m.

Der Zweckverband nach §§ 2 ff. KGG bringt einen vergleichsweise hohen Organisationsgrad mit sich. Er hat nicht nur eigene Organe, er kann auch eigenes Personal haben und einen eigenen Bestand an Sachmitteln. Der Zweckverband ist grundsätzlich auf Dauer angelegt und kann durch Satzungsänderung mit den entsprechenden Mehrheiten in der Verbandsversammlung und gegebenenfalls mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde geändert und damit veränderten Rahmenbedingungen oder praktischen Bedürfnissen vor Ort angepasst werden.

Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung ist ein Unterfall des öffentlich-rechtlichen Vertrages, der in §§ 17 ff. KGG spezialgesetzlich normiert ist und die Rechte und Pflichten der Beteiligten regelt. Typischerweise wird die Aufgabe, die zu erledigen ist, nach Maßgabe der Vereinbarung künftig von einem der Vertragspartner für die anderen miterledigt (Mandat) oder insgesamt auf eine der beteiligten Kommunen übertragen (Wechsel der Zuständigkeit: Delegation). Änderungen sind, wie bei jedem Vertrag, nur möglich, indem die Vereinbarung selbst im beiderseitigen Einvernehmen geändert wird.

Die kommunale Arbeitsgemeinschaft, als lockerste Kooperationsform ohne wesentliche Bindungswirkung, dient nach § 21 KGG der gemeinsamen Beratung der Beteiligten in „Angelegenheiten, die sie gemeinsam betreffen, um die Tätigkeiten der Beteiligten im Interesse einer möglichst wirtschaftlichen und zweckmäßigen Erfüllung der einzelnen Aufgaben aufeinander abzustimmen.“ Viele kommunale Arbeitsgemeinschaften dienen dem Informations- und Erfahrungsaustausch und haben sich inzwischen zu wichtigen Expertenrunden entwickelt.

Neben diesen öffentlich-rechtlichen Kooperationsformen des KGG steht den Kommunen je nach Gegenstand und Zielsetzung der geplanten Zusammenarbeit auch das allgemeine Verwaltungsrecht sowie das Privatrecht mit den verschiedenen Möglichkeiten offen (öffentlich-rechtliche Verträge, GmbH, Stiftung u.a.).

Bei Unternehmen in Privatrechtsform sind die §§ 110 ff KSVG zu beachten, bei kommunalwirtschaftlichen Betätigung insbesondere § 108 KSVG.

Aufsicht

Zuständige Aufsichtsbehörde über die Zweckverbände ist, sofern nichts spezialgesetzlich geregelt ist, das Landesverwaltungsamt als Kommunalaufsichtsbehörde (§ 22 KGG). Dieses ist auch zuständig für die Genehmigung der Satzung eines Zweckverbandes bei Gründung bzw. bei wichtigen Änderungen der Satzung eines bereits bestehenden Zweckverbandes. Sollen dem Zweckverband Auftragsangelegenheiten übertragen werden, ist vor der Genehmigung die Zustimmung des fachlich zuständigen Ministeriums einzuholen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KGG).

Weiterführende Literaturhinweise:

  • Oskar Maria Geitel: EuGH präzisiert Anforderungen an interkommunale Kooperationen, NVwZ 2013, S. 765 ff.
  • Gyulai-Schmidt: Vergabefreie Kompetenzübertragung auf Zweckverbände im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit, ZfBR 2017, S. 755 ff.
  • Kußmaul/Naumann/Barke: Die juristische Person des öffentlichen Rechts in der Umsatzsteuer, StB 2017, S. 288 ff.
  • Klaus Lange: Öffentlicher Zweck, öffentliches Interesse und Daseinsvorsorge als Schlüsselbegriffe des kommunalen Wirtschaftsrechts, NVwZ 2014, S. 616 ff.
  • Thorsten Ingo Schmidt: Kommunale Kooperation 2005 (Monographie)
  • Schumacher: Die zunehmende Bedeutung der Rechtsdurchsetzung durch Wettbewerber im Bereich des EU-Beihilferechts, KommJur 2012, S. 179 ff.
  • Sudbrock: Wasserkonzessionen, In-House-Geschäfte und interkommunale Kooperationen nach den neuen EU-Vergaberichtlinien, KommJur 2014, S. 41 ff.
  • Westermann/Belcke: Die Besteuerung öffentlicher Unternehmen – Aktuelle Praxishinweise, BB 2015, S. 1500