Statement von Europaminister Peter Strobel zur Rede zur Lage der Europäischen Union von Dr. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission:
Anlässlich der jährlichen Rede zur Lage der EU von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 15. September 2021 erklärt Europaminister Peter Strobel:
“Die Europäische Kommission muss insbesondere bei den Themen Transformation der Industrie und Rechtsstaatlichkeit liefern. Ursula von der Leyen hat die künftigen Herausforderungen klar und präzise benannt. Krisenbewältigung und -prävention im Zuge der COVID-Pandemie, die gigantische Kraftanstrengung der Transformation unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und ein starker Einsatz für unsere gemeinsamen Werte. Wichtig ist nun aber, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Ich erwarte von der Kommission ein offenes Ohr für berechtigte Verbesserungsvorschläge, wenn es etwa um die Verhandlungen der Einzelmaßnahmen im Klimapaket geht. Gerade für energieintensive Branchen wie etwa die Stahlindustrie oder die Automobilbranche. Hier muss Realismus und Pragmatismus vor Wunschdenken kommen.
In den nächsten Wochen hat die Europäische Kommission die Chance, ihren eigenen hohen Ansprüchen, die ihre Präsidentin zurecht aufstellt, zu genügen. Ich denke da an die Neuausrichtung der EU-Beihilferechtsvorschriften. Die ökologische Transformation unserer Unternehmen muss auch förderfähig sein, ebenso die erheblichen Mehrkosten, die anfänglich ein Betrieb unter neuen Wettbewerbsbedingungen verursacht. In der Folge der COVID-Pandemie hat sich die Kommission hier auch flexibel gezeigt. Weit über 600 Genehmigungen für Unterstützung wurden gewährt in der Höhe von über 3 Bio. €. Eine ähnlich große Herausforderung ist der Umbau ganzer Wirtschaftszweige mit 100.000 Beschäftigten.
Zurecht setzt die Präsidentin einen starken Akzent auf das Wertefundament der EU und die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit. Trotz erster positiver Zeichen etwa aus Polen, das Teile seiner Justizreform zumindest überprüft und einschränkt, darf sich Europa mit einer Erosion von rechtsstaatlichen Prinzipien in seinen Mitgliedsstaaten nicht zufrieden geben. Ich erwarte mir hier ein noch beherzteres Vorgehen der Kommission in ihrem ureigenen Aufgabenbereich als Hüterin der Verträge. Bestehende Instrumente, wie der Rechtsstaatsmechanismus müssen konsequent und zügig angewendet werden und die Bindung an finanzielle Sanktionen spürbar sein. Hier geht es in besonderer Weise, um die Glaubwürdigkeit unserer Reden und Absichtsbekundungen bei den Menschen, die sich darauf verlassen, in einer Gemeinschaft des Rechts zu leben.
Mit großer Zustimmung betrachte ich auch die Neuausrichtung der EU-Außenpolitik in Bezug auf den indopazifischen Raum. Die COVID-Pandemie hat uns nicht zuletzt die eklatante Abhängigkeit – und damit Verwundbarkeit – Europas in lebenswichtigen Bereichen, von der Massenproduktion bis hin zu Grundstoffen für Medikamente gezeigt. Eine solche Abhängigkeit droht angesichts der globalen Strategie Chinas zur Regel zu werden. Das reicht von digitalen Standards für neue KI-Technologien bis hin zu unfairen Handelspraktiken und wirtschaftlicher Erpressung.
Europa stärken und voranbringen heißt hier vor allem: Strategische Souveränität zurückerlangen, Wertschöpfungsketten diversifizieren und sich den strategischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte stellen.“
Hintergrund:
In der jährlich einmal im Herbst gehaltenen “Rede zur Lage der Union” stellt die Präsidentin der Europäischen Kommission die Grundsätze und Leitlinien der Arbeit des kommenden Jahres heraus und zieht Bilanz der Arbeit des laufenden Jahres.
Vor dem Hintergrund der aktuell laufenden Verhandlungen zum sogenannten Fit-for-55-Paket ebenso wie der globalen Herausforderung in Pandemiezeiten und Geo strategischer Konflikte war die Rede mit besonderer Spannung erwartet worden.
Medienansprechpartner
Marvin Hey und Miriam Göller
Presse, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
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