Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice
Umwelttechnik
Berufsbeschreibung
Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice reinigen, überwachen und warten Abwasserleitungen und -kanäle, Behälter und Abwasserbauwerke in Industriebetrieben sowie im privaten und öffentlichen Bereich.
Rohre und Kanäle: Guter Ablauf
Im Schwerpunkt Rohr- und Kanalservice sorgen sie dafür, dass das öffentliche und private Abwasser- und Kanalsystem funktionstüchtig ist. Sie kontrollieren zum Beispiel die Abwässerkanäle von Privathäusern auf Verunreinigungen oder undichte Stellen und ermitteln Kanalstamm- und -zustandsdaten. Kanalinspektionsfahrzeuge mit Spezialkameras und Dichtigkeitsprüfsysteme helfen ihnen bei der Überwachung, aber sie steigen auch selbst in Schutzanzügen in die Kanalisation ein. Dort entstehen teils sehr intensive Gerüche, an die man sich gewöhnen muss. Auf regelmäßigen Inspektionsgängen prüfen die Fachkräfte Wände, Rohre, Einleiter, Becken und wasserführende Rinnen. Hat ein Baum seine Wurzeln durch die Kanalwand gebohrt? Wurde ein Rohr durch Frost beschädigt? Mithilfe ferngesteuerter Roboter dichten die Fachkräfte die Schadstellen ab, damit keine Abwässer durch schadhafte Rohre in den Boden oder in Gewässer gelangen. Auch Blockaden müssen beseitigt werden. Wenn die Kanalisation verstopft ist, kann z.B. Regenwasser nicht mehr richtig abfließen, und es kommt zu Überschwemmungen. Die Fachkräfte nehmen auch Wasserproben und analysieren sie im Labor. So stellen sie fest, ob etwa jemand unerlaubterweise schadstoffbelastete Abwässer in die Kanalisation geleitet hat. Ihre Arbeit ist verantwortungsvoll - Fehler können erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen haben.
Reinigung und Entsorgung
Auch im Bereich Industrieservice sind die Fachkräfte viel unterwegs und überprüfen Rohre und Leitungssysteme auf Dichtheit und reparieren Schadstellen. Darüber hinaus sanieren sie Industrieflächen und Gebäude, entsorgen Sondermüll und reinigen Industrieanlagen. Sie säubern Tanks, Tankwagen, Pumpanlagen und andere Anlagenteile, entfernen Fehlproduktionen und Reste von Benzin oder Heizöl. Mit speziellen Auffangbehältern, Abscheidern und Leitungssystemen fangen sie Rückstände, Schadstoffe, Schmutz- und Abwasser, Reinigungs- und Desinfektionslösungen auf und sorgen dafür, dass sie fachgerecht entsorgt werden. Wenn z.B. Lackreste vom Boden einer Fabrikhalle entfernt werden sollen, schleudern sie Trockeneis-Pellets aus einer Strahlpistole gegen den Boden. Durch die Kälte ziehen sich die Farben und Lacke zusammen, sodass sie sich ablösen und mit Vakuumsaugern aufgesaugt werden können, ohne den Untergrund zu beschädigen. Soll Sickerwasser von einer Deponie entsorgt werden, holen es die Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice mit dem Saugwagen ab und bringen es in eine Spezialanlage. Dort wird das Wasser chemisch-physikalisch aufbereitet. Dann müssen die Saugwagen gründlich gereinigt werden - dabei tragen die Fachkräfte einen Chemikalienschutzanzug. Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice übernehmen auch die Entsorgung infektiöser Abfälle aus dem Krankenhaus. Sie sammeln die Abfälle ein, verstauen sie in geschlossenen Behältern und bringen sie direkt in eine Sondermüllverbrennungsanlage. Müssen z.B. die Rührwerksbehälter eines Chemieunternehmens gereinigt werden, in denen chemische Stoffe gemischt werden? Mit einem Hochdruckwasserstrahl gehen die Fachkräfte an die Arbeit. Oft haben sie mit gefährlichen Rückständen zu tun und achten sorgfältig darauf, dass nichts in die Umwelt entweicht. Auch Behältnisse für Getränke reinigen und desinfizieren sie, bevor sie wieder benutzt werden können. Stets beachten sie die gesetzlichen Vorschriften. Weil sie sich mit allen Formen der Reinigung und Entsorgung auskennen, beraten Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice Kunden über erforderliche Sanierungsmaßnahmen oder darüber, wie bestimmte Schadstoffe zu entsorgen sind.
Aufgaben und Tätigkeiten im Einzelnen
Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice haben hauptsächlich folgende Aufgaben:
Im Schwerpunkt Rohr- und Kanalservice
private Abwasserkanäle, öffentliche Kanalbauwerke bzw. das öffentliche Kanalnetz auf Schadstellen prüfen, zum Beispiel mit Spezialkameras, Spiegeln oder durch Augenschein
Wartungs- und Reparaturarbeiten an Abwasserkanälen, Kanalbauwerken und im Kanalnetz durchführen bzw. veranlassen, zum Beispiel kleinere Schadstellen in Abwasserkanälen mithilfe von Kanalrobotern abdichten
Im Schwerpunkt Industrieservice
Rohrnetze, Tanks, Tankwagen, Pumpanlagen, Abwassereinleitungssysteme, Abfüllanlagen usw. warten und reinigen, Behälter für Nahrungsmittel auch desinfizieren
Rückstände, Reste, Fehlproduktionen abpumpen
Ablagerungen und Verunreinigungen mit Spezialgeräten entfernen, Rohre, Tanks und Anschlüsse auf Dichtheit prüfen
Darüber hinaus führen sie auch folgende Tätigkeiten aus:
Maschinen, Geräte und Sonderfahrzeuge bedienen, warten und inspizieren, dabei sicherheitstechnische Einrichtungen wie zum Beispiel Entlüftungsgeräte einsetzen
bei der fachgerechten Entsorgung von Rückständen mitwirken, die sich aus den Reinigungs- und Wartungsarbeiten ergeben
Arbeits- und Betriebsabläufe dokumentieren und auswerten
Störungen an Arbeitsgeräten erkennen und beheben
unter Berücksichtigung des Qualitätsmanagements fachbezogene Rechtsvorschriften, technische Regeln sowie Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes anwenden
Kunden beraten und informieren, zum Beispiel über Maßnahmen zum Schutz von Abwasserkanälen oder mögliche Reparaturen
Anforderungen
Grundsätzlich wird - wie bei allen anerkannten, nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung geregelten Ausbildungsberufen - keine bestimmte schulische oder berufliche Vorbildung rechtlich vorgeschrieben.
Die Betriebe stellen überwiegend angehende Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice mit Hauptschulabschluss ein.
Dauer und Form der Ausbildung
Die Ausbildung dauert 3 Jahre.
Verkürzung der Ausbildungszeit
Die zuständige Stelle hat auf gemeinsamen Antrag von Auszubildenden und Ausbildenden die Ausbildungszeit zu kürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird. Die Verkürzungsdauer ist unterschiedlich und hängt von der Vorbildung ab. Bei berechtigtem Interesse kann sich der Antrag auch auf die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit beziehen (Teilzeitberufsausbildung).
Die Landesregierungen können über die Anrechnung von Bildungsgängen berufsbildender Schulen oder einer Berufsausbildung in sonstigen Einrichtungen bestimmen. Voraussetzung ist ein gemeinsamer Antrag der Auszubildenden und Ausbildenden an die zuständige Stelle.
Auszubildende können nach Anhörung der Ausbildenden und der Berufsschule vor Ablauf ihrer Ausbildungszeit zur Abschlussprüfung zugelassen werden, wenn ihre Leistungen dies rechtfertigen. Die Verkürzungsdauer beträgt meist 6 Monate.
Gegebenenfalls ist eine Verkürzung der Ausbildungsdauer für Auszubildende möglich, die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) erfolgreich abgeschlossen haben.
Verlängerung der Ausbildungszeit
In Ausnahmefällen kann die zuständige Stelle die Ausbildungszeit verlängern, wenn dies erforderlich ist.
Beim Ausbildungsberuf Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice handelt es sich um eine duale Ausbildung, die im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule stattfindet. Der Beruf wird im öffentlichen Dienst, in der Industrie und im Handwerk ausgebildet. Ab dem zweiten Ausbildungsjahr erfolgt eine Vertiefung in einem der Schwerpunkte Rohr- und Kanalservice oder Industrieservice.
Er ist eng verwandt mit den anderen umwelttechnischen Ausbildungsberufen Fachkraft für Wasserversorgungstechnik, Fachkraft für Abwassertechnik und Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. Während der Ausbildung werden den Auszubildenden in allen vier Berufen über einen Zeitraum von 15 Monaten gemeinsame Kernqualifikationen vermittelt.
Die zuständige Berufsschule für die Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice ist das Hans-Schwier-Berufskolleg, Heegestraße 14 in 45897 Gelsenkirchen.
Inhalte der Ausbildung
In den ersten 15 Monaten lernen die Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb beispielsweise:
welche Bedeutung Umweltschutztechnik, ökologische Kreisläufe und Hygiene haben
welche betriebsspezifischen Maschinen und Verfahrenstechniken bzw. Mess-, Steuerungs- und Regelungsmethoden es gibt und wie man sie anwendet
welche Arbeitsstoffe einzusetzen und welche Sicherheitsvorschriften bei der Handhabung zu beachten sind
wie Stoffe und Güter gelagert und befördert werden müssen
wie man für die Erfüllung einer Aufgabe Arbeitsschritte festlegt und vorbereitet
wie mit elektrischen Gefahren umzugehen ist und welche Schutzmaßnahmen zur Gefahrenvermeidung zu ergreifen sind
wie mit Informations- und Kommunikationssystemen umzugehen ist
Im zweiten Teil ihrer betrieblichen Ausbildung lernen die Auszubildenden unter anderem:
wie Atem-, Brand- und Explosionsschutzmaßnahmen beachtet werden
nach welchen Gesichtspunkten Arbeitsgeräte und Einrichtungen eingesetzt, inspiziert, gewartet und gereinigt werden
wie Arbeiten vorbereitet werden und das Arbeitsumfeld gesichert und geräumt wird
welche Maßnahmen zum Schutz von Personen und Anlagen ergriffen werden müssen
fachbezogene Rechtsvorschriften und technische Regelwerke anzuwenden
Darüber hinaus beschäftigen sich die Auszubildenden je nach Schwerpunkt mit folgenden Lernzielen:
Im Schwerpunkt Rohr- und Kanalservice
welche Maßnahmen zur Reinigung der Rohrleitungen, Abwasserbauwerke, Abwasserleitungen und -kanäle ergriffen werden
wie Rohrleitungen, Abwasserbauwerke, Abwasserleitungen und -kanäle unterhalten und gewartet werden
Im Schwerpunkt Industrieservice
welche Reinigungsverfahren für Anlagen und Anlagenteile es gibt und wie sie angewendet werden
wie Anlagen instand gehalten und gewartet werden.
Während der gesamten Ausbildung wird den Auszubildenden vermittelt:
welche gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag entstehen
wie der Ausbildungsbetrieb organisiert ist
wie die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften angewendet werden
wie Umweltschutzmaßnahmen beachtet und angewendet werden
wie man Möglichkeiten der wirtschaftlichen und umweltschonenden Energie- und Materialverwendung nutzt
In der Berufsschule sind folgende Lernfelder Gegenstand des theoretischen Unterrichts
Planen eines Umweltkonzeptes
Umgehen mit Mikroorganismen
Umweltchemikalien einsetzen
Rohrleitungssysteme betreiben
Untersuchen von Wasser- und Abfallinhaltsstoffen
Maschinen und Einrichtungen bedienen und instand halten
in engen Räumen und Behältern arbeiten
mit Reststoffen umgehen
Arbeitsgeräte instand halten
Arbeitsumfeld vorbereiten und sichern
Rohr- und Kanalsysteme warten und unterhalten
technische Industrieanlagen warten und unterhalten
Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten
Der erfolgreiche Einstieg in den Beruf ist erst der Anfang: Eine Voraussetzung für den beruflichen Erfolg ist es, fachlich auf dem Laufenden zu bleiben und das eigene Fachwissen laufend zu ergänzen, zu vertiefen und an neue Entwicklungen anzupassen. Andere Perspektiven im Berufsleben können sein, sich zu spezialisieren, beruflich voranzukommen oder sich selbstständig zu machen.
Wer internationale Erfahrungen sammeln und im Ausland arbeiten möchte, kann seine Fremdsprachenkenntnisse ausbauen und internationale Qualifikationen erwerben.
Qualifizierung und Spezialisierung
Weiterentwicklungen im Bereich umweltschonende Reinigung von Rohr- und Kanalsystemen wie auch industriellen Anlagen sind Herausforderungen, denen sich Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice immer wieder neu stellen müssen.
Das Themenspektrum für eine fachliche Anpassungsweiterbildung ist breit und reicht von Abwasser und Gewässerschutz über Zustandserfassung und Sanierung von Abwasserkanälen bis zur Arbeitssicherheit. Auch wenn sich Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice auf Einsatzgebiete spezialisieren möchten, finden sie in Bereichen wie Kanalreinigung, -inspektion und -sanierung, Kanalbau- und Abwasserrecht, Qualitätssicherung und -kontrolle in der Abwasserbeseitigung oder Arbeitssicherheit entsprechende Angebote.
Aufstieg und Studium
Wer sich das Ziel gesetzt hat, beruflich voranzukommen, kann ebenso aus einer Palette an Angeboten zur Aufstiegsweiterbildung auswählen. Naheliegend ist es, die Prüfung als Meister/-in für Rohr-, Kanal- und Industrieservice oder als Techniker/-in der Fachrichtung Umweltschutztechnik mit dem Schwerpunkt Wasserver- und -entsorgung abzulegen. Auf Leitungs- und Spezialfunktionen, zum Beispiel auf der mittleren Führungsebene, bereiten auch andere Weiterbildungen vor, wie beispielsweise Umweltschutzfachwirt/in.
Teilweise werden Vorbereitungslehrgänge auf Weiterbildungsprüfungen auch in Form von E-Learning/Blended Learning angeboten. Hier lernen die Teilnehmer/-innen jedoch nicht ausschließlich alleine am Computer. Während des Lehrgangs stehen sie in der Regel in Kontakt mit einem Dozenten, der für inhaltliche und technische Fragen zur Verfügung steht.
Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice, die eine schulische Hochschulzugangsberechtigung besitzen, können studieren und beispielsweise einen Bachelorabschluss in den Bereichen Umweltschutz, Umwelttechnik oder Verfahrenstechnik erwerben. Unter bestimmten Voraussetzungen ist übrigens auch ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung ein Studium möglich. Vorausgesetzt werden je nach Bundesland verschiedene berufliche Qualifikationen. In vielen Bundesländern ermöglicht auch eine abgeschlossene Berufsausbildung in Verbindung mit mehrjähriger Berufserfahrung den Zugang zum Studium.