Thema: Familie und Gleichstellung
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Rechtlicher Schutz

Polizeiliche Gefahrenabwehr

Ist jemand gewalttätig gegenüber Mitbewohner*innen oder der Partnerin/dem Partner, so ist die Polizei gemäß dem Saarländischen Polizeigesetz (SPolG) befugt, eine Reihe gefahrenabwehrender Maßnahmen zu ergreifen, um die Opfer vor weiterer Gewalt zu schützen.

Wohnungsverweisung

(§ 12 Abs. 2 SPolG)

So kann sie beispielsweise der gewalttätigen Person die Benutzung der gemeinsamen Wohnung untersagen (Wohnungsverweisung). Ein Antrag des Opfers – oder auch nur sein Einverständnis - ist hierfür nicht erforderlich. Entscheidend ist die Gefährdungseinschätzung der Polizeibeamt_innen. Die Besitzverhältnisse an Haus oder Wohnung sind dabei ohne Bedeutung. Das heißt, die gewalttätige Person kann auch dann der Wohnung verwiesen werden, wenn ihr die Wohnung gehört oder sie den Mietvertrag alleine unterzeichnet hat.

  • sofortige, kurzfristige Wohnungsverweisung
  • Besitzverhältnisse unerheblich

Die Dauer der Wohnungsverweisung beträgt in der Regel 10 Tage und kann um weitere 10 Tage verlängert werden, wenn das Opfer einen gerichtlichen Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz auf Wohnungszuweisung stellt.

Platzverweis

(§ 12 Abs. 1 SPolG)

Zudem ist die Polizei befugt, der gewalttätigen Person zu untersagen, bestimmte Orte aufzusuchen, an denen sich das Gewaltopfer regelmäßig aufhält, beispielsweise den Arbeitsplatz.

Kontaktverbot

(Generalklausel)

Damit das Gewaltopfer nicht nur zu Hause und an wichtigen Aufenthaltsorten geschützt ist, sondern auch auf den Wegen, die es zurückzulegen hat, kann von der Polizei ein Kontaktverbot verhängt werden. Der gewalttätigen Person wird damit untersagt, sich dem Gewaltopfer zu nähern.

Im Einzelfall besteht darüber hinaus die Möglichkeit der Ingewahrsamnahme oder der Anordnung von Untersuchungshaft.

Einleitung Ermittlungsverfahren

Neben der Gefahrenabwehr gehört die Strafverfolgung zu den beiden Aufgabenbereichen der Polizei. Aus diesem Grund ist sie gemäß des sogenannten Legalitätsprinzips gezwungen, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wenn der begründete Verdacht einer Straftat besteht.

Gewaltschutz durch Amtsgerichte (Gewaltschutzgesetz)

Die meisten Opfer lehnen eine Anzeige des gewalttätigen Partners und die strafrechtliche Verfolgung ab. Dennoch wünschen sie ein Ende der Gewalt. Das Gewaltschutzgesetz bietet einen solchen (zivilrechtlichen) Schutz unabhängig von der Strafverfolgung.

Wohnungszuweisung / Näherungs- und Kontaktverbote

Nach dem Gewaltschutzgesetz hat ein Opfer häuslicher Gewalt die Möglichkeit, bei Gericht zu beantragen, dass dem Täter untersagt wird

  • für eine befristete Zeit (in der Regel für einige Monate) in der gemeinsam mit dem Opfer genutzten Wohnung zu leben
  • die Wohnung des Opfers zu betreten
  • sich dem Opfer zu nähern oder
  • auf irgendeine Weise Kontakt zu dem Opfer aufzunehmen

Antragserfordernis unabhängig von Besitzverhältnissen

Das Gericht wird – anders als die Polizei - nach dem Gewaltschutzgesetz nur tätig, wenn das Opfer dies beantragt.

Für die Wohnungszuweisung ist es bedeutungslos, wer Mieter/in oder Eigentümer/in der Wohnung ist (Das wirkt sich allerdings auf die Dauer des Benutzungsverbots aus.) oder ob beide verheiratet sind oder nicht.

In der Regel ist eine für mehrere Monate geltende gerichtliche Zuweisung der Wohnung an das Opfer ausreichend, damit es sich über seinen weiteren Weg klar werden und gegebenenfalls die Trennung, d.h. auch ein Umzug in Ruhe abgewickelt werden kann.

Eine Schutzanordnung kommt auch bei getrennten Paaren in Betracht, wenn einer von beiden die Trennung nicht akzeptiert und mit „Psychoterror“ das Opfer verfolgt oder ihm nachstellt (Stalking).

Verstöße gegen Schutzanordnungen nach § 1 Gewaltschutzgesetz können strafrechtlich verfolgt werden. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht einen Vergleich bestätigt hat.

Verfahrenskostenhilfe "Beratungsschein"

Fehlen einer betroffenen Person die finanziellen Mittel für ein gerichtliches Verfahren, so kann ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt werden. Wird diese bewilligt, so werden die u.U. anfallenden Gerichtskosten und die eigenen Rechtsanwaltskosten gestundet oder – je nach Vermögensverhältnissen – von der Staatskasse vollständig übernommen. Darüber hinaus kann (auch bereits im Vorfeld einer Antragsstellung) bei den Rechtsantragsstellen der Gerichte ein sog. Beratungsschein für die Konsultation eines Rechtsanwaltes oder einer Rechtsanwältin beantragt werden.

 Eine Liste der zuständigen Amts- bzw. Familiengerichte findet sich unter dem Punkt "Polizei und Gerichte".

Strafrechtliche Aspekte

Es bestehen vielfältige Möglichkeiten, gegen eine gewalttätige Person im Wege des Strafrechts vorzugehen. Allerdings bieten diese keinen direkten Schutz vor weiteren Gewalttaten, sondern dienen primär der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs. Jedoch steht bei den Taten, die im Rahmen häuslicher Gewalt begangen werden, unter Umständen die Möglichkeit einer Inhaftierung als Untersuchungshäftling im Raum bzw. droht bei Aburteilung eine Gefängnisstrafe, die den Opfern einen gewissen Schutz bietet.

Zudem bietet die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die Chance, dass der Gewalttäter das Ausmaß und die Konsequenzen seines Tuns erkennt und sein Verhalten künftig ändert.

Die Verurteilung des gewalttätigen Partners kann für die Opfer Genugtuung bedeuten, sozusagen die gesellschaftliche Anerkennung der leidvollen Erfahrungen und des Unrechtsgehalts.

Regelungen zum Schutz von Opfern bzw. Zeug*innen im Strafverfahren und Ansprechpartner*innen finden sich unter dem Punkt "Opferschutz im Strafverfahren".

Kinderschutz bei elterlicher Partnerschaftsgewalt

Auch wenn ihnen selbst kein Haar gekrümmt wird, sind Kinder in der Akutsituation elterlicher Partnerschaftsgewalt massiv belastet. Zudem tragen sie mittel- und langfristig meist erhebliche Schädigungen davon. Eine ausführliche Darstellung der Folgewirkungen für die Kinder findet sich in den Hintergrundinformationen unter dem Punkt "Folgen für die Kinder".

Um Kinder vor den schädlichen Auswirkungen zu bewahren, ist die möglichst frühzeitige Unterbindung der elterlichen Partnerschaftsgewalt erforderlich. Wenn Schutz und Sicherheit gewährleistet sind, können pädagogische oder kinderpsychologische Maßnahmen zur Erholung und Heilung einsetzen.

Ziele

  1. Sicherheit und Schutz
  2. Erholung und Heilung

Verfassungsmäßige Elternrechte und –pflichten

Die deutsche Verfassung schützt die elterlichen Rechte und setzt ihnen zugleich Grenzen. In Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes heißt es: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“

Staatliches Wächteramt

Dieses staatliche Wächteramt wird insbesondere von den Familiengerichten und der öffentlichen Jugendhilfe ausgeübt. Ihre Aufgabe ist es, Eltern, die das Wohl ihrer Kinder nicht angemessen sichern können oder wollen, Unterstützung anzubieten und bei einer weitergehenden Gefährdung des Kindeswohls die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen – gegebenenfalls auch gegen den Willen der Eltern bzw. Sorgeberechtigten.          

Potentielle Kindeswohlgefährdung

Das hohe Schädigungspotential elterlicher Partnerschaftsgewalt entspricht etwa dem Zusammenleben mit einem oder zwei alkoholkranken Elternteilen. Daher sind oftmals Hilfe- und Unterstützungsmaßnahmen der Jugendhilfe angezeigt. In jedem Fall ist eine fachliche Einschätzung vorzunehmen, ob bzw. in welchem Maße und in welcher Weise die kindliche Entwicklung beeinträchtigt ist. Denn elterliche Partnerschaftsgewalt ist ein Indikator einer potenziellen Kindeswohlgefährdung. Im Sinne des staatlichen Wächteramtes erfordert dies von Jugendamt bzw. Familiengericht die Überprüfung, ob tatsächlich eine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt, wenn sie von Partnerschaftsgewalt Kenntnis erlangen. Die Partnerschaftsgewalt ist dann näher zu beleuchten, auch wenn keine Zweifel daran bestehen, dass das Kind selbst keine körperliche Gewalt erfahren hat. Insofern ist die häufig postulierte Trennung von Elternebene und Paarebene in Fällen von elterlicher Partnerschaftsgewalt nicht angezeigt. 

Keine Trennung von Eltern- und Paarebene!

Die Erfahrung zeigt, dass die Beendigung der Gewalt oftmals nur durch Trennung gelingt. Sollte ein gewalterleidendes Elternteil trotz Unterstützungsangeboten der Jugendhilfe auch mittelfristig nicht bereit oder in der Lage sein, sich vom gewalttätigen Partner zu trennen, muss das Familiengericht die Herausnahme des Kindes erwägen. Dagegen ist eine solche Maßnahme des Kinderschutzes bei einer Trennung grundsätzlich nicht erforderlich, wenn das Kind hauptsächlich vom gewalterleidenden Elternteil betreut wird. Denn Studien haben gezeigt, dass die Ausübung von Partnerschaftsgewalt meist mit einer eingeschränkten Erziehungsfähigkeit einhergeht, während die gewalterleidenden Elternteile (in der Regel die Mütter) überwiegend angemessenes Erziehungsverhalten zeigen. Einem Teil der Mütter gelingt es sogar durch besondere Aufmerksamkeit und Fürsorglichkeit die schädigenden Gewaltauswirkungen auszugleichen.

Familiengerichtlicher Kinderschutz

Das Gewaltschutzgesetz (siehe 3.1) greift in der Regel nur bei gewaltbetroffenen Erwachsenen. Zum Schutz von Kindern kann das Familiengericht gemäß der Paragraphen 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dem gewaltausübenden Elternteil beispielsweise die Nutzung der gemeinsamen Wohnung untersagen. Dies gilt auch bei elterlicher Partnerschaftsgewalt, ohne dass das Kind selbst körperliche Gewalt erfährt. Dem Gericht steht darüber hinaus eine Reihe von Schutzmaßnahmen zur Verfügung. Weitere Informationen dazu sowie zum Vorgehen von Jugendämtern finden Sie in der Broschüre „Kinderschutz und Kindeswohl bei elterlicher Partnerschaftsgewalt. Eine Handlungsorientierung für Jugendämter“ am Ende dieser Seite.

Unterstützung der Erziehungsberechtigten

Neben den unmittelbaren Schutzmaßnahmen bietet die Jugendhilfe eine Reihe von pädagogischen oder kinderpsychologischen Maßnahmen zur Erholung und Heilung der Kinder und zur Unterstützung der Eltern an. Diese sind insbesondere in den Paragraphen 28 – 35 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geregelt und umfassen unter anderem

  • Erziehungsberatung
  • Gruppenangebote für Kinder
  • Erziehungsbeistände, Sozialpädagogische Familienhilfe
  • Erziehung in einer Tagesgruppe, Heimerziehung

Trennung bei/nach häuslicher Gewalt

Die Trennung von einem gewalttätigen Partner oder einer gewalttätigen Partnerin erhöht das Risiko weiterer und auch schwerer Gewalt deutlich. Insofern muss die Trennung als Hochgefährdungsphase begriffen werden. Deshalb sollten polizeilicher und/oder gerichtlicher Schutz erwogen werden.

Sind gemeinsame Kinder vorhanden, so ist seitens der Gerichte darauf zu achten, dass etwaige Umgangsrechte des gewaltausübenden Elternteils nicht den Schutz des gewaltbetroffenen Elternteils untergraben.

Trennung als (Hoch-) Risikofaktor

Sorge- und Umgangsregelungen bei elterlicher Partnerschaftsgewalt

Elterliche Sorge - Antrag auf alleinige Sorge

Bei Scheidung oder dauerhaft angelegtem Getrenntleben bleibt das gemeinsame Sorgerecht der Eltern vom Grundsatz her bestehen und wird nicht quasi „automatisch“ einem Elternteil übertragen. Dies geschieht nur auf Antrag eines Elternteils beim Familiengericht. Das Gericht wird dem Antrag stattgeben, wenn dies dem Wohl des Kindes am besten entspricht. (Dem Antrag wäre auch stattzugeben, wenn der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung.) (§ 1671 BGB)

Kooperation als Voraussetzung gemeinsamer Sorge

Bei Kenntnis vorliegender Partnerschaftsgewalt wird das Familiengericht zu beurteilen haben, ob aufgrund der Gewaltvorgeschichte

  • dem gewalterleidenden Elternteil die für die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge erforderliche regelmäßige Kommunikation zuzumuten ist und ob
  • eine gewalt- und bedrohungsfreie Kooperation „auf Augenhöhe“ überhaupt zu erwarten ist.
Gerichtliches Hinwirken auf Kooperation

Familiengerichte sind gesetzlich gehalten, unter anderem bei Verfahren zur Regelungen der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Das Gericht weist auf Möglichkeiten der Beratung insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Eine solche Beratung kann vom Gericht sogar verpflichtend angeordnet werden. (§ 156 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG))

Auch unter diesem verfahrensrechtlichen Aspekt gelten die obigen Ausführungen zu Kooperationsfähigkeit und –zumutbarkeit.

Umgang

Umgangsrechte

„Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.“, so heißt es in § 1684 Absatz 1 BGB.

An Einschränkungen oder Ausschlüsse des Umgangsrechts hat der Gesetzgeber hohe Anforderungen gestellt: kurzfristige Einschränkungen/Ausschlüsse müssen zum Wohl des Kindes erforderlich sein, längerfristige oder dauerhafte Einschränkungen/Ausschlüsse können nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre (§ 1684 Absatz 4 BGB).

Begleiteter Umgang

Das Familiengericht kann auch den sogenannten begleiteten Umgang anordnen, bei dem eine weitere Person anwesend ist. Wird der begleitete Umgang durch Fachkräfte der Jugendhilfe durchgeführt, können Problemstellungen im Umgang eines Elternteils mit den eigenen Kindern durch fachliche Beobachtung geklärt werden.

Kein universeller Nutzen von begleitetem Umgang

Zu berücksichtigen ist, dass der begleitete Umgang nicht in allen Fällen elterlicher Partnerschaftsgewalt das Kindeswohl hinreichend zu schützen vermag.

Während es meist genügt, den Schutz der Kinder vor

  • körperlicher Gewalt, Beleidigungen und Bedrohungen,
  • ungewollter Nähe,
  • Instrumentalisierungsversuchen (Aushorchen der Aktivitäten der Mutter, indirekte Einschüchterung und Bedrohung der Mutter)

zu gewährleisten, ist dies bei einer posttraumatischen Belastungsreaktion der Kinder oftmals nicht ausreichend. Denn selbst der bloße Anblick des Partnerschaftsgewalt ausübenden Elternteils kann zur Retraumatisierung führen und das Kind unter immensen Stress setzen und in die gleichen Gefühlszustände bringen, wie während der miterlebten Gewalthandlungen. Dies gilt unter Umständen sogar für den ausschließlich telefonischen Kontakt, bei dem die Stimme des gewalttätigen Elternteils die retraumatisierende Wirkung entfalten kann.

Vorübergehender Umgangsausschluss

Bei der Regelung des Umgangsrechts in schwereren Fällen häuslicher Gewalt hat das Gericht grundsätzlich eine Abwägung vorzunehmen: Die Gefahr von Leiderfahrungen oder Schädigungen der Kinder aufgrund der Unterbindung oder Einschränkung des Umgangs mit einem Elternteil einerseits und andererseits die Gefahr einer schweren Schädigung durch Retraumatisierung oder mangelnde Zeit und Gelegenheit zur Erholung und Heilung.

Bindungserhalt

Um sich gesund entwickeln zu können, benötigen Kinder zumindest zu einer Bezugsperson eine enge emotionale Bindung. Da elterliche Partnerschaftsgewalt aber die Bindung des Kindes an beide Elternteile oftmals erheblich beeinträchtigt, sind Umgangsregelungen vor besondere Herausforderungen gestellt. Aus entwicklungspsychologischer Sicht sollte eine Ausnahme von dem ansonsten sinnvollen Gebot des Erhalts möglichst aller engen Bindungen des Kindes erwogen werden. Um dem Kind wenigstens eine enge Bindung zu erhalten, ist der vorübergehende Umgangsausschluss zum gewaltausübenden Elternteil ins Auge zu fassen. Nachdem sich die Bindung an das gewalterleidende Elternteil stabilisiert hat, kann der kindliche Umgang mit dem gewalttätigen Elternteil wieder durchgeführt werden. Die Zeit des Umgangsausschlusses bietet zudem die Chance, die Erziehungsfähigkeit, die bei Partnerschaftsgewalt ausübenden Elternteilen in der Regel vermindert ist, zu fördern.

Vertiefende Informationen

Wer sich vertiefend mit der Thematik befassen möchte, findet bei den Informationen für Fachkräfte unter anderem folgendes:

  • ausgewählte Gerichtsbeschlüsse mit Sorge- und insbesondere Umgangsregelungen in Fällen häuslicher Gewalt
  • Anforderungen, die an Umgangsberechtigte zu stellen sind und die beim begleiteten Umgang durch Fachkräfte beobachtet werden können
  • eine Arbeitshilfe für Fachkräfte in familiengerichtlichen Verfahren bei häuslicher Gewalt Weitere Infos
  • die Handlungsorientierung für Jugendämter „Kinderschutz und Kindeswohl bei elterlicher Partnerschaftsgewalt“

Aufenthaltsrechte nach Trennung

Viele von häuslicher Gewalt betroffene Migrant_innen fürchten bei einer Trennung die Ausweisung und zögern deshalb mit einer Anzeigenerstattung oder machen vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Tatsächlich kann die Aufenthaltserlaubnis betroffener ausländischer Ehefrauen/Ehemänner auch im Falle der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft als eigenständiges Aufenthaltsrecht um 1 Jahr verlängert werden, wenn die Ehe seit mindestens drei Jahren im Bundesgebiet bestanden hat (§ 31 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Gemäß § 31 Abs. 2 AufenthG ist von dieser 3-Jahres-Voraussetzung abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer „besonderen Härte“ erforderlich ist. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor,

  • wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist (§ 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG),
  • wenn dem Ehegatten mit der Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht, oder
  • wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist. Dies „ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist“ (§ 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).
  • Zu den schutzwürdigen Belangen, deren Beeinträchtigungen das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar machen, zählt auch das familiäre Zusammenleben mit einem Kind.

Voraussetzung ist eine ausführliche Dokumentation der Misshandlungen, etwa durch ärztliche Berichte und polizeiliche Feststellungen. Ob eine besondere Härte vorliegt, wird im Einzelfall entschieden.

Aufhebung der Wohnsitzbindung in Gewaltschutzfällen

Grundsätzlich: Wohnsitzbindung für Asylberechtigte, Flüchtlinge

Nach § 12a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes sind schutzberechtigte Ausländer (genauer: Asylberechtigte; Flüchtlinge im Sinne von § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes; subsidiär Schutzberechtigte im Sinne von § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes sowie Ausländer, denen nach § 22, § 23 oder § 25 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist) grundsätzlich verpflichtet, für den Zeitraum von drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Anerkennung bzw. der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis den gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) in dem Bundesland zu nehmen, in das sie zur Durchführung des Asylverfahrens oder im Rahmen des Aufnahmeverfahrens zugewiesen worden sind.

Die Bundesländer haben bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zudem das Recht, innerhalb ihres jeweiligen Bundeslandes die Wohnsitznahme in einer bestimmten Kommune anzuordnen (§ 12a Absätze 2 und 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder für eine bestimmte Kommune zu untersagen (§ 12a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes).

Aufhebung der Wohnsitzbindung

Mit gemeinsamem Rundschreiben von Bundesinnenministerium und Bundesfrauenministerium vom 14. Februar 2020 wird erläutert, wie Ausländerbehörden in Fällen häuslicher Gewalt zu verfahren haben.

Danach stellen hinreichend dargelegte und nachgewiesene Gewaltschutzfälle immer einen Härtefall im Sinne des § 12a Abs. 5 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe c) des Aufenthaltsgesetzes dar. In diesen Fällen ist eine bestehende Wohnsitzverpflichtung oder –zuweisung durch die Ausländerbehörde - auf Antrag - aufzuheben.

Zum Nachweis genügt die Glaubhaftmachung in Form einer differenzierten Schilderung der Gewaltvorkommnisse und etwaiger Bedrohungen. Zusätzlich sollte ein geeigneter Nachweis erfolgen, durch

  • ärztliche Atteste/Krankenhausberichte oder
  • eine Aufnahmebestätigung eines Frauenhauses oder
  • qualifizierte Stellungnahmen von anerkannten Opfer- und Frauenberatungsstellen oder
  • die Vorlage einer Strafanzeige.
Vorübergehender Aufenthalt bis zu 6 Wochen

Zudem ist zu beachten, dass ein vorübergehender Aufenthalt an einem anderen Ort keinen Verstoß gegen die Wohnsitzbindung darstellt. Dies ist bei einer Dauer bis zu 6 Wochen der Fall. Von einer nur kurzzeitigen Unterbrechung ist auch dann auszugehen, solange die Ausländerbehörde über einen vollständigen und rechtzeitig gestellten Antrag noch nicht entschieden hat. Die Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsortes hat die Zustimmung zu erteilen, wenn die dargelegten Gründe des § 12a Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Die Zustimmung gilt zudem als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht.

 

Opferschutz im Strafverfahren

In den letzten Jahren wurden eine Reihe von Änderungen im Strafrecht und insbesondere im Strafprozessrecht vorgenommen, um die Rechte von Kriminalitätsopfern und Zeug_innen im Strafverfahren zu verbessern.

Diese betreffen unter anderem Regelungen zu:

  • Auskunft über den Stand des Verfahrens
  • Akteneinsicht
  • Verletztenbeistand
  • Psychosozialer Prozessbegleitung
  • Beistand des nebenklageberechtigten Verletzten
  • Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse im Strafverfahren
  • Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse außerhalb des Strafverfahrens

Eine zusammenfassende Beschreibung bietet das Merkblatt für Opfer einer Straftat des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.

Eine sehr ausführliche Darstellung der Rechte von Opfern und Zeug*innen im Strafverfahren findet sich im Themenportal "Opferschutz". Auch weitere Informationen im Zusammenhang mit Strafverfahren sowie geeignete Unterstützungseinrichtungen finden Sie auf der Plattform www.opferschutz.saarland.

Unterstützung zur Minderung der Belastung

Eine neue Form der Unterstützung im Strafverfahren biete die mit dem 3. Opferrechtsreformgesetz eingeführte Psychosoziale Prozessbegleitung gemäß § 406g StPO.

Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besondere Form der nicht-rechtlichen Begleitung für besonders schutzbedürftige Verletzte in bestimmten Fällen schwerer (sexueller) Gewalt insbesondere gegen Kinder (§ 406g Abs. 3 Strafprozessordnung). Sie umfasst Informationsvermittlung sowie qualifizierte Betreuung und Unterstützung im gesamten Strafverfahren, um die psychische Belastung zu reduzieren. Sie beinhaltet dagegen weder rechtliche Beratung noch Aufklärung des Sachverhalts.

Jede verletzte Person kann sich einer (staatlich anerkannten) Psychosozialen Prozessbegleitung bedienen. Die Kosten sind dabei grundsätzlich selbst zu tragen. Bei Beiordnung eines/einer Psychosozialen Prozessbegleitung trägt die Staatskasse die Kosten.

Die Beiordnung erfolgt auf Antrag der verletzten Person durch ein Gericht. Die Gerichte wählen geeignete Psychosoziale Prozessbegleiter*innen aus einer vom Ministerium der Justiz gepflegten Liste aus, die auch Polizei und Staatsanwaltschaft vorliegt. Sie finden die Liste zum Download am Ende dieser Seite.

WER KANN WIE HELFEN?

Kompetenzzentrum der Justiz für ambulante Resozialisierung und Opferhilfe (KARO)

1.    Info-Telefon für Zeuginnen und Zeugen

Schon im Vorfeld von Gerichtsverhandlungen können Zeuginnen und Zeugen telefonische Informationen erhalten.

Telefon: 0681/501 - 5050

2.    Zeugenbegleitung und -betreuung

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten für Zeuginnen und Zeugen im Strafverfahren vorbereitende Gespräche, Informationen bezüglich des Ablaufs der Gerichtsverhandlung, gemeinsame Besichtigung des Gerichtssaales, Betreuung vor und während der Verhandlung und nach der Verhandlung Besprechung des Urteils.

Die MitarbeiterInnen der Zeugenbegleitung des KARO sind zudem anerkannte Psychosoziale ProzessbegleiterInnen gemäß § 406g Strafprozessordnung.

Begleitung und Betreuung im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren + Psychosoziale Prozessbegleitung

Regionalverband Saarbrücken und Saar-Pfalz-Kreis (ohne Stadt Homburg)
Telefon: 0681/ 501-5007

Landkreise Neunkirchen und St. Wendel
Telefon: 06821/ 909726

Landkreise Merzig/Wadern, Saarlouis und Stadt Homburg
Telefon: 06821/ 909740

Weißer Ring

Ehrenamtliche Hilfe

Der Weiße Ring, dessen ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen jederzeit kurzfristig erreichbar sind, bietet Opfern menschlichen Beistand, Hilfeleistung im Umgang mit Behörden, Begleitung zu Gerichtsterminen, Unterstützung in materiellen Notlagen, die durch eine Straftat entstanden sind, sowie Vermittlung zu Beratung und fachlicher Hilfe.

Der Weiße Ring verfügt über Außenstellen in Merzig-Wadern, Neunkirchen, Saarbrücken, Saarlouis, Homburg, St. Wendel und über ein Landesbüro in Saarbrücken.

Link zur Webseite

Telefonnummern der Außenstellen
Merzig-Wadern
015155164709
Neunkirchen
015155164610
Saarbrücken
015155164744
Saarlouis
015155164788
Saar-Pfalz-Kreis
015155164627
St. Wendel
015155164803

Landesbüro Saarland
0681/ 67319

Polizei und Gerichte

Polizei

Die Polizei hat zwei Aufgaben, nämlich die Strafverfolgung und die Gefahrenabwehr, und besitzt auch in Fällen Häuslicher Gewalt diese Doppelfunktion.

Im Saarland ist grundsätzlich jede Polizeidienststelle dafür zuständig, Strafanzeigen aufzunehmen und erforderliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr wie beispielsweise Wohnungsverweisung zu ergreifen.

Die Straftaten im Bereich der Häuslichen Gewalt werden – in der Regel nach Erstintervention durch den Wach- und Streifendienst – im Rahmen der Schwerpunktsachbearbeitung durch ausgebildete Schwerpunktsachbearbeiter in den neun Kriminaldiensten bearbeitet.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung werden im Landespolizeipräsidium von der Direktion LPP 2, Dezernat LPP 213 (Straftaten gegen das Leben und die sexuelle Selbstbestimmung) bearbeitet und können rund um die Uhr beim Dezernat LPP 211 (Kriminaldauerdienst) angezeigt werden.

Örtlich zuständige Polizeidienststellen
Polizeiinspektion Saarbrücken-Stadt*
0681/93210   
Polizeirevier Saarbrücken-Brebach
0681/98720
Polizeirevier Alt-Saarbrücken
0681/5881640
Polizeiinspektion Saarbrücken-Burbach
0681/97150
Polizeiinspektion Völklingen*
06898/2020
Polizeirevier Köllertal
06806/9100
Polizeiinspektion Sulzbach*
06897/9330
Polizeiinspektion Saarlouis*
06831/9010
Polizeirevier Dillingen
06831/9770
Polizeirevier Bous
06834/9250
Polizeiinspektion Lebach*
06881/5050
Polizeiinspektion Merzig*
06861/7040
Polizeiinspektion Nordsaarland
06871/90010
Polizeiinspektion St. Wendel*
06851/8980
Polizeiinspektion Neunkirchen*
06821/2030
Polizeirevier Illingen
06825/9240
Polizeiinspektion Homburg*
06864/1060
Polizeirevier Blieskastel
06842/9270
Polizeiinspektion St. Ingbert
06894/1090

*Bei diesen Polizeiinspektionen sind Kriminaldienste angesiedelt.

(Polizeireviere sind den Polizeiinspektionen angegliedert.)

In Notfällen 110 

Jede örtlich zuständige Polizeidienststelle im Saarland ist über die Not-Rufnummer der Polizei erreichbar. Die Hilfeersuchen werden von der Führungs-und Lagezentrale (FLZ) entgegen genommen.

Landespolizeipräsidium
0681/962-2133
Direktion LPP 2, Dezernat LPP 211
Kriminaldauerdienst
Graf-Johann-Straße 25 – 29, 66121 Saarbrücken

 

Familiengerichte 

Die im Januar 2018 in Kraft getretene Strukturreform der saarländischen Gerichte hat zu Zusammenlegungen geführt. In Familiensachen, zu denen unter anderem Gewaltschutzsachen gehören,

sind die folgenden Amtsgerichte zuständig:

Das Amtsgericht Homburg für die Amtsgerichtsbezirke Homburg und St. Ingbert
Amtsgericht Homburg
Zweibrücker Straße 24, 66424 Homburg
06841/ 9228-0

Das Amtsgericht Merzig für den gesamten Amtsgerichtsbezirk Merzig einschließlich der Nebenstelle Wadern
Amtsgericht Merzig
Wilhelmstraße 2, 66663 Merzig
06861/703-200

Das Amtsgericht Saarlouis für die Amtsgerichtsbezirke Saarlouis und Lebach
Amtsgericht Saarlouis
Prälat-Subtil-Ring 10, 66740 Saarlouis
06831/445-0

Amtsgericht Neunkirchen
Knappschaftsstraße 16, 66538 Neunkirchen
06821/106-0
Amtsgericht Ottweiler
Reiherswaldweg 2, 66564 Ottweiler
06824/309-0
Amtsgericht Saarbrücken
Franz-Josef-Röder-Straße 13, 66119 Saarbrücke
0681/501-05
Amtsgericht St. Wendel
Schorlemerstraße 33, 66606 St. Wendel
06851/908-0
Amtsgericht Völklingen
Karl-Janssen-Straße 35, 66333 Völklingen
06898/203-02