Thema: Familie und Gleichstellung
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Koordinierte Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention

Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)

Das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – kurz Istanbul-Konvention – ist ein völkerrechtliches Instrument, welches per Gesetz in verbindliches deutsches Recht überführt wurde und am 1. Februar 2018 für Deutschland in Kraft getreten ist. Sie umfasst ein breites Spektrum von Gewaltformen sowie -kontexten und enthält eine Vielzahl von Vorgaben, um Frauen und Mädchen umfassend vor Gewalt zu schützen, ihre psychosoziale und medizinische Versorgung zu gewährleisten, Strafverfolgung konsequent zu betreiben, präventiv Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen und Mädchen als Gewaltursachen anzugehen sowie das Vorgehen im Sinne eines holistischen Ansatzes aufeinander abzustimmen. Zur holistischen Gewaltbekämpfung und -verhütung sieht die Konvention die Einrichtung von Koordinierungsstellen vor, deren Aufgabe gemäß Artikel 10 die „Koordinierung, Umsetzung, Beobachtung und Bewertung der politischen und sonstigen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung aller von diesem Übereinkommen erfassten Formen von Gewalt“ darstellt. Zudem koordinieren diese Stellen die in Artikel 11 der Istanbul-Konvention genannte Datensammlung sowie analysieren und verbreiten ihre Ergebnisse.

Die Istanbul-Konvention ist in 12 Kapitel und insgesamt 81 Artikel aufgeteilt. Das Übereinkommen gliedert sich in folgende Kapitel:
  • Kapitel I: Zweck, Begriffsbestimmungen, Gleichstellung und Nichtdiskriminierung, allgemeine Verpflichtungen
  • Kapitel II: Ineinandergreifende politische Maßnahmen und Datensammlung
  • Kapitel III: Prävention
  • Kapitel IV: Schutz und Unterstützung
  • Kapitel V: Materielles Recht
  • Kapitel VI: Ermittlungen, Strafverfolgung, Verfahrensrecht und Schutzmaßnahmen
  • Kapitel VII: Migration und Asyl
  • Kapitel VIII: Internationale Zusammenarbeit
  • Kapitel IX: Überwachungsmechanismus
  • Kapitel X: Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften
  • Kapitel XI: Änderungen des Übereinkommens
  • Kapitel XII: Schlussbestimmungen

Aufgabe und Zielsetzung der Koordinierungsstelle

Die Aufgabe und Zielsetzung umfassen die ressortübergreifende und landesweite Initiierung, Koordinierung, Umsetzung, Beobachtung und Bewertung der im Sinne der Konvention getroffenen bzw. zu treffenden Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Das bedeutet, den Schutz und die Unterstützung der Betroffenen und ihrer Kinder, die Inverantwortungnahme der Täter und die Prävention systematisch zu verbessern.

Dazu ist es unerlässlich, dass alle mit Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt befassten Institutionen, wie beispielsweise Polizei, Justiz, Gesundheitswesen, Opferunterstützungseinrichtungen und Jugendämter ihr Handeln auch auf dieses Ziel hin ausrichten und miteinander abstimmen. Ein solches integriertes Gesamtkonzept in Form eines Landesaktionsplans (LAP), mit den maßgeblich zuständigen Ressorts zu entwickeln und fortzuschreiben, ist prioritäre Aufgabe der Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention

Landesaktionsplan Istanbul-Konvention

Unter der Federführung der Koordinierungsstelle entwickelt eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) derzeit einen Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Dieser soll dabei im Hinblick auf alle Handlungsfelder und Maßnahmen der Konvention eine Bestandsaufnahme enthalten, etwaige Lücken identifizieren und Bedarfe offenlegen sowie Maßnahmen zur Problemlösung als Gesamtstrategie enthalten. In der IMAG wirken mit die Ressorts Innen, Justiz, Bildung, Frauen und Familie.

Interministerielle Arbeitsgruppe zur Umsetzung Istanbul-Konvention

Die ressortübergreifende Aufgabe der interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) ist die Erstellung eines Landesaktionsplan unter Federführung der Koordinierungsstelle. Ihr gehören an: Innen, Justiz, Bildung, Frauen und Familie.

Runder Tisch zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

Der Runde Tisch zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist aus dem Runden Tisch zur Bekämpfung häuslicher Gewalt hervorgegangen und wurde nun personell und thematisch erweitert.

Seine primäre Aufgabe ist die Beobachtung und Begleitung der gesamten Entwicklung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sowie deren Verhütung und Bekämpfung im Saarland.

Um eine adäquate Einschätzung der Gesamtentwicklung zu gewährleisten, wird in den vierteljährlichen Sitzungen systematischer Informationsaustausch betrieben und den Berichten aus den jeweiligen Arbeitsbereichen entsprechend Platz eingeräumt. Neben direkten Informationen aus den einzelnen Ministerien und Organisationen bildet der Runde Tisch damit für die Koordinierungsstelle eine wichtige Informationsquelle für Prozesse des Monitorings wie auch der Schwachstellenanalyse.

Designierte Mitglieder des Runden Tischs sind:

Ministerium der Justiz, Ministerium für Inneres, Bauen und Sport, Ministerium für Bildung und Kultur, Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit, Richterin am Amtsgericht, Staatsanwaltschaft Saarbrücken, Landespolizeipräsidium, Kinderschutzbeauftragter, Landkreistag, Beauftragter der Ärztekammer und des Gynäkologenverbandes des Saarlandes, Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbeauftragten, Landesjugendhilfeausschuss, Liga der freien Wohlfahrtspflege für die Bereiche Behinderung und Alter/ Pflege, Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt, Beratungsstelle für Migrantinnen ALDONA, Beratung Interkulturell, Elisabeth-Zilken-Haus, Frauenhäuser des Saarlandes, Frauennotruf Saarland, Frauenrat Saarland, Lesben und Schwulenverband Saar, Perspektive - Fachstelle für Täterarbeit bei gewalttätigem Verhalten im häuslichen Bereich, Phoenix – Beratungsstelle gegen sexuelle Ausbeutung von Jungen, SOS-Beratungszentrum Kinderschutz.

Weitere Aufgaben

Folgende interdisziplinäre Arbeitsgruppen und Projekte werden federführend von der Koordinierungsstelle geleitet:

  • Fortführung der Arbeitsgruppe zur Optimierung des Polizeilichen Hochrisikomanagements und der Aktualisierung der „Handlungsrichtlinie für die polizeiliche Arbeit in Fällen Häuslicher Gewalt“
  • Fortführung der Arbeitsgruppe „Fiktive Fallbearbeitung“ zum interdisziplinären Hochrisikomanagement
  • Fortführung der Mitwirkung:
    • in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt“ beim BMFSFJ
    • in der AG „Gewaltschutz“ der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK)
    • Aus- und Fortbildungen (Polizei, Rechtsreferendar:innen, Rechtsantragsstellen, Jugendhilfeeinrichtungen, Gesundheitswesen…)
    • Ausrichtung von Tagungen für Familienrichter:innen an der Deutschen Richterakademie zu „Elterlicher Partnerschaftsgewalt und Kinderschutz“ in Kooperation mit dem Ministerium der Justiz

Entstehungsgeschichte der Koordinierungsstelle

Die Landesregierung richtete im März 2000 ein Expert:innen-Gremium ein, das mit der Prüfung der Sachlage im Bereich häusliche Gewalt sowie der Konzeptionierung einer Koordinierungsstelle betraut wurde. Dieses „Saarländische Bündnis gegen häusliche Gewalt“ unter Federführung des Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales nahm eine Bestandsanalyse vor, entwickelte einen Maßnahmenkatalog und entwarf die Konzeption einer Koordinierungsstelle, die mit der Umsetzung des Maßnahmenkataloges betraut werden sollte. Die Arbeit mündete in dem „Saarländischen Aktionsplan gegen häusliche Gewalt“, den die Frauen-, Innen- und Justizministerinnen gemeinsam der Öffentlichkeit vorstellten. Zugleich kündigten die Ministerinnen die Einrichtung einer von den drei Ministerien getragene und beim Justizministerium angesiedelte „Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt“ an. Am 02.01.2002 nahm die Koordinierungsstelle ihre Arbeit dort auf und wechselte gemäß des Koalitionsvertrages im Jahr 2017 ins Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Im Jahr 2023 wurde aufgrund eines Landtagsbeschlusses die Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt zur Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention ausgebaut und die bisherigen Gremien unter Fortführung der Federführung der Koordinierungsstelle entsprechend erweitert.

Analog zur Erweiterung der Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt zur Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention wurde der bisherige Runde Tisch gegen häusliche Gewalt zum Runden Tisch zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt erweitert.

Kontakt

Marion Ernst

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Weiterführende Links zur Istanbul-Konvention

Istanbul-Konvention in drei Sprachen sowie Denkschrift

Erläuternder Bericht

GREVIO Erster Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland 2020

Alternativbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention des Bündnis Istanbul-Konvention (BIK)

Erster Evaluierungsbericht des Expertenausschusses (GREVIO) zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland

Stellungnahme der Bundesregierung zum ersten Bericht des Expertenausschusses (GREVIO) zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland