Unser gemeinsamer Weg durch die Corona-Krise
Regierungserklärung des Ministerpräsidenten des Saarlandes Tobias Hans am 13.05.2020 zur aktuellen Lage der Corona Pandemie.
Es gilt das gesprochene Wort.
Herr Präsident,
meine Damen und Herren Abgeordneten,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Saarländerinnen und Saarländer, seit mehr als drei Monaten nun wird unser politisches und quasi das gesamte öffentliche Leben in unserem Land von der Corona-Krise beherrscht. Diese Krise überzieht mittlerweile fast den gesamten Erdball.
Ihre globalen wie auch lokalen Folgen sind derzeit kaum absehbar. Klar ist nur: Die Herausforderung, in der wir stehen, ist bislang einzigartig. Nachdem im Saarland Anfang März die erste COVID-19-Infektion im Saarland bekannt wurde und danach die Fallzahlen täglich in die Höhe schnellten, mussten wir das Schlimmste befürchten.
Und das Schlimmste konnten wir andernorts beobachten, vor allem in der italienischen Stadt Bergamo. Wir sahen überlastete Krankenstationen mit Patienten auf den Fluren – Patienten, die nicht mehr behandelt werden konnten. Wir sahen ärztliches Personal, das verzweifelt über Leben und Tod entscheiden musste. Militärfahrzeuge transportierten Särge in die Krematorien benachbarter Regionen, weil auch diese Kapazitäten vor Ort überlastet waren.
Es waren schreckliche Bilder, wie wir sie in unserem hochindustrialisierten und hochzivilisierten Europa niemals für möglich gehalten hätten. Und niemand konnte garantieren, dass diese Bilder nicht auch bei uns schon wenige Wochen später zur Realität werden.
1. Die Entwicklung der Krise im Saarland bis heute:
Unsere Maßnahmen waren hart, aber erfolgreich
In ihrer Regierungserklärung am 11. März 2020 versprach Ministerin Monika Bachmann den Menschen im Saarland, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um die Epidemie einzudämmen und auch die Menschen zeitnah und umfassend über die Entwicklung und unsere Maßnahmen zu unterrichten.
Zwei Monate, nachdem wir offensiv den Kampf gegen die Pandemie aufgenommen haben, können wir sagen: Wir haben jederzeit die Menschen im Saarland über jeden Schritt der Pandemiebekämpfung informiert und all unsere Maßnahmen detailliert begründet. Wir haben eine Hotline und einen News-Room eingerichtet, in denen zum Teil im Drei-Schicht-Betrieb sieben Tage die Woche Fragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet wurden. Und das Wichtigste: Wir haben das Infektionsgeschehen erheblich eingedämmt.
Dieses Infektionsgeschehen vollzog sich im März mit täglichen Steigerungsraten von um die fünfzig Prozent sehr viel dynamischer als im Bundesschnitt. Es drohte uns schon in wenigen Wochen eine Situation ähnlich wie in Bergamo oder im südlichen Elsass – ein zum damaligen Zeitpunkt alles andere als unwahrscheinliches Schreckensszenario.
Aus diesem Grund sahen wir uns verpflichtet, unseren Weg aus der Krise entschlossener und energischer zu beschreiten, als es in anderen Bundesländern der Fall war. Bereits vor dem ersten Corona-Fall hatten wir im Saarland einen Krisenstab und eine Hotline eingerichtet und auf unseren Saarland-Kanälen umfassende Informationen zu Corona zur Verfügung gestellt. Zudem hatten wir die Bevölkerung über infektionsvermeidende Verhaltensweisen aufgeklärt und dazu aufgerufen, diese möglichst zu befolgen.
Am 11. März 2020 – die Zahl der gemeldeten Infizierten war bereits auf 22 angestiegen – erfolgte das Verbot von Großveranstaltungen mit über tausend Besuchern, die Absage von allen Klassenfahrten und die Verschiebung der Vorlesungszeit an Uni und htw um vier Wochen. Auch in den darauffolgenden Tagen sahen wir uns aufgrund weiterhin stark ansteigender Fallzahlen zu zusätzlichen Maßnahmen gezwungen, die schließlich am 20. März 2020 in der Allgemeinverfügung zu den Ausgangsbeschränkungen mündeten.
Mit diesem Schritt sind wir gemeinsam mit den Bayern gegenüber allen anderen Bundesländern weit vorgeprescht. Dies nicht zuletzt deswegen, weil bei uns ebenso wie in Bayern die Zahl der Infizierten sehr viel schneller anwuchs als im Rest des Bundesgebietes.
Hierbei orientierten wir uns nicht nur an einzelnen Faktoren, wie dem R-Faktor oder die Zahl der Neuinfektionen. Wir berücksichtigten darüber hinaus, unter Hinzuziehung von Expertenmeinungen aus der Wissenschaft, mehrere Parameter wie etwa auch die Zahl der aktiven Infektionen, die Intensiv- und die Beatmungsplatzbelegung genauso wie die Infektionszahlen in Einrichtungen.
Heute, meine Damen und Herren, sehen wir: Das befürchtete Schreckensszenario ist ausgeblieben. Unsere Maßnahmen zeigen eine deutliche Wirkung. Das Infektionsgeschehen ist fast zum Erliegen gekommen. Unsere Krankenhäuser haben den Stresstest mit Bravour bestanden. Die Zahl der freien Intensiv- und Beatmungskapazitäten in unseren Krankenhäusern, die wir erheblich ausgebaut haben, beträgt ein Vielfaches der Zahl der Schwererkrankten.
Wir haben die Pandemie in unserem Land in einem Maße unter Kontrolle gebracht, wie wir es vor zwei Monaten kaum zu hoffen wagten. Das ist nicht zuletzt auch das Ergebnis der hervorragenden Arbeit unseres gemeinsamen Krisenstabs aus Innenministerium und Gesundheitsministerium unter der Leitung der Staatssekretäre Stephan Kolling und Christian Seel. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Krisenstab, die teilweise Tag und Nacht arbeiteten, gilt unser herzlicher Dank.
Mein ganz besonderer Dank gilt allerdings den Menschen im Saarland. Sie haben zu einem überwiegenden Teil bereits vor unseren Maßnahmen ihr Alltagsverhalten an die neue Gefahrenlage angepasst. Sie haben dann unsere Verfügungen akzeptiert. Mit Umsicht und Geduld haben sie auf Abstands- und Hygieneregeln geachtet. Auf diese Art trugen sie maßgeblich zur Eindämmung der Pandemie bei. Und all das – und das sage ich entgegen manch anderslautender Stimmen – hat nichts mit einem Hang zum Gehorsam gegenüber dem Staat zu tun. Das hat einzig und allein zu tun mit Vernunft und Verantwortungsbewusstsein, das die Saarländerinnen und Saarländer in diese Situation unter Beweis gestellt haben. Dies, meine Damen und Herren, können wir nicht hoch genug anerkennen.
Dies vor allem auch angesichts der Tatsache, dass nun, in der Phase der umfangreichen Erleichterungen, umso mehr auf die Abstands- und Hygieneregeln geachtet wird. Ich beobachte tagtäglich, wie sehr die Menschen beispielsweise die Maskenpflicht ernst nehmen. Wir haben in einer einzigartigen Aktion insgesamt fünf Millionen Masken im Saarland verteilt. Dass davon nun rege Gebrauch gemacht wird, zeugt ebenfalls von der Vernunft und dem Verantwortungsbewusstsein der Saarländerinnen und Saarländer.
Meine Damen und Herren, in dieser Situation melden sich aber auch zunehmend kritische Stimmen zu Wort, die die Notwendigkeit unserer Maßnahmen bezweifeln. Hier kann ich nur sagen: Solange alles gut geht, werden wir natürlich nie wissen, ob die eine oder andere Maßnahme tatsächlich notwendig war. Mit dieser Ungewissheit müssen wir leben. Mit dieser Ungewissheit können wir aber auch leben. Denn wir haben unser zentrales Ziel in dieser Pandemie erreicht, nämlich die Pandemie einzubremsen und den Erkrankten eine vollumfängliche medizinische Versorgung zu gewährleisten.
Dabei war uns immer schmerzlich bewusst, welch gravierende Grundrechteeinschränkung unsere Maßnahmen bedeuten. Aus diesem Grund haben wir, als sich das Infektionsgeschehen deutlich abgemildert hatte, erste Erleichterungen vorgenommen. Zunächst betraf das den Einzelhandel. Als nächster Schritt folgte wenige Tage später die Lockerung des Versammlungs- und Demonstrationsverbotes. Ich merke hier an: Wir waren das erste Bundesland, das aus Respekt vor den Grundrechten dieses Königsrecht der Demokratie wieder in Kraft gesetzt hat. Am 28. April haben wir dann einen Paradigmenwechsel in der Landesregierung beschlossen, als die allgemeine Ausgangsbeschränkung mit erlaubten Ausnahmen ersetzt wurde durch eine grundsätzliche Ausgangserlaubnis mit einschränkenden Ausnahmen.
Meine Damen und Herren, für uns war immer klar: Wir greifen nur solange und soweit in die Grundrechte ein, wie es absolut notwendig ist; und Erleichterungen von unseren Maßnahmen müssen erfolgen, sobald die Infektionslage dies zulässt.
Als dann am gleichen Tag der saarländische Verfassungsgerichtshof sein Urteil fällte, war das größtenteils eine Bestätigung unseres Vorgehens, auch wenn er in einzelnen Punkten weiterging, als wir es für diesen Zeitpunkt vorgesehen hatten. Für uns war das ein Beleg für die Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaates. Zu dessen Wesenskern gehört es nämlich, dass die Rechtsprechung das Regierungshandeln bisweilen korrigiert.
Dies umso mehr in einer Ausnahmesituation wie dieser, wo die Abwägung zwischen untereinander konkurrierenden Grundrechten einer permanenten Gratwanderung gleichkommt.
Diese Gratwanderung werden wir noch eine geraume Zeit auf uns nehmen müssen. Dabei geht es darum, dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit während einer Pandemie den Vorrang gegenüber anderen Grundrechten einzuräumen. Dass dies eine gewisse Zeit verfassungsrechtlich geboten ist, darüber herrscht unter Verfassungsrechtlern weitgehend Einigkeit. Allerdings darf der Zustand der Grundrechteeinschränkung nur so lange währen, wie es als absolut notwendig erscheint. Insofern sind die nun vorgenommenen Erleichterungen bei dem derzeitig geringen Infektionsgeschehen verfassungsrechtlich geboten. Sie sind auch keine Belohnung für eine willfährige Bevölkerung. Grundrechte werden vom Staat nicht huldvoll gewährt. Grundrechte sind unauflöslich mit dem Menschsein verbunden. Ihnen muss stets höchstmögliche Geltung zukommen.
Denjenigen hingegen, denen die Erleichterungen nicht schnell genug gehen, sage ich gleichzeitig: Wir haben die Pandemie längst noch nicht besiegt. Zu schnelle, unbedachte Öffnungen gefährden das bisher Erreichte. Aus diesem Grund bleibt uns nichts Anderes, als weiterhin behutsam und in aller Vorsicht unseren Weg in eine neue Normalität zu beschreiten.
Wobei ich auch hier klarstelle: Damit ist nicht gemeint, dass die Einschränkung von Grundrechten als Normalität begriffen werden soll. Dies kann und darf selbstverständlich immer nur als Ausnahmezustand verstanden werden. Als Normalität gelten hier vielmehr all die Vorsichtsmaßnahmen, die noch eine ganze Zeitlang unser Alltagsverhalten begleiten werden.
2. Europa und Großregion
Meine Damen und Herren, ganz ohne Zweifel wird das Europa der offenen Grenzen im Zuge der Corona-Pandemie auf eine harte Probe gestellt. Dennoch waren Maßnahmen wie die seit dem 16. März 2020 vom Bundesinnenministerium angeordneten Grenzkontrollen für die Unterbrechung von Infektionsketten in der Not dienlich. Dies umso mehr, als die Region Grand Est am 11. März 2020 vom Robert Koch Institut als Risikogebiet ausgewiesen wurde und dort aufgrund der stark angestiegenen Infektionen quasi über Nacht drastische Lockdowns eingeführt wurden und damit eine andere Strategie in der Bekämpfung des Virus als bei uns eingeleitet wurde.
Diese Krise hat uns daher bestätigt, wie wichtig die Zusammenarbeit in Europa ist. Ich habe von Anfang an mehrfach mit der politischen Führung in Grand Est und in Luxemburg die Lage beraten. In der Großregion haben wir eine „Task Force Corona“ eingerichtet, in der sich die Partner in einer wöchentlichen Videokonferenz austauschen. Durch diese regelmäßigen Konsultationen konnten zahlreiche Probleme gelöst werden.
Vor allem konnten wir in saarländischen Krankenhäusern viele Schwersterkrankte aus Grand Est intensivmedizinisch behandeln. Staatspräsident Emmanuel Macron hat sich bei mir in einem persönlichen Schreiben auch für diese Hilfsaktion bedankt. Ich möchte an dieser Stelle meinen Dank und meinen Respekt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kliniken in Homburg, Saarbrücken und Völklingen weitergeben. Sie haben Menschenleben gerettet und damit einen großartigen Beitrag für die deutsch-französische Freundschaft geleistet.
Meine Damen und Herren, wir sind uns in der Großregion einig: Wir werden diese Kooperation nach der Corona-Krise weiter vertiefen. Das ist jedenfalls das einmütige Signal unserer Videokonferenz mit den Exekutiven der Großregion, die ich am 28. April 2020 als Gipfelpräsident geleitet habe. Und von diesem Weg werden wir uns durch nichts und niemand abbringen lassen.
Aus diesem Grund habe ich auch immer darauf gedrungen, die Einschränkungen an der Grenze auf ein absolutes Mindestmaß zu reduzieren. So haben wir zum frühestmöglichen Zeitpunkt – bereits am 16. April 2020 – die Quarantäne-Verordnung abgeändert. Dies dahingehend, dass zahlreiche Ausnahmen festgelegt wurden, für die die Quarantäne-Vorschrift aufgehoben ist. Auch habe ich mich frühzeitig bei der Bundeskanzlerin und dem Bundesminister Seehofer dafür eingesetzt, dass möglichst viele Grenzübergänge für den Pendler- und Warenverkehr offen gehalten wurden.
Seit Montag gibt es in Frankreich ein vergleichbares Regelungssystem wie in Deutschland. Daher habe ich schon am Freitag in einem Brief an Bundesminister Seehofer und an den französischen Innenminister Castaner darauf gedrungen, neben der Öffnung der derzeit noch gesperrten Grenzübergänge, die permanenten Grenzkontrollen auszusetzen.
Für mich ist klar: Wir müssen nun schnellstmöglich wieder zur Schengen-Normalität der offenen Binnengrenzen zurückkehren. Dies bedeutet nicht nur die Wiederherstellung der Reisefreiheit ohne Quarantänisierungen für Bürgerinnen und Bürger im Schengen-Raum. Dies bedeutet auch ein besser abgestimmtes Vorgehen in der Nachverfolgung von Infektionsketten für künftige Wellen der Pandemie. Ich bin sicher, dass es uns so gelingen wird, künftig dauerhafte Grenzkontrollen zu vermeiden. Grenzschließungen sind immer ein notgedrungener Akt, nie ein Zeichen von Stärke. Stärke dagegen entsteht durch abgestimmtes Handeln.
3. Unser Weg aus der Krise
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir haben jetzt die erste Phase der Epidemie hinter uns. Die konsequente Fokussierung auf die epidemischen Entwicklungen durch die Landesregierung war zu Beginn der Corona-Pandemie richtig und unausweichlich. Wie alle Regierungen in den Ländern und im Bund mussten wir zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit unserer Bürgerinnen und Bürger schnell und entschieden handeln.
Die Fraktionen im Landtag haben dies mitgetragen. Sie haben die Maßnahmen, die die Landesregierung schnell treffen musste, im sogenannten Corona-Ausschuss stets positiv begleitet und unterstützt. Dafür möchte ich allen Mitgliedern des Hohen Hauses herzlich danken. Mein Dank schließt dabei die Opposition ausdrücklich ein. Mit dem Oppositionsführer und ehemaligen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine habe ich mich mehrmals über die Entwicklungen ausgetauscht. Für diese Gelegenheit bin ich dankbar.
Nach der Phase der unmittelbaren Krisenbewältigung ist in unserer parlamentarischen Demokratie jetzt eines besonders wichtig. Das ist, dass bei den kommenden Maßnahmen zur Bewältigung der Krise und zum Wiederaufbau von Wirtschaft und Gesellschaft das Parlament seine üblich besondere Rolle einnimmt. Auch dies ist eine Aufgabe, für die es kein Drehbuch gibt.
In dieser schwierigen Situation brauchen wir jetzt mehr denn je den Blick aufs Ganze, der auch die mittel- bis langfristigen Folgen der Krise nicht außer Acht lässt. Dies schließt die auch gewaltigen Belastungen mit ein, die uns und kommenden Generationen durch die Rettungsprogramme aufgebürdet werden.
Der Landtag des Saarlandes muss sich ebenso wie die Landesregierung dieser Verantwortung zur umfassenden Abwägung stellen. Wir müssen unsere Entscheidungen in einer so komplexen Lage gut begründen und nachvollziehbar für die Menschen im Saarland darstellen. Nur so können wir einer Polarisierung innerhalb der Bevölkerung, die wir jetzt schon beobachten, und einem Glaubwürdigkeitsverlust der Politik entgegenwirken.
Dem, was auf die Wirtschaft, die Kommunen und die Gesellschaft im Saarland jetzt zukommt, müssen sich alle Saarländerinnen und Saarländer gemeinsam stellen. Wir wollen und müssen den erprobten Weg gehen, den wir als den „Saarländischen Weg“ kennen: In der Krise stehen wir zusammen. Alle wichtigen Interessengruppen üben den Schulterschluss – von den Wirtschafts- und Arbeitnehmervertretern über die Sozialverbände, die Kirchen, die Jugendorganisationen bis hin zur Öffentlichen Hand und der Politik.
Ich appelliere deshalb an alle, die im Saarland Verantwortung tragen: Helfen Sie mit, damit wir gut aus dieser Krise kommen! Leisten auch Sie Ihren Beitrag, damit wir auch die Chancen dieser Krise nutzen können!
Für die vor uns liegende Zeit, für die zweite Phase der Pandemie, verfolgt die Landesregierung im Kern folgende Strategien:
(1.) Wir werden weiterhin Vorsorge betreiben für den Fall, dass sich die Infiziertenzahlen wieder erhöhen sollten.
So müssen bis auf weiteres beispielsweise 35 Prozent der Intensivbeatmungsbetten für COVID-19 Patienten freigehalten werden. Die Krankenhäuser müssen bei ihrer Belegungs- und Leistungsplanung gewährleisten, dass sie innerhalb von 48 Stunden wieder im Krisenmodus COVID-19 arbeiten können.
(2.) Wir müssen die Infektionsketten aufklären und so viel wie möglich testen.
Nur so können wir eine Ausbreitung des Virus verhindern. Dazu müssen wir unsere Gesundheitsämter weiter stärken und unsere Testkapazitäten weiter erhöhen. Unser Gesundheitsministerium wird zudem gemeinsam mit der Virologie des Universitätsklinikums in Homburg in den nächsten Wochen das Blut von rund 2.300 Saarländerinnen und Saarländern auf Antikörper testen. Das Saarland ist damit das erste Bundesland, das repräsentativ für das gesamte Land eine entsprechende Studie auf den Weg bringt. Dadurch halten wir das Ausbruchsgeschehen stets im Blick.
(3.) Wir werden die Kontaktbeschränkungen grundsätzlich weiter aufrecht halten müssen.
Solange es keine Medizin und keine Impfung gegen das Coronavirus gibt, ist dies unsere einzige Möglichkeit, die Pandemie einzudämmen. Ganz entscheidend ist es deshalb, dass alle Saarländerinnen und Saarländer diszipliniert bleiben.
(4.) Wir werden die Kontaktbeschränkungen stufenweise lockern, wo immer das möglich ist.
Besonders freue ich mich darüber, dass die Infektionszahlen es jetzt zulassen, das Gastgewerbe im Saarland schrittweise wieder zu öffnen. Sowohl für die Gastronomie als auch für das Beherbergungsgewerbe wird eine gleichzeitige Öffnung ab dem 18. Mai 2020 unter Auflagen ermöglicht. Damit erhalten die Betriebe eine Perspektive, um aus der schwierigen unverschuldeten Krise herauszukommen, ohne die gesundheitlichen Aspekte zu vernachlässigen.
(5.) Wir brauchen klar definierte Werte, ab wann welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, wenn das Infektionsgeschehen wieder ansteigen sollte.
Ein einzelnes Ereignis, ein regional ansteigendes Infektionsgeschehen, darf künftig nicht mehr dazu führen, dass das ganze Land lahmgelegt wird. Wenn irgendwo etwas passiert, wenn die Zahlen wieder über ein beherrschbares Maß steigen, dann brauchen wir einen regionalen Notfallmechanismus. Deshalb haben wir uns mit Bund und Ländern auf den Wert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern innerhalb einer Woche in einem Kreis verständigt. Ich füge hier an, dass wir auch bei einer niedrigeren Zahl einzelfallbezogen reagieren werden, wenn es sich beispielsweise um ein Infektionsgeschehen in besonders gefährdeten Einrichtungen, etwa in der Pflege- und Altenhilfe, handelt.
4. Die Saarwirtschaft aus der Krise führen
Die Frage, wie gut wir durch die Corona-Krise kommen, steht und fällt mit den Fragen, wie resilient unsere Wirtschaft in diesen schwierigen Zeiten ist und ob es uns gelingt, sie wieder zeitnah zu reaktivieren.
Daran hängen Arbeitsplätze, daran hängt Wertschöpfung, daran hängen Steuereinnahmen und daran entscheiden sich die Zukunftsaussichten für unser Saarland und seine Menschen. Wir können heute nicht sicher sein, dass der Neustart zum Selbstläufer wird, und wir müssen befürchten, dass die Zeit nicht alle ökonomischen Wunden heilt.
In der ersten Phase der Pandemie, die jetzt hinter uns liegt, ging es der Landesregierung mit Blick auf Wirtschaft und Arbeitsplätze darum, sofort zu helfen. Schon zwei Wochen nach Auftreten des ersten Pandemiefalls im Saarland und nur einen Tag nach Inkrafttreten der Allgemeinverfügung stellten die Wirtschaftsministerin und der Finanzminister bereits ein erstes kurzfristiges und wirksames Hilfspaket der Landesregierung vor. Damit haben wir für viele Selbständige, kleine und mittelständische Betriebe und auch größere Unternehmen aus vielen verschiedenen Branchen Brücken gebaut – Brücken über die erste Zeit der coronabedingten Einschränkungen. Und wir haben Perspektiven eröffnet auf dem Weg bis zur Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit.
Dieses kraftvolle Maßnahmenpaket hat Unternehmer und Arbeitnehmer, das Handwerk, die Industrie und den Handel aber auch Freiberufler und Kreativschaffende gleichermaßen in den Blick genommen. Dazu gehören Bundeshilfen etwa für den Schutzschild für Selbstständige, Freiberufler und kleine Betriebe mit einem Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro, ein Wirtschaftsstabilisierungsfonds in Höhe von 600 Milliarden Euro und die Anhebung des Garantierahmens für KfW-Kredite in einem Umfang von 822 Milliarden Euro. Diese Werkzeuge haben wir mit landeseigenen Mitteln geschärft und die Vergabe beschleunigt, indem wir eine Kleinunternehmer-Soforthilfe mit 30 Millionen Euro angesetzt haben, die mit über 58 Millionen Euro Antragsvolumen angefragt wurde. Dieses saarländische Soforthilfeprogramm wurde zwischenzeitlich über 13.900 Mal beantragt, wobei über 12.600 Mal positiv beschieden wurde.
Mit einem Mittelstands-Hilfsprogramm haben wir ein ähnliches Sofortprogramm über 82 Millionen Euro aufgelegt. Ergänzend dazu wirken unsere Liquiditätsprogramme, die Erleichterungen im Bereich der Steuervorauszahlungen, der Umgang mit Verlusten, die Anpassungen beim Arbeitslosengeld oder die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie.
All das, meine Damen und Herren, wurde in den letzten Wochen unter Hochdruck und mit unglaublichem Einsatz von unserer Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger und ihrem Haus geleistet. Dafür wie auch für die ansonsten überaus gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb unserer Koalition möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
Meine Damen und Herren, die staatliche Absicherung von Risiken, wie wir sie geschaffen haben, ist oberstes Gebot in einer Wirtschaftskrise. Aber sie allein wird nicht reichen. Sie allein wird nicht alle Probleme lösen. Wir alle wissen: Vor uns liegt eine schwere Zeit. Die neuesten Prognosen zu Entwicklung der Wirtschaftszahlen zeichnen ein dramatisches Bild. Es droht ein spürbarer Verlust an Wertschöpfung und Arbeitsplätzen. Es wird daher eine Herkulesarbeit werden, Insolvenzen wo immer möglich zu vermeiden und das Wegbrechen von Arbeitsplätzen zu verhindern.
Dabei trifft die Krise das Saarland zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Unser Land ist mitten in einem epochalen Strukturwandel. Alte Industrien sind noch nicht weit genug modernisiert und damit gefährdet. Neue Branchen und Wirtschaftszweige sind noch nicht weit genug entwickelt, um die zu erwartenden Verluste in den traditionellen Wirtschaftsbereichen zu kompensieren.
Uns allen muss klar sein: Die Corona-Krise wird wie alle Krisen Entwicklungen beschleunigen, positive wie negative. Branchen und Unternehmen, die vor der Corona-Krise schon gewackelt haben, sind jetzt vom Einsturz bedroht. Es gehört zur politischen Redlichkeit, klar auszusprechen: Wir werden nicht in der Lage sein, alle negativen Entwicklungen auszugleichen und für alle Ausfälle und Einbußen aufzukommen. Wir werden aus der Krise nicht so herauskommen, wie wir in sie hineingegangen sind. Und egal wie gut wir die Dinge auch selbst regeln: Es werden gerade auch für exportabhängige Regionen wie das Saarland zusätzliche Herausforderungen und Unwägbarkeiten aus den internationalen Verflechtungen erwachsen.
Diesen Veränderungen müssen wir uns alle stellen, die Betriebe wie die Politik. Und dabei nicht von unserem Weg des konsequenten Strukturwandels abrücken. Und Chancen finden und nutzen. Warum sollte unser schönes Bundesland nicht einen großen Anteil am möglicherweise ansteigenden inländischen Tourismus haben? Und warum nehmen wir nicht den neuen Schwung auf, den beispielsweise die Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft in den letzten Wochen erfahren hat? Warum überführen wir ihn nicht verbunden mit neuen Geschäftsmodellen, Wertschöpfungsketten und Beschäftigungschancen in zukunftsfähige Wachstumsstrukturen? Ich denke: Genau dies sollten wir als zentrale Aufgabe für die kommenden Wochen und Monate begreifen.
Hinzu kommt: Unser „Jahrzehnt der Investitionen“ – der Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildung und in Wissenschaft und Forschung – muss auch und gerade unter den Corona-Bedingungen unbedingt Realität werden. Wir setzen dabei darauf, mit Innovationen aus der Krise zu kommen, mit Digitalisierung und Zukunftstechnologien. Mit der beschleunigten Modernisierung auch unserer Traditionsindustrien.
Jetzt erst Recht gilt das Bekenntnis zu unseren Zukunftsschwerpunkten, zu „KI first und Cybersecurity first“, mit dem wir das Saarland zur Herzkammer für KI und Cybersicherheit in Europa machen wollen; das Bekenntnis zu unseren Exzellenzclustern Life Sciences, Material Sciences aber auch Smart Factory und Smart Home.
Insbesondere ist es aber wichtig, Modernisierung und Zukunftsinvestitionen auch in der Wirtschaft nicht nur weiter voranzutreiben, sondern zu beschleunigen, insbesondere die Digitalisierungsprojekte auf dem Weg zur Wirtschaft 4.0 weiter zu verfolgen. Den Unternehmergeist und vorhandenen Gestaltungswillen im Saarland wird die Landesregierung unterstützen und fördern. Die im angelsächsischen Raum bekannte Mentalität des Wiederaufstehens und der zweiten Chance sollten wir hierbei spiegeln!
Ein Schutzschirm für die Wirtschaft ist der erste Schritt in einer umfassenden wirtschaftspolitischen Antwort auf die Corona-Krise. Doch weitere Schritte werden notwendig sein, damit Wirtschaft und Gesellschaft den Weg aus der Krise heraus auf einen sozial ausgewogenen, nachhaltigen Wachstumspfad finden können.
Die Landesregierung wird deshalb ihre Strukturwandelinitiative dazu nutzen, in den nächsten Wochen die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die saarländische Wirtschaft fortwährend zu analysieren. Sie soll bereits eruierte Handlungsbedarfe anpassen, innovative Ansätze fortentwickeln und auf dieser Basis Vorschläge erarbeiten, wie intelligente private und öffentliche Maßnahmen und Investitionen mobilisiert werden können, um die Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Über die Ergebnisse der Strukturwandelinitiative wird die Landesregierung dem Parlament berichten.
Der erfolgreiche und zukunftsfeste Neustart unserer Wirtschaft ist eine gigantische Herausforderung. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir sie bewältigen können. Was wir dafür brauchen ist ein langer Atem, die Fähigkeit, schwierige Situationen und Unsicherheiten auszuhalten, den unternehmerischen Mut neue Wege zu gehen, sich auf die disruptiven Entwicklungen einzustellen und die Werkzeuge und Fähigkeiten im Krisenmanagement zu verbessern. Wir brauchen das Engagement und die Leidenschaft unserer kleinen und großen Betriebe im Saarland, um mit harter Arbeit und auch Glück letztendlich gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Und wir brauchen Tatkraft und Zuversicht, um für dieses Land und die Saarwirtschaft die Dinge zum Guten zu wenden. Hierzu bin ich bereit. Diesem Ziel werden ich und die Landesregierung unsere ganze Kraft widmen.
5. Betreuung und Bildung in der Krise sichern und weiter verbessern
Herr Präsident, meine Damen und Herren, was vielen Erwachsenen gar nicht so bewusst ist: Am meisten gelitten unter den Einschränkungen der letzten Monate haben die Familien. Die Schließung der Kitas war mit erheblichen Folgen für unser gesamtes soziales Zusammenleben verbunden. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass sie mit der Vereinbarkeit zwischen Kinderbetreuung und Beruf nicht allein gelassen werden.
Am 16. März 2020 brachten wir die vorübergehende Aussetzung des Präsenzunterrichts und der Betreuung auf den Weg. Wir wussten, dass dies ein massiver Eingriff in den Alltag der Kinder und Eltern war. Deshalb hat die Landesregierung unmittelbar zeitgleich eine Notbetreuung unter strengen Vorgaben organisiert, um die Gesundheit unserer Kinder und des Betreuungs- und Schulpersonals zu gewährleisten.
Mit der verstärkten Wiederaufnahme des Arbeits- und Wirtschaftslebens steigt nun auch der Betreuungsbedarf. Uns hat dabei auch der Gedanke geleitet, dass die Kindertagesbetreuung die erste institutionelle Bildungseinrichtung in der Bildungsbiographie der Kinder ist, die erheblich zur Bildungsgerechtigkeit in Deutschland beiträgt. Unter Wahrung der Anforderungen des Gesundheitsschutzes ist uns die Ausweitung der Notbetreuung bis hin zur Öffnung deshalb für die Kinder ein wichtiges bildungspolitisches Anliegen. Deshalb hat auch die weitere Öffnung der Kindertageseinrichtungen unter Beachtung der Schutzvoraussetzungen für uns eine hohe Priorität. Wir orientieren uns dabei an einem 4-Stufen-Plan, den die Fachminister von Bund und Ländern gemeinsam verabschiedet haben und der immer wieder neu überprüft wird.
Die vier Phasen sind:
(1) Notbetreuung
(2) Ausweitung der Notbetreuung
(3) Eingeschränkte Rückkehr zum regulären Betrieb
(4) Rückkehr zum regulären Betrieb
Aktuell befinden wir uns in der Phase der ausgeweiteten Notbetreuung. Schon in dieser Woche werden auf Antrag und unter der Beachtung der Hygienevorschriften Gruppen mit bis zu zehn Kindern möglich sein. Zudem erarbeiten das Gesundheitsministerium und das Bildungsministerium gemeinsam mit den Trägern ein Konzept, wie und wann wir in die nächste Stufe des eingeschränkten Regelbetriebs eintreten können. Unser Ziel ist, dies möglichst schnell umzusetzen.
Auch bei den schrittweisen Schulöffnungen gehen wir verantwortungsvoll, behutsam und immer mit dem Blick auf das Infektionsgeschehen vor. Unter diesen Voraussetzungen konnten am 4. Mai 2020 die ersten Klassen, die Abschlussjahrgänge (insbesondere Klassenstufe 9 und 10 an Gemeinschaftsschulen, angehende Abiturientinnen und Abiturienten an den Gymnasien und Gemeinschaftsschulen, Klassenstufe 4 an Grundschulen) wieder in den Schulen unterrichten werden. Nach den ersten Tagen kann man feststellen, dass dies sehr gut funktioniert. Unser Ziel ist: Bis zu den Sommerferien sollen alle Schülerinnen und Schüler in geeigneter Form wieder in die Schulen zurückkehren können.
Wir haben in den vergangenen Wochen aber auch festgestellt, dass wir echtes digitales Lernen als weiteren Baustein massiv vorantreiben und intelligent mit Präsenzunterricht verschränken müssen. Es wurden von Lehrerinnen und Lehrern so wie Schulleiterinnen und Schuleitern in kurzer Zeit zahlreiche pragmatische Ansätze entwickelt, die Kinder auch online zu unterrichten. Hierfür bedanken wir uns bei allen Beteiligten. Gleichzeitig wurden aber auch die Lücken in unserem digitalen Bildungsangebot sichtbar.
Wir brauchen in Deutschland Angebote für die digitale Bildung, bei denen die inhaltlichen und pädagogischen Möglichkeiten der Digitalisierung ausgeschöpft werden. Zudem müssen wir die Herausforderung annehmen, für Schüler und Lehrer angemessene Ausstattungen zu gewährleisten. Die Verfügbarkeit privater Endgeräte darf nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium sein, wenn wir die Kinder auf das digitale 21. Jahrhundert vorbereiten wollen.
6. Unsere Forschung zur Bekämpfung der Pandemie nutzen
Meine Damen und Herren, überall in der Welt setzt man auf Wissenschaft und Forschung, um diese Pandemie letztendlich zu besiegen. Von daher sind auch unsere Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen derzeit in besonderer Weise gefordert. Sie setzen Forschungsimpulse und leisten rasch und kompetent einen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie.
Gleichzeitig sollen sie dazu beitragen, Wirtschaft und Gesellschaft mit innovativem Schwung und neuen Technologien aus der Krise zu begleiten. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie werden sie allerdings auch selbst vor große Herausforderungen gestellt. So werden zum Beispiel FuE-Aufträge aus der Wirtschaft in diesen Tagen nicht wie geplant durchgeführt, so dass wichtige Drittmittelerträge ausbleiben. Aus diesem Grund konzipieren die EU, der Bund und das Saarland derzeit bereits Instrumente und Programme, um einen nachhaltigen Kapazitäts- und Kompetenzverlust im Bereich der öffentlichen Forschung zu verhindern.
Die Staatskanzlei unterstützt aktuell mit Fördermitteln mehrere Projekte in der Virologie des Universitätsklinikums des Saarlandes. Wissenschaftler forschen dort unter anderem an Testsystemen mit dem Ziel, herauszufinden, inwieweit SARS-CoV-2-Antikörpertests eine „falsch-positive“ SARS-CoV-2-Immunantwort anzeigen könnten und sorgen damit für valide Testergebnisse.
Eine weitere von uns geförderte Studie erforscht Marker, welche die Diagnose und Prognose der Lungenerkrankung durch COVID-19 erleichtern. Die saarländische Forschungsexzellenz mehrerer Einrichtungen hat sich hierfür zusammengeschlossen: Die Projektleitung wird aus Professoren verschiedener Bereiche der UKS, des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und des DFKI gebildet.
Auch das Projekt SaarCoScreen hat bundesweite Beachtung gefunden. In dieser Studie werden alle Pflege- und Senioreneinrichtungen untersucht. Infektionseinträge in solchen Einrichtungen sollen damit frühzeitig erkannt und eine Ausbreitung der Infektion gerade bei den vulnerablen Personengruppen unterbunden werden. Auch bei diesem Projekt steht die saarländische Forschungsgemeinschaft zusammen. Dass die UdS, das UKS, das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) und das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung gemeinsam daran mitwirken, zeigt ein weiteres Mal die gute Vernetzung unserer Wissenschaft.
Schließlich – auch das belegt die Spitzenposition unserer saarländischen Forschungslandschaft – erwähne ich die Beteiligung des CISPA Helmholtz Zentrums an der Entwicklung einer Corona-Warn-App. Dass das CISPA von Anfang an auf einen dezentralen Ansatz gesetzt und geholfen hat, diesen auch durchzusetzen – ich meine: Damit hat es einen maßgeblichen Beitrag zur Datensicherheit und damit auch zur Akzeptanz dieser App in der Bevölkerung geleistet.
An dieser Stelle möchte ich mich daher nochmals bei allen an den Forschungsvorhaben beteiligten Professorinnen und Professoren sowie den dort eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr Engagement bedanken.
7. Soziale Härten in der Krise vermeiden
Zur DNA des Saarlandes gehört: Keiner fällt bei uns durchs Netz. Für viele Saarländerinnen und Saarländer, denen es schon ohne eine Krise am Nötigsten fehlt, war und ist die Covid-19-Pandemie vor allem eine soziale Herausforderung. Denn diese Krise trifft die sozial Schwachen härter als diejenigen, die finanziell abgesichert sind. Auch hier müssen wir dafür sorgen, dass wir die Menschen bei der Bewältigung dieser Probleme nicht alleine lassen.
So hat die Landesregierung bereits in den letzten Wochen eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um Familien in unverschuldeten Notsituationen zu helfen. Ich nenne hier beispielhaft die Erstattungen von Stornokosten wegen abgesagter Schulfahrten, die Erstattung der Elternbeiträge für die Freiwillige Ganztagsschule und die Kindertagesstätten im April 2020 in Höhe von rund 11 Millionen Euro durch das Kultusministerium, die Aufhebung von Stromsperren bei einkommensschwachen Haushalten durch den Einsatz des Verbraucherschutzministeriums und die Versorgung bedürftiger Familien mit Obst und Gemüse aus dem EU-Schulprogramm, das über Tafeln und tafelähnliche Einrichtungen abgegeben wird.
Besonders betroffen von der Krise sind Studentinnen und Studenten. Manche Studierende finanzieren ihren Lebensunterhalt bisher ganz oder teilweise über eine Nebentätigkeit. Viele dieser typischen Jobs für Studierende, wie etwa das Kellnern, fallen in der aktuellen Krise weg. Auch hier haben wir gemeinsam mit dem Bund schnelle und großzügige Regelungen gefunden. So wird etwa das Sommersemester 2020 keine negativen Auswirkungen auf die BAföG-Förderhöchstdauer haben.
Für Studierende, die pandemiebedingt in eine finanzielle Notlage geraten sind, hat die Landesregierung die Hilfe um zusätzliche 120.000 Euro aufgestockt. Damit können Zuschüsse in Höhe von 300 Euro für akute Notlagen vergeben werden.
Meine Damen und Herren, wir tun unser Möglichstes, um während dieser Krise niemanden mit seiner Not alleine zu lassen. Ich denke, das ist beste saarländische Tradition. Das, meine Damen und Herren, sollten wir niemals vergessen!
8. Den sozialen Zusammenhalt stärken
Diese tiefgreifende Krise hat uns nochmals in besonderer Weise gezeigt, wie sehr das Saarland in solchen existenziell bedrohlichen Situationen zusammenhält. Das Saarland hat sich insbesondere solidarisch gezeigt mit den Schwächeren, mit denen, die Hilfe brauchen und die diese Krise vor schier unlösbare Probleme gestellt hat. Wir haben gesehen, wie sich Menschen generationenübergreifend in der Nachbarschaftshilfe engagiert haben. Wie sich Menschen um die Versorgung älterer Menschen gekümmert haben. Wir haben gesehen, wie sie sich um Bedürftige gekümmert haben, um die Menschen, die auf die Hilfe der Tafeln angewiesen sind, oder um Menschen, die obdachlos sind. Junge Menschen kaufen für Nachbarn ein, die sie vorher nicht einmal gekannt haben. Mit Gutscheinsystemen und Spenden werden Stammkneipen, Restaurants, Musikerinnen und Musiker und Theaterleute unterstützt. Saarländerinnen und Saarländer nähten sogar Behelfsmasken für Krankenhäuser im Saarland.
Wir haben gesehen, wie sich Menschen in Netzwerken verbunden haben, um anderen zu helfen. Viele Organisationen von der Politik über die sozialen Dienste, von den Hilfsorganisationen bis hin zu sozialen und kirchlichen Trägern, von kulturellen Institutionen über Bildungseinrichtungen bis hin zu privaten Zusammenschlüssen und zu Verbünden von Wirtschaftsunternehmen waren und sind zur Stelle, um andere mit ihrer Hilfe sicher durch die Gefahren und Risiken der Pandemie zu begleiten.
Wir haben das unglaubliche Engagement aller Frauen und Männer gesehen, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. An vorderster Stelle das Pflegepersonal in unseren Kliniken und Betreuungseinrichtungen, unsere Mediziner, unserer Polizistinnen und Polizisten, die Männer und Frauen an unserer Corona-Hotline, die Kassiererinnen und die Mitarbeiter im Einzelhandel, die Beschäftigten im Entsorgungsbereich, die Techniker und Ingenieure, die für die Sicherheit von kritischer Infrastruktur verantwortlich sind, für Strom, Wasser und die Kommunikationsnetze, ohne die eine moderne Gesellschaft nicht funktionieren würde.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsämter, der Behinderteneinrichtungen, der Notbetreuungen, die Ehrenamtlichen der Rettungsdienste und des THW, sie alle haben sich über das normale Maß hinaus engagiert und sich gesundheitlichen Risiken ausgesetzt, um für andere, um für uns alle da zu sein.
Wir haben erlebt, dass Christen, Muslime und Juden auf jahrhundertealte Traditionen wie Gottesdienste und religiöse Rituale verzichtet haben, auf Pessach, Ostern und den Ramadan. Für viele Wochen gab es keine gemeinsamen Gebete mehr in Kirchen, Moscheen und Synagogen. Trotzdem oder gerade deshalb haben wir am Abend das Glockengeläut gehört als Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts und als Einladung zum Gebet. Ich bin auch tief beeindruckt, wie sehr sich das Miteinander aller Gläubigen, gleich welcher Religion, gerade in dieser Situation im Saarland bewährt hat. Das ist ein gutes Zeichen – auch für die Zeit nach Corona.
Zusammenzuhalten in Zeiten der Not ist eine der Grundtugenden der Menschen in unserem Land. Wir wissen das, weil wir die hohe Zahl der Ehrenamtlichen in unserem Land kennen. Wir wissen das aus der saarländischen Geschichte, aus den vielen Situationen, in denen Saarländerinnen und Saarländer diesen Zusammenhalt bewiesen haben.
Gerade in der Zeit der einschneidenden Beschränkungen haben viele Saarländerinnen und Saarländer Solidarität und Hilfsbereitschaft gezeigt. Und das war und ist bei allen Schwierigkeiten, Sorgen und Problemen der Krise etwas Großartiges. Das verdient unser aller Anerkennung.
9. Die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes und seiner Kommunen erhalten
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Bewältigung dieser Krise, sie wird unserem Land erhebliche finanzielle Anstrengungen abverlangen. Die Grundlage für die heutige Handlungsfähigkeit in der Corona-Krise haben wir in den letzten Jahren gelegt: mit der Schuldenbremse, einer grundsoliden Haushaltsführung, der Rückführung der Verschuldung und der Schaffung von finanziellen Polstern und Spielräumen. Unsere langjährige, klare Linie bei den Finanzen wurde damit mehr als bestätigt. Damit verfügen wir nun über den notwendigen Spielraum für Zukunftsinvestitionen, für das Jahrzehnt der Investitionen. Daran, meine Damen und Herren, werden wir auf jeden Fall festhalten.
Massiv betroffen von den Verlusten und Einschränkungen der Krise sind aber auch unsere Kommunen im Saarland. Sie haben erhebliche Einnahmeverluste hinzunehmen, sei es durch das Wegbrechen von Steuereinnahmen, den Ausfall von Einnahmen durch das Stunden von Gebühren, Mieten und Pachten, oder durch ihre in Not geratenen kommunalen Wirtschaftsbetriebe, die ihre Gewinne nicht mehr wie bisher in die kommunalen Haushalte fließen lassen können.
Gleichzeitig belastet die Corona-Krise die kommunalen Haushalte zusätzlich durch zu erwartende Mehrkosten im sozialen Bereich. Dabei hatten viele Kommunen im Saarland-Pakt gerade ein wenig Licht am Ende des Tunnels gesehen. Ich betone aber klar und deutlich: Die Ziele, die wir uns mit diesem Programm gesetzt haben, werden wir auch jetzt in der Corona-Krise nicht aufgeben.
Zusammen mit unserem Finanzminister Peter Strobel und auch in engem Austausch mit dem Bund werde ich darauf hinarbeiten, dass den Kommunen in dieser unverschuldeten Notsituation Hilfe zu Teil wird. Leistungsfähige, handlungsfähige Kommunen sind der Schlüssel zu gleichwertigen Lebensverhältnissen überall in unserem Land.
10. Aus der Krise lernen heißt: Unser Land widerstandsfähiger machen
Die Corona-Krise geht in ihren Auswirkungen über vieles hinaus, was die Menschen in unserem Land bisher erlebt haben. Sie hat Situationen geschaffen, die unser Gesundheitssystem, unsere Wirtschaft, unser Bildungssystem, unsere freiheitliche Art zu leben auf eine harte Probe gestellt haben und noch weiter stellen werden.
Parallel zur Bewältigung der Krise müssen wir jetzt schon Konsequenzen aus dem ziehen, was wir aus der Krise gelernt haben. Wir haben erlebt, wie zerbrechlich unsere Zivilisation ist, wie verletzbar unsere Wirtschaft und wie fragil unser Lebensstandard ist. Unser Land wird nach Corona ein anderes sein.
Jetzt geht es nicht darum, in den früheren Zustand zurückzukehren. Was wir brauchen, ist vielmehr eine innovative Zukunftsperspektive. Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unser Land zukünftig bei solchen Krisen robuster und resilienter ist. Wir dürfen dabei nicht nur mögliche Pandemien in den Blick nehmen, sondern auch den Klimawandel und den Verlust an Artenvielfalt, die Gefährdungen im Cyberbereich und die Anfälligkeit unserer Infrastruktur. Wir haben gelernt: Wir müssen nicht nur unser Wirtschaftssystem robuster machen. Das gleiche gilt vielmehr auch für unsere sozialen Sicherungssysteme, unser Bildungssystem, unser Gesundheitssystem und auch für unsere Digitalkompetenz. An all dem müssen wir arbeiten, in all diesen Bereichen müssen wir sehr viel krisen- und zukunftssicherer werden. Dazu gehört auch, dass lebenswichtige Produkte nicht nur, aber auch in Europa hergestellt werden.
Meine Damen und Herren, Krisen, das wissen wir im Saarland aus eigenen Erfahrungen, sind auch Wendepunkte. Es sind Zeiten, in und aus denen Neues entstehen kann. Die Krise, in der wir gerade stehen, ist epochal. Deshalb müssen auch unsere Anstrengungen zur Überwindung der Krise epochal sein. Schaffen werden wir das nur, wenn wir kraftvoll und mutig die Herausforderungen annehmen.
Wir werden unser Land nur dann aus der Krise führen, wenn wir gemeinsam handeln und solidarisch zusammenstehen. Und wir werden nur dann Erfolg haben, wenn wir nicht verzagen und geduldig Schritt für Schritt den Weg in eine neue Normalität gehen. Das alles sind Eigenschaften, die uns Saarländerinnen und Saarländer auszeichnen und die wir jetzt mehr denn je brauchen.
Wir können die Krise überwinden, wir können gestärkt aus der Krise hervorgehen. Aber das erfordert eine große Kraftanstrengung – von uns allen. Diese Kraftanstrengung wird in den kommenden Monaten unser permanenter Begleiter sein. So sehr Forschungseinrichtungen weltweit an einem Wirkstoff und einem Impfstoff arbeiten, so wenig wissen wir derzeit, ab wann uns von dieser Seite her eine Befreiung aus der Pandemie gelingt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Lage ist und bleibt unverändert ernst – ungeachtet aller bisherigen Erfolge. Von daher sollten wir uns noch auf einen langen Weg einstellen, der von uns Geduld, Disziplin und äußerste Vorsicht abfordert. Wir brauchen weiterhin einen langen Atem. Aber ich bin mir sicher: Gemeinsam werden wir auch diese Herausforderung meistern. Wir Saarländerinnen und Saarländer können Krise. Wir können Gemeinsamkeit. Darauf setzen wir in dieser ganz gewiss nicht leichten Situation.